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Konsolidierung und zahmeres Geschäftsmodell. | Zusätzliche Sicherheit wird verrechnet: Höhere Kosten für Investoren. | Pfäffikon. Sie galten lange als die Revolverhelden des Finanzsystems: unnahbar, geheimnisumwittert, blitzschnell, eiskalt berechnend und dem Rest der Welt in jeder Situation überlegen. Nun sind Hedgefonds auf der dringenden Suche nach einer zweiten Chance - und einem neuen Geschäftsmodell. | Weiter Uneinigkeit über Verbot von Leerverkäufen
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Die Finanzkrise bedeutete nämlich ein jähes Ende für den gut gepflegten Mythos, dass die - in derartigen Fonds vereinten - undurchschaubaren Gedankengänge gewiefter Finanzstrategen und die noch undurchschaubareren Computerprogramme brillanter Mathematiker den Investoren dazu verhelfen würden, bei jeder Marktlage obenauf zu schwimmen. Spätestens als Anleger ihre Gelder abziehen wollten und dies - aufgrund der mangelnden Liquidität der Fonds - in vielen Fällen nicht konnten, offenbarte sich eine gravierende Strukturschwäche der Branche.
Als dann noch Betrugsskandale à la Bernhard Madoff und negative politische Debatten dazukamen, war der Ofen endgültig aus. Insgesamt scheinen die Zeiten jedenfalls vorbei zu sein, in denen jemand für das vage Versprechen einer Extra-Rendite auf Treu und Glauben Mittel in Investments pumpt, ohne die Anlagestrategie zu verstehen - oder nicht einmal verstehen zu wollen.
Große Branchenvertreter sind gerade dabei, sich auf die geänderten Umstände einzustellen. "Die Zeiten, wo zwei, drei Leute aus einer Garage heraus einen Hedgefonds gegründet haben, sind vorbei", so Martin Keller, Vertriebschef für den Bereich institutionelle Kunden beim britischen Hedgefonds-Anbieter Man Investments vor Journalisten. Das Investorenverhalten habe sich grundsätzlich verändert, wobei nun Transparenz, Kontrolle und Liquidität sehr stark im Vordergrund stehen würden.
Bisher so gut wie unreguliert
Keller sagt eine Konsolidierung der Hedgefonds-Industrie voraus, wobei sich Man - als einer der größten Hedgefonds-Anbieter der Welt - hier gerne in einer Führungsrolle präsentieren möchte. Entsprechend handzahm äußern sich die Vertreter des Unternehmens zu den kürzlich ventilierten EU-Plänen einer schärferen Hedgefonds-Aufsicht. Zwar weist Keller darauf hin, dass nicht Hedgefonds die Finanzkrise hervorgerufen haben, sondern Banken, mehr Transparenz würde aber dennoch "Sinn machen".
Auch einem zentralen Abwicklungssystem für sogenannte Derivat-Geschäfte, die derzeit oft unreguliert nur zwischen den jeweiligen Geschäftspartnern getätigt werden, steht Keller positiv gegenüber. Klar ist allerdings, dass Man sich mit derartigen Forderungen leichter tut als andere Branchenvertreter: Als börsenotiertes Unternehmen ist Man an gewisse Offenlegungspflichten gewöhnt, außerdem verfolgt Man Anlagestrategien, bei denen sogenannte Futures eine wichtige Rolle spielen. Diese Wetten auf die zukünftige Preisentwicklung von Rohstoffen, Währungen und anderen Anlageformen werden seit Jahr und Tag über zentrale Stellen abgewickelt.
Mit gemischten Gefühlen sieht Keller den Versuch, die Kreditaufnahme für Investments, durch die - einer Hebelwirkung gleich - die Gewinne vergrößert werden können, einzuschränken. Obwohl einige Hedgefonds für ihre spezielle Anlagestrategie solche Kredithebel benötigen, sei die Gesamtbranche deutlich weniger exponiert als etwa Banken, heißt es bei Man.
