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Madrid - Man könnte meinen, am kommenden Sonntag würde in Spanien ein neues Parlament gewählt - so heftig tobt der Wahlkampf für den Urnengang in allen spanischen Gemeinden und in 13 von 17 autonomen Regionen. Regierungschef Jose Maria Aznar von der Volkspartei (PP), der bei den im kommenden Frühjahr anstehenden Parlamentswahlen nicht mehr antreten wird, und der Parteichef der oppositionellen Sozialisten (PSOE) Jose Luis Rodriguez Zapatero lieferten sich im Vorfeld der Regionalwahlen harte Wortgefechte.
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Aznar muss befürchten, dass die Wähler seiner Volkspartei für das Versagen bei der Bewältigung der Ölkatastrophe rund um den Tanker Prestige und für seine unpopuläre Unterstützung des Irakkrieges die Rechnung präsentieren. Besonders heftig tobt der Kampf um das Bürgermeisteramt und das Parlament der Region Madrid, wo nach den letzten Meinungsumfragen ein Patt zwischen der Volkspartei und den beiden Linksparteien PSOE und Vereinigte Linke (IU) herauskommen könnte. Dutzende Künstler und Intellektuelle, unter ihnen Oskar-Preisträger Pedro Almodovar veröffentlichten Donnerstag ein Manifest "Ein anderes Madrid ist möglich, im dem sie zur Wahl der Linksparteien aufrufen. Für die Sozialisten Zapateros wäre eine Rückkehr auf den Bürgermeistersessel in der Hauptstadt, den sie vor 12 Jahren verloren haben, ein gutes Vorzeichen für die Parlamentswahlen im kommenden Jahr. Für Aznar, dessen Frau Ana Botella in Madrid bei den Kommunalwahlen auf dem dritten Listenplatz antritt, wäre eine Niederlage in der Hauptstadt besonders bitter, zumal sich in der zweiten Millionenstadt des Landes, in Barcelona ein ziemlich deutlicher Sieg des sozialistischen Bürgermeisterkandidaten abzeichnet.
Umfragen sagen zwar voraus, dass die Volkspartei in acht der 13 Regionen die Mehrheit der Stimmen erhalten wird und dass sich die Irak-Frage in geringerem Ausmaß in den Wahlresultaten niederschlagen wird, als noch vor wenigen Wochen - je nach politischem Standpunkt - befürchtet oder erhofft wurde. Trotzdem scheint die Regierungspartei nervös zu sein. Auf Antrag der Wahlbehörde der Region Valencia, wo die PP-Mehrheit ungefährdet erscheint, hat die Zentrale Wahlbehörde festgehalten, dass in und um die Wahllokale Botschaften mit "politischem Inhalt" verboten sind. Insbesondere will man damit verhindern, dass Mitglieder der Wahlkommissionen Anstecker mit der Aufschrift "No alla guerra" (Nein zum Krieg) oder "Nunca mais" (Niemals wieder) - Protestparole nach der Tankerkatastrophe - tragen.
Der in Bedrängnis geratene Regierungschef versuchte nun in den Wahlveranstaltungen der letzten Tage mit besonders markigen Sprüchen zu punkten und warf seinem Herausforderer Zapatero vor, gemeinsame Sache mit den Kommunisten zu machen. Knapp eine Woche vor den Wahlen legte die konservative Regierung auch noch ein restriktives Einwanderungsgesetz vor.
Zapatero seinerseits blieb dem Regierungschef aber nichts schuldig. Er beschuldigte Aznar, durch seine Unterstützung der amerikanischen Irak-Politik die Gefahr terroristischer Anschläge in Spanien wesentlich erhöht zu haben. Der sozialistische Parteichef setzte damit offensichtlich auf die 91 Prozent der Spanier, die dem Irak-Krieg ablehnend gegenüberstehen. Postwendend bescheinigte der Regierungschef seinem Herausforderer, dass der nicht die geeignete Größe habe, sich mit dem Terrorismus zu beschäftigen.
Aznar suchte auch beim jüngsten Besuch von Papst Johannes Paul II., dem entschiedensten Kriegsgegner, ganz betont desen Nähe. Der Karikaturist des eigentlich regierungsfreundlichen Blattes "El Mundo" quittierte das mit beißender Kritik. "Er war nicht so streng wie ich befürchtet habe. Ich muss nur fünf Millionen Vaterunser und drei Millionen Ave-Maria beten" lässt er Aznar auf die Frage seiner Frau, ob der Papst irgendetwas zum Krieg gesagt habe, antworten.
Die Frage des heimischen ETA-Terrorismus überlagerte natürlich auch die Wahlkampagne. So wurden etwa im Baskenland bei den Kommunalwahlen 225 von 241 Kandidatenklisten vom Verfassungsgericht nicht zugelassen, weil man ihnen Verbindungen zur verbotenen Batasuna-Partei, dem politischen Arm der ETA nachsagte.
Linkstrend auf
den Balearen hält an
Mit Spannung wird der Wahlausgang neben Madrid auf den Balearen erwartet. Dort wurde die Volkspartei vor vier Jahren erstmals auf die Oppositionsbank geschickt, nachdem sie ihre absolute Mehrheit verloren hatte. Umweltminister Jaume Matas wurde in die Schlacht geschickt, um verlorenes Terrain gutzumachen. Sogar der frühere Außenminister Abel Matutes warf sich noch einmal in die Schlacht. Die jüngsten, von "El Pais" veröffentlichten Umfragen sagen der Volkspartei aber in ihrer ehemaligen Hochburg eine weitere Schlappe voraus. Neben der Führung der Regionalregierung und der Inselräte auf Mallorca, Menorca und Ibiza, die bei den letzten Wahlen im Frühjahr 1999 in die Hände der Mitte-Links-Opposition fielen, könnte diesmal auch noch die letzte Bastion der Volkspartei auf den Balearen, das Bürgermeisteramt in Palma di Mallorca, verlorengehen.