Finanzkrise fördert Stress, das größte Herzinfarkt-Risiko. | Frauen rauchen vermehrt: Heute genauso wie Männer von Infarkt betroffen. | Wien. Heftige, stechende Schmerzen in der Brust, Atemnot, Herzrasen: Ein Infarkt kündigt sich an, und die Rettung sollte schleunigst verständigt werden - sind doch Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache in Österreich. Konkret waren laut Statistik Austria 32.294 der insgesamt 75.083 Sterbefälle des Vorjahres - also 43 Prozent - auf einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zurückzuführen. "Die Zahl hat stark zugenommen", erklärt Thomas Sturmberger, Kardiologe am Krankenhaus der Elisabethinen in Linz, "außerdem sind immer mehr Frauen betroffen, und die Patienten werden zunehmend jünger."
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Thomas Stompe von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien führt diese Entwicklung auf die derzeitige, wirtschaftliche Situation zurück. "Aufgrund der Finanzkrise haben mehr Menschen Angst um ihren Arbeitsplatz", sagt der Fachmann, "weshalb sie sich selbst enorm viel abverlangen und dabei ihre eigenen Grenzen überschreiten." Davon seien vorwiegend jüngere Generationen ab 40 betroffen, denn ältere könnten etwa in die Frühpension ausweichen. Speziell Frauen seien aufgrund der Krise einer Mehrfachbelastung ausgesetzt, um den gestiegenen Anforderungen in der Arbeit sowie der Familie gerecht zu werden. Stress sei generell der häufigste Auslöser für einen Herzinfarkt - gefolgt vom Nikotinkonsum, dem Risikofaktor Nummer zwei.
Risiko Antibabypille
"Das ist der Punkt, warum mehr Frauen an einem Herzinfarkt als an Brustkrebs sterben", erklärt Sturmberger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Auf Krebs ist ein Viertel aller Todesfälle zurückzuführen. Im Gegensatz zu früher, als Rauchen unter Frauen verpönt war, seien diese gesellschaftlichen Schranken gefallen - weshalb das weibliche Geschlecht nun hemmungsloser zur Zigarette greife.
"Mit einer gewissen Zeitverzögerung treten jetzt die Folgeerscheinungen in Kraft", präzisiert der Kardiologe: Der Schutz, den jüngere Frauen durch einen höheren Östrogen-Spiegel genießen, fällt ab 40 Jahren, spätestens aber mit der Menopause ab. "Haben diese ihr Leben lang geraucht und womöglich zusätzlich die Antibabypille genommen, rächt sich das", weiß Sturmberger, "denn wenn der Blutgefäßeschutz durch die Hormone entfällt, schreitet die Gefäßverkalkung blitzartig voran."
Mit ein Grund, weshalb nun Männer wie Frauen gleichermaßen von Herzinfarkten betroffen sind. "Vor einigen Jahren waren es noch hauptsächlich 60- bis 70-jährige Männer", berichtet Sturmberger.
Hand in Hand mit Stress und Belastung geht laut Stompe die Schnelligkeit der heutigen Zeit einher - und mit ihr falsche Ernährungsgewohnheiten, die Betroffene häufig in Fast-Food-Lokale führen. "Das schnelle In-sich-Hineinfressen fettreicher Nahrung führt zu einem erhöhten Cholesterinspiegel", sagt Stompe, "der neben Fettleibigkeit, Diabetes und genetischer Veranlagung das Herzinfarkt-Risiko erhöht."
Auch all jene, die schon einen Herzinfarkt erlitten haben, zählen laut Sturmberger zu den Hochrisikopatienten. "Denn nur 30 Prozent sterben vor Ort", erklärt der Kardiologe, "alle anderen haben die Chance, ihre Risikofaktoren in den Griff zu bekommen."