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Haudegen wird Zepter nicht alleine schwingen

Von Piotr Dobrowolski

Politik

Nach den Wahlen in Slowenien liegt jetzt nach Auszählung aller Stimmen das amtliche Endergebnis vor. Es dürfte Wahlsieger Janez Jansa in eine für ihn ungewohnte Rolle drängen.


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Als zukünftiger slowenischer Ministerpräsident wird Janez Jansa eine Fertigkeit brauchen, mit der er bislang nicht unbedingt geglänzt hat: die Fähigkeit zum Kompromiss. Denn nach der Auszählung der Auslandsstimmen fehlt Jansas Wunschkoalition aus Demokraten, Volkspartei und der Partei "Neues Slowenien" ein Mandat auf die absolute Mehrheit. Um seine Macht im Parlament abzusichern, muss Jansa daher entweder mit den ebenso schwierigen wie kompromittierten Nationalisten des Politrabauken Zmago Jelincic handelseins werden oder aber auf Partnersuche links der Mitte gehen. Egal wofür er sich letztlich entscheidet: Um seine Koalitionäre bei der Stange zu halten, wird Jansa so oder so auf Konfliktvermeidung angewiesen sein.

Es wird ihm nicht leicht fallen. Denn egal welche politischen Positionen der heute 46-jährige gerade vertrat - und er wechselte sie oft - seine aktuelle Überzeugung wollte er bisher immer hundertprozentig haben. Lieber glorreich untergehen als einen Schritt nachgeben war seine unausgesprochene Devise.

Revoluzzer-Vergangenheit

Mag sein, dass dieser Wesenszug des zukünftigen slowenischen Premiers noch aus der Zeit der antikommunistischen Opposition stammt. Damals in den achtziger Jahren war es für den jungen Politikwissenschafter Jansa wohl eine moralische Überlebensfrage: entweder weiter in den Strukturen des kommunistischen Jugendverbandes zu bleiben und Karriere zu machen oder offen auszusprechen, was ihm - und manchen anderen - dämmerte: Dass die Doktrin der Jugoslawischen Volksarmee veraltet und Jugoslawien in seiner jetzigen Form zum Tode verdammt ist. Jansa entschließt sich für die Revolte, verliert seinen Job und wird schließlich 1988 wegen angeblichen Verrats von Militärgeheimnissen verhaftet. Zu dem Zeitpunkt ist der Verteidigungsexperte bereits glühender Anhänger der slowenischen Eigenstaatlichkeit.

Fast grotesk mutet es an, dass derselbe Jansa sechs Jahre später, er ist inzwischen Verteidigungsminister des freien Slowenien, einen Mann zusammenschlagen lässt, dem er einen seltsam bekannten Vorwurf macht: Verrat von Militärgeheimnissen. Wohlgemerkt nicht an fremde Geheimdienste, sondern an den amtierenden Staatspräsidenten und Jansa-Rivalen Milan Kucan. Als die Causa publik wird, muss Jansa zurücktreten. Dass er daraufhin dennoch nicht für immer in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwindet, verdankt er dem Nimbus des slowenischen Freiheitskämpfers, den er sich trotz aller verbalen Entgleisungen und rachsüchtigen Tiraden über die Jahre zu erhalten wusste. Für viele Slowenen ist Jansa immer noch der Held des kurzen slowenischen Unabhängigkeitskriegs im Sommer 1991. Damals stellte sich Verteidigungsminister Jansa im Tarnanzug persönlich an die Spitze der slowenischen Miliztruppen, die gegen die Jugoslawische Volksarmee kämpften.

Intellektuelle Ambitionen

In Jansa nur den charismatischen Haudegen zu sehen, der sich vom Linksradikalen zum gar nicht so gemäßigten Nationalisten entwickelte, wäre allerdings zu einfach. Denn trotz seines bisweilen populistischen Auftretens ist Jansa durchaus auch ein intellektueller Kopf. Neben zahlreichen Aufsätzen hat er im freien Slowenien auch drei Bücher veröffentlicht, die sich mit dem slowenischen Unabhängigkeitskampf und der Systemtransformation beschäftigen. "Premiki" (Übergänge), das erste davon, wurde mit einer für Slowenien unglaublichen Auflage von 55.000 (bei rund zwei Millionen Einwohner) zu einem Bestseller und ist unter dem Titel "Die Entstehung des slowenischen Staates" auch auf deutsch erschienen.

Finster, entschlossen, machiavellistisch - so zeichnen Janez Jansa nicht nur seine Feinde, sondern auch viele seiner Freunde. Die ergänzen allerdings, dass Jansa dennoch ein selbstkritischer Geist sei und daher der Versuchung widerstehen werde, erneut das Hundertprozentige zu wollen. Vielleicht haben sie Recht. Im Wahlkampf drohte Jansa noch: "Nach meinem Sieg wird nichts in Slowenien sein wie es war." Als sein Erfolg feststand ließ der zukünftige Premier immerhin wissen, dass er keineswegs eine Revolution vorhabe und "das Gute behalten" werde, das sein Vorgänger Anton Rop geschaffen hat.