Gewerkschafter bringen SPÖ-Verhandler unter Faymann in die Bredouille.
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Wien. Ob die Regierungsparteien die geplante ÖIAG-Reform zustande bringen, scheint an einem seidenen Faden zu hängen. Die Gewerkschaft läuft weiterhin massiv dagegen Sturm, dass auch ein Teil der ÖBB und des Autobahnbetreibers Asfinag in die Staatsholding eingebracht werden soll. Bundeskanzler Werner Faymann sind damit in den Verhandlungen mit der Volkspartei "weitgehend die Hände gebunden", wie es hinter den Kulissen heißt.
Für den heutigen Dienstag ist jedenfalls das nächste Treffen des von ihm und seinem Vize Reinhold Mitterlehner geleiteten Reformteams angesetzt. Bei Insidern sind die Erwartungen nicht gerade hochgesteckt, sie rechnen mit keinem "Durchbruch" bei den Gesprächen.
Faymann und mit ihm die SPÖ stehen nämlich vor einem Dilemma. Während die ÖVP bereit wäre, aus ihren Ministerien den Verbund (oder einen Teil), die Bundesforste und die Austrian Real Estate zur Staatsholding zu verlagern, müssten die Sozialdemokraten ebenfalls anbieten, aus ihren Bereichen (Infrastruktur) Bundesbetriebe in die ÖIAG einbringen zu wollen.
"Alles andere wäre für die ÖVP ein schlechter Deal", sagt ein Insider, der namentlich nicht genannt werden will. Denn die SPÖ wolle ja so wie die ÖVP eine Hälfte des ÖIAG-Aufsichtsrats für sich. "Das wird aber nur möglich sein, wenn auch sie etwas einbringt."
Logischerweise wären das zumindest Teile der Bundesbahnen und der Asfinag. Doch da stehen deren mächtige Betriebsräte, der oberste Eisenbahngewerkschafter Roman Hebenstreit und sein Asfinag-Kollege Roman Grünerbl, auf der Bremse. Sie befürchten eine Privatisierung über die Hintertür, sollten "ihre" Unternehmen oder Teile davon der ÖIAG umgehängt werden. Schon vor Wochen haben die beiden Gewerkschafter, denen am liebsten wäre, die Staatsholding würde aufgelöst, mit einem Arbeitskampf gedroht. In einem Brief wenden sie sich nun an die neun Landeschefs, von denen sie Unterstützung bei ihrem Widerstand einfordern.
Aufruf an Landeshauptleute
Eine Eingliederung der ÖBB-Infrastruktur und der Asfinag würde eine Reihe von Bauprojekten und damit die Mobilitätsversorgung gefährden, warnen Hebenstreit und Grünerbl in ihrem Schreiben. Zudem wäre bei einer solcherart neu aufgestellten ÖIAG die Mitsprache der Bundesländer "extrem eingeschränkt". Deshalb ihr Appell an die Landeshauptleute: "Kämpfen Sie gemeinsam mit uns, dass die für die Grundversorgung unverzichtbaren Infrastrukturunternehmen im Besitz der Bürger bleiben und weiterhin einer demokratischen Kontrolle unterliegen."
Dass sich Faymann gegen die Gewerkschaft stellt, halten Beobachter für nicht sehr wahrscheinlich. Zumal der SPÖ-Chef innerhalb seiner Partei geschwächt sei. Faymann hat zwar Erich Foglar im achtköpfigen Reformteam. Seine Rechnung, der ÖGB-Chef würde die Gewerkschaft ruhigstellen, scheint bisher aber nicht aufgegangen zu sein. Auch die Verhandlungsposition von AK-Direktor Werner Muhm, der auf Seiten der SPÖ ebenfalls Mitglied der Arbeitsgruppe ist und dem nachgesagt wird, in den ÖIAG-Aufsichtsrat unbedingt einziehen zu wollen, gilt aufgrund der unverhohlenen Drohungen der Gewerkschaft als geschwächt.
Reformpapier noch heuer?
Ein Konzept für die ÖIAG-Reform will die Regierung laut bisherigen Ankündigungen noch heuer aufsetzen. Grundsätzlich ist geplant, dass die Staatsholding zur OMV, Post und Telekom eine Reihe weiterer Bundesbeteiligungen dazubekommen und die Selbsterneuerung des Aufsichtsgremiums beseitigt werden soll.