BZÖ sorgt mit Gerüchten über Regierungsumbildung für Verwirrung. | Oranger Spitzenkandidat noch immer unbekannt. | Wien. Die Fahndung des BZÖ nach einem geeigneten Spitzenkandidaten für die Nationalratswahlen im Herbst droht aus dem Ruder zu laufen. Jüngster Höhepunkt in der zunehmend skurrilen Debatte: Sozialstaatssekretär Sigisbert Dolinschek nutzte am Donnerstag den Journalistenauflauf beim wöchentlichen Ministerrat, um seine Erwartung einer unmittelbar bevorstehenden Regierungsumbildung kundzutun. Der Austria Presse Agentur war dies sogar eine Eilt-Meldung wert.
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Die Dementis folgten auf der Stelle. Vor allem Bundeskanzler Wolfgang Schüssel stellte unmissverständlich fest, dass er nicht an eine Regierungsumbildung denke. Auch der neben Schüssel platzierte Vizekanzler und geschäftsführende BZÖ-Obmann Hubert Gorbach war bemüht, die entstandene Aufregung wieder zu beruhigen. BZÖ-Obmann Jörg Haider selbst gab sich überhaupt "ahnungslos" und wollte von nichts wissen.
Grund für die ganze Aufregung sind sich zunehmend verdichtende Gerüchte, wonach der ehemalige FPÖ-Klubobmann und nunmehrige Magna-Manager Peter Westenthaler die Rolle des Spitzenkandidaten übernehmen soll. Allerdings angeblich nur unter der Bedingung, dass er aus der Regierung, am liebsten überhaupt gleich als Vizekanzler, heraus in den Wahlkampf im Herbst starten kann. Aber nichts genaues weiß man nicht.
Westenthaler selbst, ganz umworbener Kandidat, kokettiert seit Monaten bereits via Medien mit einer Rückkehr in die von ihm offensichtlich schmerzlich vermisste Politarena. Ein klares Ja oder Nein war ihm dazu bislang nicht zu entlocken. Tatsächlich gelingt ihm sogar das Kunststück, sich selbst ständig ins Gespräch zu bringen, um dann, wenn Journalisten Konkreteres wissen wollen, so zu tun, als ob das Ganze nicht mehr als ein Spiel der Medien sei.
Wie das BZÖ die Suche nach einem Spitzenkandidaten inszeniert, ist allerdings ein Medienspiel. Seit Monaten bereits kündigen Haider, Gorbach und Co. dessen Präsentation an, nur um den Zeitpunkt stets aufs Neue hinauszuschieben. Das Kalkül dahinter ist nicht schwer zu durchschauen. D
er eigentlich logische Kandidat, nämlich Parteichef Jörg Haider, hat kein Interesse, sich selbst in die Auslage zu stellen. Sein Mandat als Kärntner Landeshauptmann endet schließlich erst 2009, eine Niederlage mit dem BZÖ im Herbst wäre wohl der Anfang vom Ende. Sein Beitrag zum Wahlkampf wird der Kampf um ein Grundmandat in Kärnten sein, zu dem er auf der Welle der Empörung über das Ortstafel-Urteil des Verfassungsgerichts segeln will.
Nachdem die Profilierung über Themen gerade als Juniorpartner in einer Regierung in Zeiten von Bawag-Krise und EU-Präsidentschaft keine leichte Sache ist, scheint sich das BZÖ dafür entschieden zu haben, sich selbst über Personalspekulationen im Gespräch zu halten.
Deshalb ist es auch unwahrscheinlich, dass Haider bereits am Sonntag in der "ORF"-Pressestunde das Geheimnis um den Kandidaten lüften wird. Diesen Auftritt hat der Ortstafel-Kämpfer schließlich fix in der Tasche. Die Präsentation eines Spitzenkandidaten ist schließlich wieder für Schlagzeilen gut.
Offen ist nur, ob die ÖVP bei diesem Spiel mitspielt. Die gestrigen Aussagen Schüssels lassen das nicht vermuten. Viel Erpressungspotenzial steht dem BZÖ auch nicht mehr zur Verfügung: Die EU-Präsidentschaft ist praktisch gelaufen und die wichtigsten Gesetze beschlossen. Die Wahlen sind fix im Herbst - offen ist nur ob eher früher, also September, oder eher später, in diesem Fall November.