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Haushalt - Wenns mal wieder länger dauert

Von Gerhard Steger

Politik

Verhindern, dass der Bund finanziell lahm gelegt wird. | Wirkt positiv auf Budgetdisziplin. | Wien. Nationalratswahlen im Herbst haben oft ein Budgetprovisorium zur Folge, da es bis zur Bildung einer beschlussfähigen Regierung meist Monate dauert. Die Bundesverfassung sorgt aber vor, damit der Bund zumindest eine Zeit lang seinen finanziellen Verpflichtungen auch dann nachkommen kann, wenn kein Budget beschlossen worden ist.


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In jedem Fall gilt, dass die Einnahmen des Bundes nach der jeweils geltenden Rechtslage aufzubringen sind. Daran ändert also ein Budgetprovisorium nichts. Für die Ausgaben gilt jedoch: Hat die bisherige Regierung einen Budgetentwurf vorgelegt, der freilich im Nationalrat nicht mehr beschlossen worden ist, gilt dieser trotzdem, aber nur längstens für die ersten vier Monate des neuen Finanzjahres. Gibt es keinen Budgetentwurf (was der Regelfall ist) oder sind die vier Monate abgelaufen, ist das jeweils letzte Bundesfinanzgesetz, das den Haushalt regelt, die Basis des Provisoriums - im aktuellen Fall also jenes aus dem Jahr 2006.

Generell gilt, dass nicht mehr ausgegeben werden darf, als im Budgetentwurf oder im letzten Bundesfinanzgesetz - je nach Grundlage - vorgesehen war, wobei für jeden Monat ein Zwölftel der Ausgaben die Grundlage darstellt (Monatszwölftelregelung). Eingegangene Verpflichtungen des Bundes sind aber jedenfalls zu leisten, soweit sie fällig sind. Insofern ist die Monatszwölftelregelung nicht zwingend mathematisch genau anzuwenden.

Finanzschuldengrenze

Die Verfassung hat aber ein Budgetprovisorium zeitlich wirksam begrenzt. Es dürfen nämlich während eines Provisoriums nur 50-Prozent der Finanzschulden aufgenommen werden, die entweder im Budgetentwurf oder im letzten Bundesfinanzgesetz vorgesehen waren. Da zu Beginn des Jahres üblicherweise die Einnahmen des Bundes deutlich hinter den Ausgaben zurückbleiben, führt dies oft dazu, dass die 50-Prozent-Grenze bereits vor der Jahreshälfte erreicht wird.

Sollte diese Situation eintreten - dies war freilich bislang noch nie der Fall - dann könnten Ausgaben nur noch nach Maßgabe laufender Einnahmen oder kurzfristiger Kreditaufnahmen, die nicht über den Jahresletzten gehen dürfen, bedeckt werden. Das wäre jedenfalls zu wenig, um die Ausgaben abzudecken, weil zusätzlich zu den laufenden Ausgaben des Budgets jedes Jahr erhebliche Tilgungen von Finanzschulden erfolgen, die wiederum mit neuen Krediten bedeckt werden müssen.

Nach Erreichen der 50Prozent-Grenze könnten daher nicht mehr alle erforderlichen Ausgaben des Bundes finanziert werden: Seien es die Pensionen, das Pflegegeld oder die Ausgaben des Bundes für Länder und Gemeinden oder die Gehälter der Bundesbediensteten. Diesen Zustand könnte wohl niemand politisch verantworten, weshalb auch bislang stets rechtzeitig ein Weg gefunden wurde, um eine solche Situation zu vermeiden.

Der Ausweg liegt in einem gesetzlichen Budgetprovisorium. Es ist dies ein Bundesgesetz, das das letzte Bundesfinanzgesetz im Wesentlichen fortschreibt und damit das Fallbeil der Finanzschuldengrenze vermeidet. Zuletzt kamen solche gesetzlichen Budgetprovisorien in den Jahren 2000 und 2003 zur Anwendung. Sie waren bis zum Inkrafttreten eines regulären Budgets in Geltung, welches jeweils nach erfolgter Regierungsbildung vorgelegt wurde. Theoretisch hätte aber mit dem gesetzlichen Budgetprovisorium auch das ganze jeweilige Jahr gearbeitet werden können.

Jedenfalls kein Unglück

Ein Budgetprovisorium ist aber kein Unglück und auch kein besonders selten auftretender Fall, sondern immer wieder vorkommt und vernünftig bewältigt werden kann. Aus der Sicht der Budgetdisziplin, das sei nicht verschwiegen, hat es sogar seine Vorteile: Es wird einige Zeit nur das Allernötigste ausgegeben und dies wirkt erfahrungsgemäß konsolidierungsfördernd. Auch dies ist daher ein Grund, einem Budgetprovisorium recht gelassen entgegenzusehen.

Gerhard Steger ist Fachbuchautor und Sektionschef im Finanzministerium.