Wien dürfte bis 2025 nur 12 AHS umwidmen - doch die Modellregionen könnten im Nationalrat noch ausgeweitet werden.
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Wien. Im rot-grünen Koalitionsabkommen für Wien findet sich der Plan, die Hauptstadt zu einer Modellregion für die Gesamtschule zu machen. Und zwar innerhalb der nächsten zehn Jahre. Im Beschluss zur Bildungsreform ist aber festgeschrieben, dass nur maximal 15 Prozent aller Standorte zu einer Gesamtschule werden dürfen, und das macht es de facto unmöglich, diese Schulform flächendeckend umzusetzen.
Wiens Bürgermeister Michael Häupl verhandelte dabei sowohl das Koalitionsabkommen mit den Grünen als auch die Bildungsreform, auf die sich Länder- und Regierungsvertreter in den frühen Morgenstunden am Dienstag verständigt haben. Dort jedoch war der Widerstand des ÖAAB (und offenbar auch des ÖVP-Parlamentsklubs) so groß, dass nur eine Minivariante herausschaute.
Häupl sieht dennoch viel erreicht, wie er auf Ö1 sagte: "Jetzt haben wir den Fuß in der Tür. Dass es von den Konservativen kein grundsätzliches Nein mehr zur gemeinsamen Schule gibt, ist eine Menge wert", sagte der Bürgermeister im "Mittagsjournal".
Direktorin sieht positive Effekte
Im Rahmen von Schulversuchen gibt es bereits acht AHS-Standorte in Wien, in denen in gewisser Weise die Gesamtschule Realität ist. Das heißt, es werden auch Kinder in die Unterstufe aufgenommen, die keine AHS-Reife aufweisen, also zum Beispiel im Zeugnis der Volksschule einen Dreier haben. Eine dieser Schulen ist in der Theodor-Kramer-Straße in Donaustadt.
Schüler ohne AHS-Reife werden aufgeteilt und auch besonders gefördert. Die Erfahrungen sind positiv, wie die Direktorin Gerda Benesch-Tschanett berichtet. "Wir beobachten es oft, dass Kinder, bei denen am Anfang grundsätzliche Defizite bestehen, sehr gut weiterkommen und auch bei uns maturieren."
Das ist genau der Effekt, auf den Befürworter der Gesamtschule verweisen, dass sich eben nicht schon im Alter von zehn Jahren der weitere Bildungsweg entscheidet. Gerade in Wien ist zudem die Durchlässigkeit von der Hauptschule (oder jetzt: NMS) in eine AHS-Oberstufe kaum gegeben.
Sollte Wien zu den bereits bestehenden acht Standorten nun weitere 15 Prozent der AHS im Rahmen der Modellregion umwidmen, würden zwölf weitere Schulen hinzukommen. Für Kritiker geht das nicht weit genug, Gegner wie der neue Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel freuen sich dagegen. "Damit wurde die Abschaffung der AHS-Unterstufen in Wien verhindert", sagt Blümel.
Grüne: Hürde wegverhandeln
Doch gegessen ist die Sache noch nicht. Die Regierung braucht für die Schaffung der Bildungsdirektionen eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat und damit die Stimmen von FPÖ oder Grünen. Die FPÖ hat allerdings bereits angekündigt, nicht zustimmen zu wollen, weshalb nur die Grünen als Option bleiben. Und die wollen "beinharte Verhandler" sein, wie Bildungssprecher Harald Walser sagt. Die Modellregionen stellen für ihn dabei die Kernfrage dar. Auch in seinem Heimatbundesland Vorarlberg ist man über die Hürde erzürnt.
Für Walser ist klar: Wenn die Regierung die Zustimmung der Grünen wollen, muss die 15-Prozent-Quote fallen. Das sei für die Grünen unverhandelbar, wie Walser zur "Wiener Zeitung" sagt. "Bei der Gesamtschule ist es wie bei einer Schwangerschaft, es gibt kein bisschen Gesamtschule." Die Frage der Modellregionen wird also im Parlament entschieden.