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Heikle Inserate des Innenministeriums

Von Martina Madner

Politik

10 Millionen Euro gab das Innenressort seit Oktober 2019 für Inserate aus.


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In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des FPÖ-Fraktionsführers im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss Christian Hafenecker legt Innenminister Gerhard Karner offen, dass das Ministerium zwischen Oktober 2019 und Mai 2022 im Rahmen von knapp 200 Medienkooperationen insgesamt 10.022.770 Euro ausgegeben hat. "Das Innenministerium ist offenbar eine Drehscheibe für Persönlichkeitswerbung der ÖVP", sagt Hafenecker.

Besonders viel von diesen "horrenden Werbeausgaben" (O-Ton Hafenecker) floss an den Boulevard: 2,2 Millionen Euro an die "Kronen Zeitung"; 2,0 Millionen Euro an Österreich und 1,6 Millionen Euro an Heute. Aber nicht nur das: Das Magazin "Österreich sicher" soll bis zum Jahresende insgesamt 674.605 Euro erhalten, obwohl es laut Hafenecker "kaum Werbewert" bringe.

Der FPÖ-Mandatar vermutet dahinter "eine Cashcow ÖVP-naher Geschichten", mehr noch: "Ich schließe die Möglichkeit einer riesengroßen Kickback-Maschinerie nicht mehr aus." Er unterstellt dem von der ÖVP geführten Innenministerium die "missbräuchliche Verwendung öffentlicher Gelder für Parteizwecke".

Thema im U-Ausschuss

Hafenecker machte "Österreich sicher" zum Thema, weil es schon 2016 in Handy-Chats zwischen dem früheren Kabinettschef im Innenministerium Michael Kloibmüller und dem früheren Wiener Landesvizepräsidenten Karl Mahrer, nunmehr ÖVP-Wien-Chef und Stadtrat ohne Geschäftsbereich, vorgekommen sei.

In der Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls der Befragung Kloibmüllers vom 10. Mai 2022 ist nachzulesen, was Hafenecker aus den Chats zitiert. Mahrer habe Kloibmüller zugesichert, dass das Magazin das "wichtigste Trägermedium" der Kampagne mit dem Titel "Gemeinsam Sicher" werde, "und das ohne finanzielles Risiko und mit vollem redaktionellen Einfluss". Kloibmüller sagte damals allerdings, dass er diese Chats "bislang nicht kenne" und zum Sachverhalt selbst, dass er dazu "keine Wahrnehmung" habe.

32.744 Euro pro Seite

Hafenecker äußerte in seiner Anfrage in Richtung Karner den "Verdacht, dass es hier möglicherweise zu unrechtmäßigen Absprachen zwischen ihrem Ressort und den Medieninhabern der Zeitschrift in Bezug auf lnseratenvergabe, Kennzeichnungen bezahlter Einschaltungen und redaktionellem Einfluss gekommen sein könnte". Er habe nun eine Sachverhaltsdarstellung und Strafanzeige gegen Mahrer, Kloibmüller und unbekannte Täter bei der Staatsanwaltschaft eingereicht.

In der Liste der Medienkooperationen kommt die Kampagne "Gemeinsam Sicher" jedenfalls mit fünf einseitigen Inseraten vor. Für jenes, das am 22. März erschienen ist, bezahlte das Innenministerium jedenfalls 32.744 Euro brutto. Als Begründung für die Bewerbung heißt es aus dem Innenministerium: "Österreich sicher richtet sich direkt an Haushalte und wird in einer Auflage von zumindest 250.000 Stück auch an solche übermittelt." Dazu werde es in Spar-Supermärkten verteilt. Das ist in den Mediadaten des Magazins nachzulesen.

Andy Kaltenbrunner, Medienforscher und Gründer des Medienhauses Wien, der sich mit Regierungsinseraten in Medien auseinandersetzt, spricht von einem "beachtlich hohen Betrag". Zum Vergleich, eine ganze Seite im Anzeigenteil der "Kronen Zeitung" kostet laut deren Mediadaten unter der Woche 33,512,40 Euro bei 1,76 Millionen Lesern.

Zusätzliche Berichterstattung

In der ersten Ausgabe 2022 sind neben dem Inserat weitere neun Seiten Berichterstattung über "Gemeinsam Sicher" ohne Kennzeichnung nach Artikel 26 des Mediengesetzes zu finden: Die Berichte sind genauso blau umrandet wie das Logo der Kampagne, das auf jeder Doppelseite zumindest einmal zu finden ist. Stimmen der Opposition oder unabhängiger Experten sind im Artikel allerdings keine zu finden. Publizistik-Professor Fritz Hausjell bezeichnet das aber als Mindestkriterien für unabhängigen Journalismus. Er ortet eine "systematische Verzerrung zugunsten des Inserenten, weil nur eine Seite zu Wort kommt".

Auf die Frage nach dem Einfluss des Ministeriums auf Inhalte des Magazins heißt es in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage schlicht: "Nein." Aus dem Innenministerium heißt es auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" dazu: "Es gibt und gab keine Vorgaben des Ministeriums. Die Informationen wurden auf Anfrage von der jeweiligen Organisationseinheit zur Verfügung gestellt - rechtliche Basis ist das Auskunftspflichtgesetz." Auch "Österreich sicher"-Chefredakteur Michael Grassl-Kosa sagt knapp: "Ich persönlich habe überhaupt keine Vorgaben erhalten." Herausgeber Thomas Strachota reagierte am Mittwoch nicht auf eine Mail-Anfrage, laut seinem Büro befindet er sich auf Urlaub.

Hausjell und Kaltenbrunner meinen allerdings, es sei schwierig zu überprüfen, ob es den Text auch ohne das Inserat gegeben hätte. Beide fordern nach der Reform der Mediengesetze durch Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) transparente Angaben zu den Kommunikationszielen von Kampagnen und zum Medienplan. "Erst so kann man fachlich beurteilen, ob Steuergeld tatsächlich effektiv und effizient eingesetzt ist", sagt Hausjell.