Noch immer keine Entscheidung über Spitzenjobs. | Ein Fixstern, viele Unbekannte. | Wien. Es sind bekanntlich Provisorien, die am längsten halten. An diese oftmalige Praxis der österreichischen Politik fühlen sich Kritiker des Verteidigungsministeriums im Zusammenhang mit der Neubesetzung der 21 Spitzenposten erinnert.
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Die sechs Top-Jobs, Generalstabschef, sein Stellvertreter und die vier Sektionschefs, wurden Anfang November ausgeschrieben, die Verträge der Amtsinhaber endeten Ende November - allein die Entscheidung über die Nachfolger lässt weiter auf sich warten. Derzeit sind die bisherigen Amtsträger mit der Weiterführung betraut. Die personelle Ungewissheit ist naturgemäß der Umsetzung der Bundesheerreform nicht förderlich.
Aus dem Büro von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) will man von Verzögerungen nichts wissen. Wer das Rennen um die Top-Jobs mache, werde im Laufe des Jänners entschieden, erklärt Darabos-Sprecher Answer Lang.
Miliz-Vertretern geht es trotzdem zu langsam. Falle nicht demnächst eine Entscheidung, werde die Arbeit zum Erliegen kommen. Vor allem für den Neuaufbau der Miliz, die vier Jahre ohne Übungen verbrachte, sei eine weitere Verzögerung fatal. In den oberen Rängen des Heeres hält man sich mit Kritik dagegen zurück: Keiner wolle seine Chancen im sich heftig drehenden Personenkarussell gefährden, heißt es zur Erklärung.
Tatsächlich steht Darabos vor der Herausforderung, ein wohl austariertes Personalpaket zu präsentieren. Er muss dabei nicht nur Einvernehmen mit dem Koalitionspartner ÖVP erzielen, sondern auch die mächtige Personalvertretung im Haus berücksichtigen.
Als ausgemacht gilt, dass Generalleutnant Edmund Entacher als Generalstabschef der künftige starke Mann sein wird. Der SPÖ-nahe Offizier übt diese Funktion nach dem plötzlichen Rücktritt von Roland Ertl bereits interimistisch aus. Für den Schritt Ertls (62) werden pensionsrechtliche Gründe vermutet.
Um den Fixstern Entacher kreisen einige unsichere Trabanten. Am meisten Kopfzerbrechen bereitet dabei Generalleutnant Othmar Commenda. Dieser ist mit der Umsetzung der Bundesheerreform beauftragt, galt lange Zeit - unter Minister Scheibner (FPÖ/BZÖ) - als freiheitlich, verstand sich aber auch mit dessen Nachfolger Platter (ÖVP) ganz ausgezeichnet. Dass die ÖVP Commenda aber als Stellvertreter Entachers unterstützt, gilt alles andere als ausgemacht. Dem Vernehmen nach schlägt das schwarze Herz für den Leiter des Führungsstabes, Generalmajor Christian Segur-Cabanac, und - etwas weniger heftig - für Niederösterreichs Militärkommandanten Generalmajor Johann Culik. Sollte Segur-Cabanac als Entacher-Vize das Rennen machen, gilt Commenda als Favorit für die Planungssektion, sollte auch daraus nichts werden, wird ein Abgang in die Privatwirtschaft nicht ausgeschlossen.
Es ist also vor allem eine Frage der politischen Feinmechanik, die die Entscheidung verzögert. Die von Darabos engagierte Personalberatungsagentur dürfte hier nur begrenzt helfen. Mehr mitzureden hat sie wohl bei jenen zehn weiteren Führungspositionen, die heute im Amtsblatt ausgeschrieben sind. Zeitstress gibt es auch hier nicht. Darabos-Sprecher Lang: "Bis Ende Juni soll die neue Zentralstelle stehen, das ist die einzige Deadline und bis dahin erfolgt die Besetzung."
Kritik an Machtfülle des Generalstabschefs
Unabhängig von dieser Debatte gibt es Kritik an der künftigen Struktur, konkret an der Machtfülle des Generalstabschefs. "Dieser wird der eigentliche Minister sein, der Minister selbst wird auf die Funktion einen Staatssekretärs reduziert", moniert ein früherer hochrangiger ziviler Beamter. Tatsächlich laufen beim Generalstabschef künftig alle Fäden zusammen. Dass eine solche - rechtsstaatlich bedenkliche - Militarisierung eines zivilen Ministeriums unter einem SPÖ-Minister erfolge, sei bedenklich. Amtsblatt S. 28