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Ab Juli erfolgt Umstellung auf neue Führungsstruktur im Verteidigungsministerium. Ex-Generalstabschef Entacher erwartet Straffungen, das Heer selbst werde aber "in Ruhe gelassen".
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"Es soll erstmals eine Reform für die Truppe sein, nicht eine Reform der Truppe." Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) umreißt damit das Ziel der Änderungen der Führungsstrukturen im Heeresressort. Die Verwaltung in der Zentralstelle soll demnach schlanker werden, die militärischen Einsatzorganisationen des Bundesheeres sollen davon profitieren. Denn die "Kopflastigkeit" in der Landesverteidigung sei in der Vergangenheit nicht angegangen worden, meinte die Heeresministerin vor Journalisten.
1.300 bis 1.700 Posten betroffen
Im Ministerium werden 1.300 bis 1.700 Posten durch die Strukturänderung und von der Neuverteilung der Aufgaben betroffen sein. Beim Umbau der Führungsstrukturen werden zwar Pensionierungen genützt, es werde aber jedenfalls "keine personellen Einsparungen" geben, versicherte sie. "Budgetäre und personelle Spielräume" durch den Abbau von Posten in der Zentralstelle sollen der Truppe zugutekommen. Jeder Bedienstete soll aber an seinem Garnisonsort bleiben.
Konkret ist im Verteidigungsministerium im Zuge des Umbaus der Führung eine Reduktion von bisher fünf Sektionen auf künftig drei (General-)Direktionen festgelegt. Es erfolgt zugleich eine Trennung in Verwaltung und Militär. Von dem zwei Direktionen im Verteidigungsministerium wird die Präsidialdirektion für Personal und Budget, die zweite für die Verteidigungspolitik zuständig sein. Dazu kommt die künftige Generaldirektion für Landesverteidigung mit dem Generalstabschef an der Spitze, die für alle militärischen Belange zuständig sein wird. Zumindest interimistisch bis Mai 2022 bleibt der derzeitige Generalsstabschef Robert Brieger oberster Militär. Diesem werden neun Direktionen für alle militärischen Belange zugeordnet – von den Einsatz- und Landstreitkräften über jene der Luftstreitkräfte und die Ausbildung bis hin zur Logistik, Beschaffung und Infrastruktur.
Standorte des Heeres bleiben erhalten
Tanner verwies darauf, dass schon im türkis-grünen Regierungsprogramm Effizienzsteigerungen in ihrem Ressort festgeschrieben seien. Durch weniger Doppelgleisigkeiten und eine Reduktion der Schnittstellen erwarte man sich, dass Abläufe bis zu 75 Prozent schneller werden. Im militärischen Bereich sind abgesehen vor der stärkeren Ausrichtung auf die Einsatzorganisationen keine Einschnitte vorgesehen. Es gehe darum, durch eine Reduktion der Schnittstellen im Ressort ein rasches Führungsverfahren sicherzustellen, sagte Brieger. "Es ist nicht ganz die Wiedergeburt des Armeekommandos", erläuterte der Generalstabschef. Das Armeekommando hatte bis Anfang der 1990er Jahre bestanden, es gebe aber die Möglichkeit, direkt an die Spitze der Truppe zu treten. Durch diese "neue Art der Stabskultur" werde das Bundesheer in die Lage versetzt, schneller zu werden. Militärkommandos und auch Brigaden bleiben unverändert. Auch die Standorte des Bundesheeres bleiben erhalten.
Die Verteidigungsministerin hat das Projekt der neuen Führungsstruktur am Dienstag dem Oberbefehlshaber der Bundesheeres, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, vorgestellt. Die Umsetzung wird jetzt in Angriff genommen. Die Überleitungsphase für die neue Struktur des Verteidigungsministeriums beginnt ab 1. Juli. Der Abschluss ist mit 1. April kommenden Jahres vorgesehen. Dazwischen wird durch die Neuorganisation auch eine Neuausschreibung von Führungsposten notwendig. Van der Bellen hält es, wie er via Twitter mitteilte, für "sicherlich sinnvoll und notwendig", Abläufe im Verteidigungsministerium effizienter zu gestalten sowie Kommandostrukturen des Bundesheeres einsatzbezogen zukunftsorientiert auszurichten.
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"Mit Trennung wird ein Fehler behoben"
Militärexperten bewerten den Umbau der Führungsstruktur unterschiedlich. "Gewisse Straffungen möchte ich nicht in Frage stellen", erklärt der frühere Generalstabschef Edmund Entacher im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Es könne sein, dass "einige Abläufe schneller werden". Zugleich meint Entacher erleichtert: "Ansonsten hat man das Bundesheer – Militärkommanden und Brigaden – Gott sei dank in Ruhe gelassen." Denn es gehe bei der neuen Struktur nicht um das Heer, sondern um das Ministerium. "Ich würde auch das Wort Reform vermeiden", betont der früher ranghöchste Militär. Er erwartet aber nicht nur eine "gewisse Zweckmäßigkeit": "Ich sehe auch den Verlust von etwa 200 Arbeitsplätzen." Vor allem rechnet er auch damit, dass nicht nur rund 15 Führungsfunktionen im Heeresressort neu besetzt werden müssen: "Da wird viel mehr ausgeschrieben werden als die Spitzenposten." Von der Neuorganisation seien auch Abteilungen betroffen, wenn sich dort mehr als 25 Prozent ändere, sei neu auszuschreiben.
Der Präsident der Interessengemeinschaft der Offiziere, Siegfried Albel, begrüßt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" grundsätzlich die Trennung in Verwaltung und militärische Belange. 1991 sei das Armeekommando mitten im Krieg in Ex-Jugoslawien abgeschafft worden: "Das war ein grober Fehler." Die Führung der Armee sei damals in die Zentralstelle verlagert worden. Es sei "klug und gut", wenn man diesen Fehler nun behebe. "Die Trennung zwischen Führung der Armee und der Verwaltung ist grundsätzlich gut und richtig, wenn es auch richtig gemacht wird", so Albel.
Unterstützung kommt von der Offiziersgesellschaft. Deren Präsident Erich Cibulka begrüßt das Vorhaben, "Doppelgleisigkeiten in der obersten politischen und militärischen Ebene" zu beseitigen. Im Fokus müsse dabei aber die Steigerung der Einsatzfähigkeit und nicht die Kostenreduktion stehen. Freiwerdende Ressourcen sollten der Truppe zugutekommen. Auch vom Präsident der Österreichischen Unteroffiziersgesellschaft Markus Auinger kam Zuspruch: Mit der Reform werde die Truppe "deutlich gestärkt" und gleichzeitig die Verwaltung gestrafft.