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Heftige Debatte um Schwarz-Grün

Von WZ-Korrespondent Markus Kauffmann

Europaarchiv
Blumen von der Bundeskanzlerin: Angela Merkel gratulierte Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust. Foto: reu

Die Linke schaffte Einzug in vierten westdeutschen Landtag. | CDU und Grünen zeigen sich offen für Zusammenarbeit. | Berlin. Es kam nicht unerwartet: Bei der Hamburger Landtagswahl verlor die CDU die absolute Mehrheit, landete aber als stärkste Partei mit einem Abstand von fast neun Prozent vor der SPD. Die SPD erreichte trotz Zugewinn von rund fünf Prozent nur das zweitschlechteste Wahlergebnis in ihrer einstigen Hochburg. Die Grünen sind einstellig, während die "Partei der Besserverdienenden", die FDP, im Land der meisten Millionäre an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. Ganz im Gegensatz zur Linken, die auf Anhieb den Einzug in die Hamburger Bürgerschaft geschafft hat und damit im ehemaligen Westdeutschland in vier Landtagen vertreten ist (Bremen, Niedersachsen, Hessen, Hamburg).


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Dennoch waren Umfragen und Hoffnungen verfehlt: Die CDU verlor nicht ganz so viel wie vorhergesagt, die SPD gewann nicht ganz soviel wie erhofft, die GAL (Grün-Alternative Liste) wollte zweistellig bleiben, die FDP rechnete sich Chancen aus, und die Linke verfehlte die zehn Prozent, die sie sich als Ziel gesteckt hatten.

Trost und Aufatmen

Und trotzdem: Am Sonntagabend präsentierten sich alle als Gewinner. Dass die Linken triumphierten, war klar. Dass die CDU sich über den Verlust von beinahe fünf Prozent mit dem Abstand zur SPD hinwegtröstete, ebenfalls. Die SPD atmete auf, weil Spekulationen ihres Bundesvorsitzenden Kurt Beck über eine Kooperation mit der Linken in Hessen dem SPD-Wahlkampf in letzter Sekunde einen schweren Schlag versetzt hatten. Die Alternativen freuten sich über Ole von Beusts (CDU) Verlust der Absoluten. Nachdem der Spitzenkandidat der SPD, Michael Naumann, "beim Leben meiner Kinder" geschworen hatte, nicht mit der Linken zu paktieren, bleiben nun als mögliche Regierungskonstellationen nur die große Koalition oder ein schwarz-grünes Bündnis übrig.

Die zweite Variante sähe er gerne, ließ CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla schon erkennen. Gehörte er doch bereits in den Neunziger-Jahren zur "Pizza-Connection". So nannte man junge Abgeordnete der Grünen und der CDU, die sich öfter in einer Bonner Pizzeria trafen, um mögliche Kooperationen zu sondieren. Sowohl Schwarz als auch Grün betonten zwar, welch "tiefe sachliche Gräben" zwischen ihnen bestünden, versicherten aber beidseitig Gesprächsbereitschaft.

Zusätzliche Option

Sollte es tatsächlich zu einem solchen Bündnis kommen, würde dies die deutsche Parteienlandschaft mindestens so tiefgreifend verändern wie die Etablierung der Linkspartei. Immerhin gewänne die CDU eine zusätzliche Option, denn bisher war sie auf Gedeih und Verderb von ihrem Konkurrenten auf der bürgerlichen Seite abhängig, wollte sie keine große Koalition.

Damit erhält die Hamburger Wahl auch bundespolitische Relevanz, obwohl für die Wähler lokale Themen entscheidend waren. Unmittelbar ändert sich nicht viel: Nach wie vor wird die Union an der Alster den Ersten Bürgermeister stellen. Die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat, in der Länderkammer, bleibt erhalten. Aber mittelbar könnte eine schwarz-grüne Koalition auf die Kombinatorik nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr ausstrahlen.