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Verpflichtung zur Errichtung der neuen Anlagen aufgehoben. | Regelung war verfassungswidrig. | Wien. Jene Hauseigentümer, die bisher ihre Brieffächer noch nicht auf die neue Version mit dem breiten Einwurfschlitz umgerüstet haben, können sich freuen. Denn die umstrittene Adaptierung der Anlagen ist vom österreichischen Verfassungsgerichtshof (VfGH) gestoppt worden. Die Verpflichtung zur Errichtung der neuen Hausbrieffach-Anlagen gilt ab sofort als aufgehoben.
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Der VfGH teilte gestern, Donnerstag, mit, dass das neue Postgesetz in diesem Punkt verfassungswidrig ist, weil es einen unzulässigen Eingriff in Eigentumsrechte darstelle. Damit ist auch die Frist bis 1. Juli 2006 hinfällig, mit der die Umrüstung ursprünglich abgeschlossen sein sollte.
Die Begründung der Höchstrichter für ihren Entscheid lautet: Die Errichtung der neuen Briefanlagen sei nicht im öffentlichen Interesse, sondern im Interesse der Anbieter von Postdienstleistungen. Nur durch öffentliches Interesse hätte man jedoch rechtfertigen können, dass Hauseigentümer auf eigene Kosten neue Briefkästen errichten müssen. Wer bereits neue Kästen einbauen ließ, schaut allerdings durch die Finger: laut dem Urteil gibt es keinen Anspruch auf Rückerstattung von Umrüstungskosten.
Das Argument der Bundesregierung, wonach eine Richtlinie der EU eine solche Verpflichtung notwendig gemacht hätte, können die Höchstrichter nicht nachvollziehen. "Tatsächlich ist aus den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zwar ein Verbot der Diskriminierung einzelner Postunternehmen zu entnehmen, aber keine Verpflichtung ableitbar, Postkästen auf Kosten der Hauseigentümer zu errichten", sagte der VfGH.
Umrüstung ist trotzdem kein Fehler
Im zuständigen Ministerium zeigt man sich vom VfGH-Entscheid zu den Brieffach-Anlagen unbeeindruckt. Michael Stangl, ein Pressesprecher des Infrastrukturministeriums, sieht den Spruch der Höchstrichter als Chance. Es gebe nun keinen Zeitdruck mehr, da die Frist 1. Juli 2006 wegfalle. Bisher hätte rund die Hälfte der Hauseigentümer die Anlagen umgestellt. Das sei allerdings "nicht umsonst gewesen", so Stangl. Man werde mit den betroffenen Hausbesitzern und den Postdienstleistern gemeinsam eine neue Regelung erarbeiten.
Idee zur Lösung der Brieffach-Misere
Indessen hat der Geschäftsführer des Post-Konkurrenten Redmail, Bernd Kirisits, einen Vorschlag gemacht: Die alten Brieffächer sollten den Postanbietern zugänglich gemacht werden. Dazu brauche man nur die Zentralschlüssel an die alternativen Postzusteller auszugeben. Die Kosten für die neuen Schlüssel würde sein Unternehmen selbst tragen. Es käme zu keiner neuen Belastung für die Hauseigentümer. Dass es dann in Österreich alte und neue Brieffächer parallel gebe, stellt für ihn kein Problem dar. Sein Vorschlag sei mit der EU-Richtlinie in Einklang, betonte Kirisits. Bis es zu einer Lösung kommt, haben Hauseigentümer die Umrüstung gestoppt. Herbert Ludl, Generaldirektor der Sozialbau, sagte zur "Wiener Zeitung": "Wir warten ab, wie das zu verstehen ist und wie der Gesetzgeber das repariert." Es gebe in Wien 35.000 Sozialbau-Wohnungen in denen die Umstellung noch nicht passiert sei.