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Heftiger Widerstand gegen EU-Steuer

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Länder gegen, Parlament für Finanzsteuer. | Abgeordnete wollen mehr EU-Mittel.


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Brüssel. Vorsichtig austariert hatte die EU-Kommission ihren Vorschlag für den EU-Finanzrahmen von 2014 bis 2020. Als Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso ihn gestern, Dienstag, im Plenum des EU-Parlaments präsentierte, hatte sich bereits ein erstes Stimmungsbild ergeben: Dass die Finanzverhandlungen zu den schwierigsten zählen, welche die EU kennt, dürfte sich dabei erneut bewahrheiten. Denn obwohl die Vorlage des Portugiesen je nach Lesart fast alle Forderungen der haushaltspolitischen Gegenpole Nettozahler, -empfänger und Parlament erfüllt, hagelte es von vielen Seiten schroffe Absagen und Verbesserungsvorschläge.

Großbritannien, die Niederlande und Deutschland erklärten die Einführung einer neuen EU-Steuer als nicht machbar. Nur Österreich freute sich über Barrosos Idee, die direkten Beiträge aus den Haushalten der Mitgliedstaaten um Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene zu reduzieren. „Zu teuer” war die Vorlage über 972 Milliarden Euro über sieben Jahre oder ein Prozent der EU-Wirtschaftsleistung aber auch Finanzministerin Maria Fekter. Zusätzlich protestierten Frankreich, Schweden, Italien und Dänemark gegen die reale Steigerung des Mehrjahresbudgets gegenüber 925 Milliarden Euro in der laufenden Periode 2007 bis 2013. Paris tobt gleichzeitig, weil Agrarförderungen, von denen französische Bauern am meisten profitieren, gekürzt werden sollen. Dass die EU-Ausgaben derzeit durchschnittlich 1,06 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen und daher im Verhältnis sogar sinken sollen, haben die Nettozahler nicht gewürdigt.

Geizig oder mutig?

Auf der anderen Seite finden die vier größten Fraktionen im EU-Parlament die Finanztransaktionssteuer hervorragend, das Ausmaß von Barrosos Vorschlag aber zu geizig. Eine „Minimallösung” ortete Othmar Karas, Vizepräsident der Europäischen Volkspartei. „De facto einfrieren” wolle die Kommission den EU-Haushalt, beschwerte sich Martin Schulz, Fraktionschef der Sozialdemokraten. Dabei würden die Aufgaben der EU - nach dem Lissabonner Vertrag - immer mehr. Dass sich die Union von 2014 bis 2020 Ausgaben bis zu 1025 Milliarden Euro zusagen darf und inklusive außerbudgetärer Posten wie Kernfusionsforschung und EU-Fonds für Entwicklungs- oder Katastrophenhilfe exakt die Forderungen des Parlaments von 1,11 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung oder 1083 Milliarden erfüllt, wurde nicht erwähnt.

Die positivste Rückmeldung erhielt Barroso noch von Guy Verhofstadt, dem Fraktionschef der Liberalen. Die Vorschläge seien „mutig und innovativ”, erklärte der Belgier. Argumente gegen eine EU-Abgabe seien zudem fast immer falsch. „Wenn von einer neuen EU-Steuer die Rede ist, heißt das nicht, dass ein Cent mehr für die EU ausgegeben wird”, stellte er klar. Der EU-Haushalt setze sich nur anders zusammen. Denn derzeit kommen gut 75 Prozent aus den Haushalten der Mitgliedstaaten, bis 2020 soll dieser Anteil durch mehr eigene EU-Einnahmen auf 40 Prozent gedrückt werden. So hat es zumindest die Kommission vorgeschlagen - und wie erwartet heftigsten Widerstand geerntet.