Zum Hauptinhalt springen

Hehre Absichten dominieren

Von Katharina Schmidt

Politik

Mehr Geld für Infrastruktur, Schule und Familien. | Schwammige Formulierung zur bedarfsorientierten Mindestsicherung. | Wien. Jetzt liegt es also vor. Das Regierungsübereinkommen für die XXIV. Legislaturperiode ist ganze 267 Seiten stark. In der Präambel wird zunächst einmal erklärt, dass die "Herausforderungen an die Politik groß" sind, auch geben SPÖ und ÖVP ein Bekenntnis zur gemeinsamen Arbeit ab. Doch was hat sich die große Koalition nun konkret vorgenommen?


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Im Folgenden die wichtigsten Punkte im Detail:

* Als "Selbstzerstörungsmechanismus" wurde bereits der Passus zum gegenseitigen Überstimmen beschrieben: Die Zusammenarbeit "gilt als beendet, wenn gegen den Willen einer Koalitionspartei im Plenum oder in den Ausschüssen des Nationalrats mit Stimmen von Abgeordneten der anderen Koalitionspartei ein Beschluss gefasst wird." Im Klartext: Es herrscht Koalitionszwang, der auch bei Volksabstimmungen (etwa über einen neuen EU-Vertrag) gilt.

* Im Bereich Wirtschaft wird ein zweites Konjunkturpaket verabschiedet. Unter anderem wird die Bundesimmobiliengesellschaft "konjunkturbelebende Maßnahmen" vorziehen, also etwa die Sanierung öffentlicher Gebäude. Ein Volumen von 100 Millionen Euro soll ein Programm zur thermischen Sanierung von Häusern haben. Die Finanzierung des Arbeitsmarktservice wird erhöht, dazu kommen 50 Millionen Euro jährlich zusätzlich für Forschung und Entwicklung.

* Unter dem Punkt Arbeit sind folgende Ziele angeführt: Bis 2010 soll die AMS-Fachkräfteausbildung auf 10.000 aufgestockt werden. Was die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU betrifft, so wird die Übergangsfrist für neue EU-Mitgliedstaaten voll ausgeschöpft (bis 2011).

* Im Bereich Infrastruktur bekommen ÖBB und Privatbahnen mehr Geld: 2009 rund 100 Millionen Euro, 140 Millionen im Jahr 2010, dann 180, 190 und im Jahr 2013 schließlich 210 Millionen Euro. Auch gibt es ein Sonderinvestitionsprogramm für die rollende Landstraße - in welchem Ausmaß, ist unklar.

* Was Umwelt und Landwirtschaft betrifft, so planen SPÖ und ÖVP ein Bundesklimaschutzgesetz. In den kommenden zwei Jahren sollen Anreize für die "bundesweite Mindestversorgung" mit alternativen Energien und Stromtankstellen gesetzt werden.

* Im Justizkapitel ist angedacht, die Teilnahme an Terrorcamps unter Strafe zu stellen und die Online-Durchsuchung zu ermöglichen. Schlechte Zeiten kommen auf Hooligans zu: Besitz und Verwendung pyrotechnischer Gegenstände in der Nähe von Sportgroßveranstaltungen werden verboten. Weiters soll ein Jugendgericht mit eigener Haftanstalt in Wien errichtet werden.

* Im Innenressort soll es jährlich 1000 neue Polizei-Ausbildungsplätze geben. Das Verpflegungsgeld für Zivildiener wird erhöht. Und: "Auf der Briefwahlkarte soll vom Wähler in Zukunft anstatt der detaillierten Angaben zu Wahlort, Uhrzeit und Datum nur mehr die eidesstattliche Erklärung (Unterschrift) abgegeben werden müssen."

* Ebenfalls ins Innenressort fallen die Bereiche Asyl und Zuwanderung. Mit der Einführung der "Rot-Weiß-Rot-Card", eines kriteriengeleiteten Zuwanderungssystems für qualifizierte Einwanderer, fällt die Abschaffung der Quote für Schlüsselarbeitskräfte. Für Topmanager, Studenten und Wissenschafter soll es verbesserte Aufenthaltsbedingungen geben. Nichts Neues gibt es beim Bleiberecht: Sogenannte Altfälle (vor der Asylgesetz-Novelle 2003) sollen eventuell die Möglichkeit einer Antragstellung bekommen. Im Asylbereich wird eine Sperrfrist für Folgeanträge eingeführt. "Dafür wird ein Last-Minute-Verfahren geschaffen, das (.. .) die Zulässigkeit eines neuerlichen Asylantrages, der im Abschiebungsvorgang gestellt wird, klären wird", heißt es. Weiters werden eine Erstaufnahmestelle im Süden und ein Kompetenzzentrum für Abschiebungen errichtet.

* Im Bereich Familie sollen Stiefeltern "in die Verantwortung um das Kind eingebunden" werden. Das Kinderbetreuungsgeld wird einkommensabhängig. Zudem ist eine "Flexibilisierung der Zuverdienstregelungen" angedacht. Dazu kommt die Einführung eines verpflichtenden, kostenlosen letzten Kindergartenjahres (vormittags).

* Was das Kapitel Pensionen und Soziales betrifft, so soll eine Übergangslösung für die 2013 auslaufende Hacklerreglung geschaffen werden. Kindererziehungs- und Pflegezeiten sollen besser für die Pension anrechenbar sein. Im Sozialministerium wird ein Pflegefonds eingerichtet. Weiters im Programm: "Die Bundesregierung wird auf Basis der vorliegenden Arbeiten über die bedarfsorientierte Mindestsicherung deren Umsetzung zügig vorantreiben."

* Abgesehen vom Bekenntnis zur Einführung der elektronischen Gesundheitsakte (Elga) ist im Gesundheitskapitel nicht viel Neues zu lesen.

* In Sachen Bildung und Universitäten haben sich die Koalitionspartner auf die Einführung von Modellregionen zur Neuen Mittelschule in allen Bundesländern geeinigt. Weiters wird angedacht, Kindergärtner, Volksschul- und AHS-Lehrer an Hochschulen auszubilden. 50 Millionen Euro jährlich mehr stehen dem Unterrichtsministerium zur Verfügung. Die Bezirks- und Landesschulräte werden abgeschafft, Bildungsdirektionen eingerichtet. Die Unis müssen eine verpflichtende flexible Studieneingangs- und Orientierungsphase durchführen und dürfen Kriterien für Masterstudien aufstellen.

* Auch die geplante Steuerreform ist noch einmal im Regierungsprogramm verankert: Die untere Grenze für die Bezahlung von Einkommenssteuer wird von 10.000 Euro auf 11.000 Euro angehoben, bis 25.000 Euro Einkommen zahlt man dann nur mehr 36,50 Prozent statt 38,33 Steuer, bis 60.000 nur mehr 43,2 Prozent (bisher 43,60) und erst darüber fallen 50 Prozent Einkommensteuer an.

Das vollständige Programm als PDF