Baukredite sind heiß begehrt. | Slowaken im EU-Vergleich am wenigsten verschuldet. | Preßburg. Knapp zehn Jahre nach dem Beinahe-Kollaps der gesamten slowakischen Bankbranche geht es den Kreditinstituten im Nachbarland so gut wie nie zuvor. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres verdienten die 24 Banken zusammengenommen umgerechnet 279 Mio. Euro, das ist ein Plus von 15 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2006. Die Banken profitieren zurzeit vor allem vom Interesse der Slowaken an Baugeld, Konsumentenkredite hingegen spielen eine untergeordnete Rolle.
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Gleich um 30 Prozent stieg die Zahl der bewilligten Hypothekenkredite gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum. Die Kreditinstitute selbst führen das vor allem auf die Installierung eines staatlichen Hypothekenzuschusses für junge Familien zu Jahresbeginn zurück. Diese Aussage ist mit Vorsicht zu genießen, profitieren von der staatlichen Wohltat doch nur Haushalte mit einem Bruttogesamteinkommen von maximal umgerechnet 600 Euro. Momentan ziehen die slowakischen Gehälter jedoch vergleichsweise rasant an, das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen eines Einzelnen liegt inzwischen schon bei umgerechnet 555 Euro.
Teure Immobilien
Bedeutsamer ist da wohl schon eher, dass die Preise für Immobilien und Grundstücke vor allem in Preßburg inzwischen auf einem extrem hohen Niveau angelangt sind: Eine Wohnung im Zentrum, die vor fünf Jahren noch für umgerechnet 40.000 Euro zu haben war, kostet heute um die umgerechnet 60.000 Euro. So muss im Einzelfall einfach eine deutlich höhere Hypothek aufgenommen werden als noch vor einem Jahr.
Merklich weniger zum Bankenglück tragen die Verbraucherkredite bei, die insgesamt nur 17 Prozent des Kreditvolumens ausmachen. Dadurch werden die Ergebnisse einer EU-Erhebung vom Frühsommer bestätigt, wonach die Slowaken in der Region Mitteleuropa im Durchschnitt am wenigsten verschuldet sind.
Ein Leben ohne Pump
Das hat gleich mehrere Gründe: Infolge der Bankenkrise von 1998 wurde Privatpersonen über einen langen Zeitraum hinweg nur sehr selten überhaupt ein Kredit gewährt, auch die Einräumung eines Dispositionslimits war nicht üblich. Erst seit dem EU-Beitritt der Slowakei vor gut drei Jahren hat sich das geändert, die Slowaken sind aber nach wie vor daran gewöhnt, ohne finanzielle Fremdmittel auszukommen.
So lässt sich auch das für Außenstehende eher amüsante Phänomen eines geradezu beglückten Gesichtsausdrucks erklären, der slowakische Bankangestellte anfliegt, wenn es ihnen einmal gelingt, einen Konsumentenkredit zu vermitteln. Im übrigen können die Menschen im Nachbarland inzwischen wegen des Anziehens der Löhne heute mehr auf die Kante legen als noch 2006.