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"Fünf Jahre Hausverstand!", freute sich da eine Meldung am Dienstag. Fünf Jahre erst? Dabei hat man gedacht, dass schon Aristoteles den koine aisthesis kannte. Aber gemach. Die Rede war nicht vom philosophischen Topos, sondern von einem Werbetypos: dem Hausverstand, mit dem eine große Supermarktkette ihre satten Rabatte anpreist.
Ehre, wem Ehre gebührt. Nicht jedem ist so eine lange Karriere gegönnt. Das ist sogar recht schwer, wenn man nicht gerade ein putziges rosa Schweinderl ist oder ein hyperaktives rosa Häschen. Zu Beginn seiner Laufbahn konnte auch keiner damit rechnen, dass dieser "Hausverstand" sich länger als eine Saison halten würde: Zu verstörend waren die Spots, in der ein Mann mit irrem Blick im Rollkragen über neblige Felder lief und dessen grobe Handschuhe zu sagen schienen: "Hasch mich, ich bin der Hausverstand".
In dem Zusammenhang wird man schmerzlich an den Verlust einer großen Persönlichkeit der österreichischen Reklamegeschichte erinnert: Die kleine Plaudertasche ist nun auch schon seit vier Jahren nicht mehr unter uns. Als unbedarfte Schummelgrammatik aus dem Polypenrachen zur Kunstform erhoben wurde und ein Werbespot zum bizarren minimalistischen Kurzfilm wurde. Der im unerreichten Monolog zum Geschenksackerl, das dem eloquenten Papiersackerl nicht gewachsen war, gipfelte: "Na was sagst? Du sagst nix. Du redst nix. Bist eifersüchtig, oda?" Der aristotelische koine aisthesis steht übrigens nicht nur für gesunden Menschenverstand, sondern auch für das Gemeinwohl. Kann man auch so erreichen, irgendwie.