Bereits vergebene Zusatzmittel von 6 Millionen Euro sind "Tropfen auf dem heißen Stein".
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Wien. Mehr Geld für den Arbeitsmarkt fordert die Stadt Wien vom Bund. In einem gemeinsamen Hintergrundgespräch erklärten Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Finanzstadträtin Renate Brauner, dass die bisher vom Bund zur Verfügung gestellten Zusatzmittel von 6 Millionen Euro "ein Tropfen auf dem heißen Stein" sind. Gefordert wird demnach ein "zweistelliger Millionenbetrag", um damit etwas "Vernünftiges auf die Beine stellen zu können".
Detail am Rande: Ungefähr dieselbe Summe wie die vor kurzem ausgeschütteten Zusatzmittel bleibt in Wien jedes Jahr liegen bzw. wird von der Wiener Wirtschaft nicht abgeholt. Grund dafür sei die Zweckwidmung, die bundesweit einheitlich geregelt ist. Daraus ergibt sich die zweite Forderung von Häupl und Brauner: mehr Flexibilität im Umgang mit diesen Mitteln. Denn das Geld, das in Wien nicht eingesetzt werden kann, wandert wieder zurück an den Bund. Gleichzeitig schieße aber die Stadt dem AMS Wien Mittel zu - heuer allein schon 12 Millionen Euro, wie Brauner erklärte. Insgesamt fließen im Übrigen 385 Millionen Euro pro Jahr ins Wiener Arbeitsmarktservice.
"Es muss doch jedem klar sein, dass der Wiener Arbeitsmarkt andere Voraussetzungen hat als etwa Vorarlberg", meinte Brauner. So gebe es nicht in allen Bundesländern etwa den Bedarf an Fördermaßnahmen für Menschen über 50. "In Wien gibt es neben älteren arbeitslosen Personen auch andere Gruppen mit besonderen Unterstützungsbedürfnissen. Mit einer Flexibilisierung könnte Geld für Qualifizierungsmaßnahmen freigespielt werden und allen zugute kommen", meinte Häupl. So liege etwa das Risiko, arbeitslos zu werden, bei 35 Prozent, wenn man nur einen Pflichtschulabschluss hat. "Allein ein Lehrabschluss drückt dieses Risiko auf zehn Prozent", betonte Brauner.
Überhaupt bräuchte der gesamte Arbeitsmarkt mehr Geld, ist der Bürgermeister überzeugt. Während nämlich in ganz Österreich die Arbeitslosigkeit steige, sind die Mittel von 1,17 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf 1,14 Milliarden Euro im heurigen Jahr gesunken. "Und das bei einer Prognose von 50.000 Arbeitslosen mehr bis 2018", so der Bürgermeister.
"Taxifahrende Ärzte braucht keiner"
Außerdem forderten Häupl und Brauner eine Flüchtlingsstrategie für den Arbeitsmarkt: Die meisten Syrer seien gut qualifiziert, verfügen aber über wenig bis gar keine Deutschkenntnisse. "Es ist nicht nötig, dass Ärzte Taxifahren müssen, das braucht keiner", betonte Häupl. Hier sei der Integrationsminister Sebastian Kurz gefordert, den überwiegenden Anteil der Mittel für Deutschkurse nach Wien zu transferieren, weil hier der größte Bedarf bestehe. In weiteren Schritten sollte dann den Asylwerbern auch die Anerkennung ihrer Qualifikationen erleichtert werden - ebenso wie die "Beschaffung von Ausbildung, um sie in den Arbeitsmarkt integrieren zu können."
Häupl räumte auch ein, dass die Behördenwege oft recht mühsam sind. "Ja, wir sind überbürokratisiert und wir müssen schauen, dass es Vereinfachung gibt, wie etwa durch das Zusammenziehen von Verfahren", meinte Bürgermeister. Und Brauner wiederum brachte einmal mehr ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass auf Bundesebene nicht schon längst viel mehr Mittel für die Flüchtlinge freigemacht worden seien.
"Kann mich an kein einziges Zelt erinnern"
"Damals bei der Auflösung der Tschechoslowakei gab es 161.000 Flüchtlinge, in der Jugoslawienkrise waren es 90.000 Flüchtlinge - ich kann mich allerdings nicht an ein einziges Zelt erinnern, warum schafft man das jetzt nicht?", so die Vizebürgermeisterin.
Eine weitere Forderung Häupls an den Bund sind schließlich mehr Investitionen auf Bundesebene, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen - natürlich nach Wiener Vorbild, wie Häupl ausführte: "Wir investieren Jahr für Jahr in Milliardenhöhe. Jetzt ist der Bund gefordert." Als Beispiel nannte Brauner hier einmal mehr Investitionen in beschäftigungsintensive Bereiche wie etwa den U-Bahnbau, Infrastrukturmaßnahmen sowie Wohnbau, womit zehntausende Arbeitsplätze gesichert würden.
Einmal mehr kam auch die Forderung nach der Öffnung der Verschuldungsregeln im Fiskalpakt - sprich: Ausgaben mit langfristigen Wachstumseffekten sollen aus den Haushaltsdefiziten herausgenommen werden können.
Kurz gesagt, präsentierten Häupl und Brauner eine Zusammenfassung von wirtschaftsrelevanten Wiener SPÖ-Themen der vergangenen Monate, eingegossen in Forderungen an den Bund - weiterverarbeitet zu einer aktuellen Kampagne mit dem Titel "Wir schaffen Chancen", die nun in Form von Plakaten, Inseraten und Social Media-Aktivitäten verbreitet werden.