Gänzliche Ablehnung zu den geplanten EU-Regeln wird nur in Bezug auf einen einzigen Kernpunkt laut: Dass Fonds aus Nicht-EU-Staaten in Zukunft erschwert Marktzutritt in der Europäischen Union erhalten könnten, stößt dem Unternehmen, das wie viele seiner Mitbewerber aus steuerlichen Gründen auch von der Schweiz aus operiert, sauer auf.
Das Buhlen um Vertrauen
Insgesamt gewinnt man jedoch den Eindruck, dass Anbieter wie Man bereit sind, vieles in Kauf zu nehmen, um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen. So forciert Man von sich aus Produkte, die der EU-Direktive für offene Investmentfonds entsprechen und damit automatisch bestimmten Einschränkungen und einer stärkeren Regulierung und Transparenz unterliegen.
Außerdem gibt es eine Kooperation mit der Schweizer Großbank Credit Suisse, die für besonders sicherheitsbewusste Hedgefonds-Anleger eine Kapitalgarantie abgibt. Zusätzliche Sicherheit hat freilich auch ihren Preis. Hedgefonds versprechen hohe Gewinne und verlangen dafür generell saftige Gebühren. Für einen Man-Fonds, der der Investmentfonds-Direktive entspricht, muss der Kunde nochmals 0,4 bis 0,6 Prozentpunkte zusätzlich zahlen, die Garantie-Gebühr von Credit Suisse beträgt 1,3 Prozent der Investitionssumme pro Jahr.
Neuartige Angebote nötig
Die Branche geht aber davon aus, dass Investoren, denen der Schock der Finanzkrise noch in den Gliedern sitzt, dies gerne bezahlen. In der Tat scheint es dringend notwendig, dass Hedgefonds mit neuartigen Angeboten möglichst rasch Kunden anlocken. Es habe in den letzten beiden Jahren praktisch keine neuen Hedgefonds-Mandate gegeben, so Keller. Das verwaltete Kundenvermögen der Gesamtbranche ist von 2 Billionen auf 1,5 Billionen Dollar abgestürzt.
Keller rechnet zwar mit einem Anstieg auf zwei bis drei Billionen Dollar in drei bis vier Jahren. Ein Gutteil davon dürfte jedoch auf Anlagegewinne zurückzuführen sein. Wie viel frisches Geld von Kunden dazukommt, scheint äußerst ungewiss. Mit einer offiziellen Prognose für das eigene Unternehmen hält man sich auch bei Man zurück.
Grundlage für einen Kundenzustrom ist aber, dass die Branche erhöhte Sicherheit ausstrahlt. "Hedgefonds sind nicht die Cowboys der Finanzindustrie, die nicht auf das Risiko schauen", erklärt etwa Man-Sprecher Domenico Truncellito. Klar ist, dass sich die Branche derzeit an einem Scheideweg befindet. Einer nicht zu kleinen Zahl von Marktteilnehmern steht wohl der letzte Ritt in den Sonnenuntergang bevor.
Wissen
Hedgefonds gehören zu den sogenannten alternativen Investments. Dabei sind Hedgefonds eine sehr inhomogene Gruppe, in der unterschiedlichste Anlagestrategien zur Anwendung kommen. Gemeinsam ist derartigen Fonds, dass sie durch ausgeklügelte Strategien versuchen, bessere Renditen zu liefern, als der allgemeine Markt zulässt. Zudem operieren sie bisher weitgehend unbeaufsichtigt und uneingeschränkt in ihren Strategien.
In der politischen Debatte werden Hedgefonds oft als "Heuschrecken" bezeichnet, die Firmen kaufen, zerstückeln und mit Gewinn wieder verscherbeln. Dabei handelt es sich um eine Verwechslung mit einigen Fonds aus dem sogenannten Private-Equity-Bereich.
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