Linkspopulist erhält 61 Prozent der Stimmen. | Nun will Chavez seine Wiederwahl auf unbestimmte Zeit ermöglichen. | Einigung des polarisierten Landes als schwierigste Aufgabe. | Caracas. Hugo Chavez ist begeistert. "Es lebe der Sieg des Volkes!", schrie der 52-jährige in der Hauptstadt Caracas vom Balkon des Regierungspalastes Miraflores. Kurz zuvor waren die ersten Resultate des Urnengangs vom Sonntag bekannt geworden. Zehntausende seiner Anhänger jubelten ihm auf dem Platz vor dem Gebäude zu. Knallpetarden und Feuerwerk umrahmten das ausgelassene Fest. Chavez intonierte die Nationalhymne, die Massen sangen inbrünstig mit. Wie in Caracas feierten auch in anderen Städten des Landes seine Wähler den klaren Sieg des Amtsinhabers mit Hupkonzerten, Musik und Tanz. Der Dauerregen über der Hauptstadt und weiteren Orten tat den Feiern keinen Abbruch.
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"Sieg der bolivarischen Revolution"
Chavez hatte am Sonntagabend nach Auszählung von 78 Prozent der Wahlzettel mehr als 61 Prozent der Stimmen erhalten. Sein Widersacher war Manuel Rosales, Kandidat der vereinten, konservativen Opposition. Er kam laut den ersten offiziellen Resultaten auf etwa 38 Prozent.
"Dies ist ein großartiger Sieg der bolivarischen Revolution", rief Chavez vom so genannten "Balkon des Volkes" seinen Anhängern zu. "Respekt und Bewunderung für dieses Volk, ohne jegliche Ausnahme, für dieses einfache, mutige und noble Volk", brüllte der Präsident ins Mikrofon.
Tatsächlich haben Chavez´ sozialistische Regierung, seine "bolivarische Revolution" und sein "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" enorme Rückendeckung erhalten. Die Wahlbeteiligung war mit rund 80 Prozent so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Dabei stimmten vor allem die Armen, die von Chavez´ Sozialprogrammen profitieren, für den amtierenden Präsidenten. Die Opposition hatte jedoch im Verlauf des Urnengangs auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen.
Rosales gesteht Niederlage ein
Später aber räumte sie ein, diese seien von den Wahlbehörden größtenteils beseitigt worden. Hunderte Beobachter aus dem Ausland nannten keine Zwischenfälle, die den Urnengang ernsthaft beeinträchtigt hätten.
Wahlverlierer Rosales sprach am Sonntagabend von einer "Alternative für Venezuela", die alle Bürger einschließe und deren Konstruktion mit der Kampagne für die diesjährige Präsidentschaftswahl "gerade erste begonnen hat". Der 53-jährige akzeptierte seine Niederlage, kündigte aber gleichzeitig einen "demokratischen Kampf" gegen die Regierung von Chavez an. Ein Kampf allerdings, der ohne Sitz im Parlament beginnt. Die Opposition hatte die vergangenen Wahlen dazu boykottiert.
Chavez ist nun zum vierten Mal in Serie zum Präsidenten gewählt respektive in seinem Amt bestätigt worden. 1998 und 2000 hatte der ehemalige Militärputschist die Wahlen gewonnen, 2004 überstand er ein Referendum.
Venezuelas Staats- und Regierungschef hat angekündigt, nach dem neuerlichen Wahlerfolg die Verfassung so ändern zu wollen, dass seine unbeschränkte Wiederwahl möglich wird.
S ozialistische Partei kontrolliert den Staat
Dies sollte auch kein großes Problem für ihn darstellen. Seine sozialistische Partei kontrolliert die Präsidentschaft, die Nationalversammlung, die Staatsanwaltschaft, die Wahlbehörde, den höchsten Gerichtshof, die staatliche Erdölfirma und die Armee.
Chavez´ schwierigste Aufgabe in den kommenden Jahren wird es sein, die zwischen seinen Anhängern und Gegnern polarisierte Gesellschaft Venezuelas zusammenzuführen. Im Gegensatz zu anderen unter den vielen gesellschaftlich und politisch gespaltenen Ländern Lateinamerikas hat er den Vorteil, dass er aufgrund der hohen Öleinnahmen seiner Regierung kaum auf die Reichen des Landes und deren Kapital angewiesen ist.
Diese wirtschaftliche Unabhängigkeit wirkt sich auch auf seine Außenpolitik aus, in der er einen konsequent anti-amerikanischen und anti-kapitalistischen Kurs verfolgt.
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