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Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue und Betrug. | Zivilrechtliche Konsequenzen sind nicht auszuschließen. | Wien. Als Folge der Refco-Affäre und der dubiosen Karibik-Geschäfte hat am Montag die Staatsanwaltschaft Wien gegen die beiden ehemaligen Bawag-Vorstände Johann Zwettler und Helmut Elsner Vorerhebungen wegen Untreue eingeleitet. Die Höchststrafe liegt bei 10 Jahren Haft.
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Untersuchungen gegen Flöttl jun. und Bennett
Weiters wurden Voruntersuchungen gegen Ex-Refco-Chef Philip Bennett und den in den USA residierenden Sohn von Ex-Bawag-General Walter Flöttl, Wolfgang, wegen Betrugs beantragt. Dabei muss nun geklärt werden, ob die Bawag betrogen wurde oder gar an den Machenschaften beteiligt war. Die Ermittlungen gegen Bennett und Wolfgang Flöttl werden vom Untersuchungsrichter geleitet. Zuerst muss sich Bennett am 12. Oktober vor einem New Yorker Gericht wegen des Verdachts auf Wertpapierbetrug einem Prozess stellen. Über die Affäre Refco war die Bawag PSK im vergangenen Oktober gestolpert. Sie hatte nur wenige Stunden vor der Refco-Pleite Kredite über 425 Mio. Euro an Bennett gegeben. Durch die Ermittlungen der US-Behörden waren die frühere Bawag-Verluste aus Karibik-Geschäften in Höhe von knapp 1 Mrd. Euro bekannt geworden. Auch die Ermittler hegen mittlerweile den Verdacht, dass es zwischen dem Refco-Kredit und den Karibik-Firmen einen Zusammenhang gibt, dieser muss allerdings erst bewiesen werden. In die Ära Elsner, die von 1995 bis 2003 dauerte, fallen die riskanten Spekulationsgeschäfte der Anguilla-Fonds, bei denen Flöttl junior enorme Verluste erlitten hat.
In die Amtszeit Zwettlers, sie begann 2003 und wurde im Vorjahr durch die Refco-Affäre abrupt beendet, fällt der Blitzkredit an Bennett. Bei den Ermittlungen stützt sich die Staatsanwaltschaft auch auf die Untersuchungen der Finanzmarktaufsicht.
Doch die Bawag-Affäre ist nicht nur für die Strafrichter interessant. Auch auf der zivilrechtlichen Ebene könnte es Bewegung geben: "Immer, wenn es einen wichtigen Grund gibt, zum Beispiel ungeplante Verluste hat der Vorstand den Aufsichtsratvorsitzenden zu informieren", weiß Susanne Kalss, Expertin für Aktienrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien. "Damit es aber nicht getan: Wenn es sich aber um gravierende Gründe handelt, und dazu zählen jedenfalls Umstände über die Liquidität, hat der Vorstand eine unverzügliche Berichtspflicht gegenüber dem gesamten Aufsichtsrat, nicht bloß gegenüber dem einzelnen Aufsichtsratsvorsitzenden. Der damals amtierende Vorstand hat klar die konkrete Pflicht verletzt." Die erzielten Verluste seien in den Bilanzen als "Beteiligungsgeschäft, nicht als Verlustgeschäft" dargestellt worden, der Aufsichtsrat habe da nicht näher nachgeforscht: Das sei normal, so Kalss, "der Aufsichtsrat ist nicht die Revisionspolizei."
Sanktionen sind etwa die vorzeitige Abberufung und die Haftung, wenn der Gesellschaft einen Schaden erlitten hat. "Den Schaden hatten wir bei der Bawag auf jeden Fall", so Kalss, "zwar ist die Gesellschaft nicht in Konkurs gegangen, aber bitte, es sind Millionen verschwunden."
Haftungsklage wäre "gebotene Maßnahme"
Der Aufsichtsrat könne nun mit Ermächtigung der Hauptversammlung den Vorstand aufgrund seiner Meldepflichtverletzungen klagen; gegen den Willen des 100 prozentigen Eigentümers zu agieren, wäre "wohl nicht sinnvoll". Ob der ÖGB eine Klage erheben wird? "Das halte ich für absolut nicht ausgeschlossen, sondern sicher hier die gebotene Maßnahme", meint Kalss. "Das müsste der ÖGB schon aus seinem Standing heraus und für die Öffentlichkeit tun."