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Heftige Kritik an Ägypten nach Todesurteil gegen Mursi

Von Arian Faal

Politik
Todesurteil gegen den gewählten Ex-Staatschef Mursi.
© reu/Ghany

Polizist unweit von Kairo erschossen - neue Terrorwelle militanter Muslime befürchtet.


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Kairo/Brüssel. Ägypten ist nach dem Todesurteil gegen Ex-Präsident Mohammed Mursi in der Kritik. Die EU, Washington, die Türkei und der Iran hoffen auf eine Revision des Verfahrens. Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier etwa verlangte eine Überprüfung, ob der Richterspruch nach Recht und Gesetz gefallen sei. Das Weiße Haus zeigte sich in einer ersten Stellungnahme "zutiefst beunruhigt" über eine Aburteilung in Massenprozessen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) wertete den Schuldspruch als "Farce" und Beleg für die vollständige Missachtung von Menschenrechten in Ägypten. Scharfe Worte kamen auch vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der als enger Freund Mursis gilt. Er sprach von einer Rückkehr in das "antike Ägypten". Die Hamas schloss sich der Kritik an und erklärte, einige der verurteilten Muslimbrüder seien bereits in israelischer Haft gesessen. Teheran zeigte sich "empört".

Das am Samstag von einem Gericht in Kairo ausgesprochene Todesurteil kommt knapp zwei Jahre nach Mursis Sturz durch die Armee. Ihm wurde zur Last gelegt, sich Anfang 2011 mit der palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah verschworen haben, um einen Gefängnisausbruch zu organisieren. Der vorläufige Richterbescheid ist aber noch nicht rechtskräftig. Der Großmufti muss das Urteil noch bestätigen, und selbst dann ist eine Revision möglich. Das Gericht setzte dafür den 2. Juni fest. Mursi ist nicht der Einzige, der hingerichtet soll. Mehr als 110 weitere Angeklagte stehen ebenfalls auf der Todesliste des Tribunals in Kairo. Prominenteste Vertreter sind Khairat el-Shater und Mohammed Beltagi, die der inzwischen verbotenen Muslimbruderschaft angehörten.

Zweiter Schuldspruch

Für Mursi selbst ist es der zweite Schuldspruch binnen sechs Wochen. Er war bereits im Vormonat in einem anderen Verfahren wegen Anstiftung zur Gewalt gegen Demonstranten zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Die Verurteilung selbst verfolgte er in einem Käfig im Gerichtssaal. Als Zeichen des Widerstandes reckte er seine Fäuste in die Luft. Am Montag haben zwei Attentäter auf einem Motorrad unweit von Kairo einen Polizisten in seinem Streifenwagen erschossen, so Medienberichte. Dies könnte der Beginn einer Terrorwelle militanter Muslime wegen der Verurteilung Mursis sein.