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Heer bleibt an der Grenze

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Einigung zwischen ÖVP und SPÖ wohl schon länger fix. | Soldaten ohne exekutive Befugnis. | Kritik von Grünen und Verfassungsrechtlern. | Wien. 86 Prozent der Burgenländer wollen eine Verlängerung des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres im grenznahen Raum. Da kann ein Verteidigungsminister, dem Ambitionen auf den burgenländischen Landeshauptmannsessel nachgesagt werden, kaum nein sagen. So erklärte Norbert Darabos (SPÖ) anlässlich einer parlamentarischen Enquete zu innerer Sicherheit am Mittwoch inbrünstig: "Ich stehe zu diesem Assistenzeinsatz." | Interview mit Peter Pilz


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Für Darabos geht es dabei um ein "Hören auf die Bedürfnisse der Bevölkerung im Sicherheitsbereich". Deren Wunsch will sich auch Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) "nicht entgegenstellen", wie sie erklärte. Zwar will sie mit der offiziellen Verlängerung noch zuwarten, bis eine Umfrage unter der niederösterreichischen Bevölkerung präsentiert wird (Fekter: "Wir sehen eine sehr, sehr hohe Akzeptanz für diesen Einsatz"), die Verlängerung des Bundesheereinsatzes an den Grenzen zu Ungarn und der Slowakei gilt aber als fix.

Dies dürfte schon länger zwischen SPÖ und ÖVP akkordiert gewesen sein. Auch interne Kritiker wie ÖVP-Wehrsprecher Norbert Kapeller sind auf Linie gebracht. Er sei "aus wehrtechnischen Gründen" gegen eine Verlängerung gewesen, da es aber auf Regierungsebene eine Vereinbarung gebe, dass der Einsatz verlängert wird, "werde ich mich nicht querlegen", so Kapeller zur "Wiener Zeitung". Eine Koalition bestehe halt einmal aus Geben und Nehmen.

Sicherheitsgefühl im sichersten Bundesland

Seit September 1990 steht das Österreichische Bundesheer an der Ostgrenze. Damals ging es in erster Linie darum, die Flüchtlingsströme einzudämmen. Bis 2007 waren insgesamt 335.000 Soldaten an den Grenzen zu Tschechien, Slowenien, der Slowakei und Ungarn stationiert und griffen dabei 90.000 illegale Grenzgänger auf. Seit der Ausweitung der Schengen-Grenze auf die Nachbarländer im Dezember 2007 hat sich die Aufgabenstellung geändert: Nun patroullieren maximal 1500 (aktuell rund 750 Soldaten) nicht mehr an der Grenze, sondern im Hinterland. Seit damals waren 11.500 Soldaten im Grenzeinsatz. Ihre Präsenz soll das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erhöhen.

Gerade Letzteres erscheint Kritikern als blanker Hohn. Das Burgenland ist jenes Bundesland mit der geringsten Kriminalität, was auch Fekter anlässlich der Sicherheits-Enquete bestätigte. Hier kommen auf einen Polizisten 169 Einwohner - in Wien sind es über 200, in Tirol gar über 300. Dass ausgerechnet hier das Heer die Exekutive unterstützen soll, ist etwa für den Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz "rausgeschmissenes Geld und vergeudete Lebenszeit der Präsenzdiener", zumal die Soldaten im Gegensatz zum Einsatz bis 2007 heute keinerlei exekutive Befugnisse haben. Sie dürfen zwar die Polizei verständigen, selber eingreifen dürfen sie jedoch nicht. Pilz wirft Darabos "Provinzpopulismus" vor, der die burgenländischen Wähler für dumm verkaufe. Laut dem Grün-Politiker sollte man das Geld für den Assistenzeinsatz - laut Darabos 12,5 Millionen Euro pro Jahr, laut Pilz 22 Millionen - aus dem Verteidigungsbudget abziehen und dem Bundeskriminalamt zukommen lassen.

Diesen Vorwurf lässt der Verteidigungsminister nicht gelten: "Das ist kein Populismus", es gehe auch darum, die Durchzugskriminalität in die städtischen Bereiche zu bekämpfen. Darabos wertet auch als "Erfolgsstory", dass es seit dem Assistenzeinsatz neu rund 1800 Meldungen des Heeres an die Polizei gegeben habe. Diese hatten laut Erhard Aminger, Sicherheitsdirektor für das Burgenland, rund 1000 polizeiliche Maßnahmen zur Folge.

Von der Verfassung "zu 100 Prozent gedeckt"?

Kritik an der Verlängerung kommt nicht nur von Sicherheitspolitikern, sondern auch von Verfassungsexperten. So kritisiert etwa der Wiener Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk, dass die Verfassung Assistenzeinsätze nur für Notlagen und Aushilfen vorsehe, nicht aber als permanente Ausübung. Für Darabos ist der Einsatz "hundertprozentig verfassungskonform" und durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes von 1994 gedeckt, was Funk bestreitet: Das Erkenntnis sage nichts über die Rechtmäßigkeit eines Einsatzes aus, sondern lediglich darüber, welche Befugnisse das Heer im Falle eines Assistenzeinsatzes hat.