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Hausärzte fordern Recht auf Apotheke für jeden Landarzt.
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Wien. Die Aufwertung der Hausärzte nennt Seniorenbund-Obmann Andreas Khol eine "Koalitionsbedingung" für die nach der Wahl anstehenden Regierungsverhandlungen, dies sei auch mit der Bundes-ÖVP so abgesprochen. Insbesondere gehe es hier um eine "faire Bezahlung" von Beratungsgesprächen, ein Recht für jeden Hausarzt auf eine Hausapotheke sowie Verbesserungen bei der Ausbildung, indem jungen Medizinern im Rahmen des Turnus auch bei Allgemeinärzten ein Praktikum absolvieren können.
Von den insgesamt 41.325 Ärzten in Österreich sind 3866 Allgemeinmediziner mit Kassenvertrag. Laut Ärztekammer geht in den kommenden zehn Jahren fast die Hälfte der Landärzte in Pension. Und es gebe wenig Interesse der Jungärzte, aufs Land zu gehen: weil die Arbeitszeiten zu lang, die Wege zu weit, die Bezahlung zu niedrig und die Anforderungen zu hoch seien.
Stöger: Gesundheitsreform wertet Hausärzte auf
Bei den Ärzten läuft die ÖVP mit solchen Forderungen offene Türen ein. Nicht jedoch beim Koalitionspartner. "Durch die Gesundheitsreform wird der niedergelassene Bereich aufgewertet, dadurch profitieren natürlich ganz besonders die Hausärzte", sagt Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) zur "Wiener Zeitung". Der Minister sieht demnach keinen besonderen Handlungsbedarf. Das nunmehr geltende Modell sei gemeinsam von Bund, Ländern und Sozialversicherung und somit auch der ÖVP beschlossen worden, verweist Stöger auf ein abgeschlossenes Kapitel. Auch Thomas Czypionka, Gesundheitsökonom am Institut für höhere Studien, wundert sich: Die Aufwertung der Allgemeinmediziner sei in der Gesundheitsreform bereits vorgesehen.
Hausärzte misstrauen "Versprechungen"
Den praktischen Ärzten ist das zu wenig. "Zehn Anforderungen zur Rettung des Hausarztes", hat der Österreichische Hausärzteverband daher jüngst postuliert. Einige Punkte wie Anerkennung als Primärversorger oder die Einschränkung der Ambulanzen sind mit der beschlossenen Gesundheitsstrukturreform einmal eingeleitet. Dennoch glauben die Ärzte nicht so recht an eine Koalitionsbedingung. Denn die Stärkung der Hausärzte stehe seit 30 Jahren in allen Regierungsprogrammen, genützt habe das wenig. "Wir glauben nicht mehr an Versprechungen", sagt der frühere Landarzt und Sprecher des Hausärzteverbandes, Wolfgang Geppert, zur "Wiener Zeitung".
Das Recht auf eine Hausapotheke für jeden Landarzt ist eine zentrale Forderung des Hausärzteverbandes. Die fallenden Arzthonorare seien ein massives Problem, sagt Geppert. Er habe in seiner Praxis im Weinviertel zuletzt 60 Prozent seines Umsatzes mit der Hausapotheke gemacht. Als er seine Praxis an einen jungen Kollegen übergeben wollte, habe in der Nähe (knapp weniger als sechs Kilometer entfernt) eine Apotheke geöffnet. "Damit ist die Nachfrage nach meiner Praxis schlagartig gesunken", sagt Geppert. Nun komme ein Landarzt in eine wenige Kilometer entfernte Ortschaft - allerdings nicht ohne vorher die Zusage für eine Hausapotheke abgewartet zu haben. "Und die Gemeinde hat den Arzt auch sonst kräftig unterstützt, damit er sich ansiedelt", sagt Geppert. Diese früher übliche Praxis der Gemeinden, ihrem Gemeindearzt eine Ordination und eine Arztwohnung zur Verfügung zu stellen, gibt es nicht mehr. Der Gemeindearzt hat ausgedient.
Gemeindefusionen bedrohen Hausapotheken
Kritik übt der Arzt an der seit 2006 geltenden Rechtslage, wonach sich in Gemeinden mit zwei Kassenärzten eine Apotheke ansiedeln darf. Durch die neue Praxis der Zusammenlegung von Gemeinden würden auf diese Weise zahlreiche Hausapotheken wegfallen und durch Apotheken ersetzt werden. "Wir führen hier einen verzweifelten Kampf", sagt der ehemalige Landarzt.
Zum Recht auf Hausapotheken für Landärzte sagt Stöger: "Durch die bestehenden gesetzlichen Regelungen zu ärztlichen Hausapotheken und öffentlichen Apotheken ist die Versorgung mit Medikamenten in Österreich gesichert. Diese Regelungen wurden von der ÖVP mitbeschlossen." Der Minister betont aber, dass die Sicherstellung der Medikamentenversorgung auch im ländlichen Raum Schwerpunkt der Gesundheitspolitik sei.