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Hauptsache neu

Von Matthias Nagl

Politik

Die Salzburger Neos stört nicht, dass ihr Erfolg aufs Neu-Sein reduziert wird.


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Salzburg. Die ÖVP müsse sich von ihren "rein machtpolitischen und strategischen Überlegungen verabschieden und sich den neuen Bedürfnissen der Gesellschaft anpassen". Die Salzburger ÖVP müsse eine geradlinige Wertediskussion zulassen, um "eine liberale, zeitgemäße Partei" zu sein. Man brauche sich ja nicht von den Werten verabschieden, doch zeitgenössisch handeln. Wer zieht hier ein Fazit zu den Salzburger Gemeinderatswahlen vom Wochenende? Niemand.

Auch wenn der Befund erstaunlich aktuell klingt, er lief schon vor knapp zehn Jahren über die Austria Presse Agentur. Die ÖVP-Landesrätin Maria Haidinger kam damals nach ihrem unfreiwilligen Abschied aus der Landesregierung zu diesem Schluss. Knapp zehn Jahre später hat ihre Tochter Barbara Unterkofler als Spitzenkandidatin der Neos mit ihrem Wahlsieg bei der Gemeinderatswahl dem Erneuerungsprozess in der ÖVP ordentlich Schwung gegeben. Am Dienstag verordnete Landeshauptmann und ÖVP-Chef Wilfried Haslauer seiner Partei im Interview mit den "Salzburger Nachrichten" einen einjährigen Programmkongress, in dem neue Inhalte gefunden werden sollen.

Man kann davon ausgehen, dass dieser Prozess direkt auf den Wahlsieg der Neos zurückgeht. Haslauer bezeichnet sie als "ernst zu nehmende bürgerliche Kraft mit dem Reiz des Neuen". An ihrer Spitze steht die Juristin Unterkofler, und sie hat kein Problem damit, regelmäßig auf ihre Mutter angesprochen zu werden. Diese unterstütze die Ideen der Neos, erzählt Unterkofler: "Natürlich berät sie mich auch." Unterstützung gibt es auch auf praktischer Ebene, gerade im zeitintensiven Wahlkampf bei der Betreuung der drei Kinder Unterkoflers.

Zeitintensiv wird es für die 39-Jährige auch weitergehen. Sechs Stimmen liegen die Neos im Gemeinderat vor der FPÖ auf Platz vier. Unterkofler wird als Stadträtin in die Stadtregierung einziehen. Auch dort will Unterkofler das Credo der Neos predigen. "Wir wollen Politik neu gestalten", sagt sie. Das betrifft nicht nur die Inhalte, sondern auch die Schnittstellen zwischen Politikerinnen- und Privatleben.

Stadträtin und Mutter

"wunderbar vereinbar"

"Man kann so einen Beruf auch familienfreundlich gestalten. Das wird sich wunderbar vereinbaren lassen", ist die zukünftige Stadträtin überzeugt und äußert im nächsten Satz ihre Abneigung gegenüber abendlichen Polit-Sitzungen. Darin sieht Unterkofler auch den Schlüssel, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. "Das wird über Quoten nicht funktionieren", sagt sie.

Dass der Erfolg ihrer Partei von Experten und Medien zunächst einmal auf das Faktum, neu zu sein, reduziert wird, stört Unterkofler nicht. Sie spielt vielmehr damit. "Wir sind die Neuen. Die Leute kapieren schon, was das ist", sagt sie über ihre Partei. "Es gibt den Wunsch nach etwas Neuem. Die alten Besen sind abgekehrt, und jetzt will man einen neuen Besen, der anders kehrt", glaubt Unterkofler.

Einem solchen neuen Besen verzeiht man offenbar auch politische Stolperer. Denn erstmals für bundesweites Aufsehen gesorgt hatte Unterkofler, als Vorwürfe wegen Stimmenkaufs gegen sie erhoben wurden. Sie hatte Bekannten angeboten, die Gebühr bei den Neos-Vorwahlen für die Nationalratswahl zu bezahlen und in deren Namen für sich selbst zu stimmen. "Politisch naiv" sei das gewesen, sagte die Juristin, als die Vorwürfe bekannt wurden. Im Wahlkampf geschadet haben ihr die Vorwürfe offenbar nicht.

Vor ihrem Neos-Engagement war Barbara Unterkofler nicht politisch aktiv. Die Juristin arbeitete zuletzt als Geschäftsführerin bei einer Kommunikationsagentur, kurz war sie vor mehr als zehn Jahren auch in der Anwaltskanzlei von Landeshauptmann Haslauer tätig. Nun wartet in der Landesregierung voraussichtlich das Bau-Ressort auf Unterkofler.

Das betreute bisher ÖVP-Stadträtin Claudia Schmidt, die für das Europäische Parlament kandidiert. Die Neos-Chefin sieht sich zwar nicht als "Lückenfüllerin für Schmidt", mit den langjährigen Regierungsmitgliedern von Rot, Schwarz und Grün wird es aber wohl kein einfaches Verhandeln. Generell wird sie den ersten politischen Rat ihrer Mutter im Schloss Mirabell, dem Amtssitz der Stadtregierung, gut gebrauchen können: "Lass dich nicht unterkriegen!"