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Heikle Mission

Von WZ-Korrespondentin Birgit Svensson

Politik

Minister Steinmeier vermittelt in Teheran und Riad - Es geht auch um große Wirtschaftsaufträge.


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Erbil. Die Reise war von Anfang an umstritten. Selbst der eigene Koalitionspartner CDU kritisierte schon im Vorfeld die Pläne des sozialdemokratischen deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier, Iran und im gleichen Atemzug Saudi-Arabien zu besuchen. Vor allem sein Besuchsprogramm in Riad rief die Kritiker auf den Plan. Zusammen mit dem saudischen König Salman weiht Steinmeier das Janadriyah-Kulturfestival ein, das größte jährliche Kulturfest am Golf.

"Angesichts von Massenexekutionen halte ich die Teilnahme an einem Kulturfestival für unangebracht", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Norbert Röttgen. Für einen deutschen Minister sei es unangemessen, mit dem Regime in Riad in der Wüste lustige Feste zu feiern, stimmte der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Armin Laschet, in die Kritik mit ein. Anfang des Jahres hatte Saudi-Arabien 47 Menschen hingerichtet, so viele wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Unter den Exekutierten war auch der schiitische Geistliche Nimr Baqir al-Nimr. Daraufhin stürmte ein Mob in Teheran die saudische Botschaft, was das Königreich zum Anlass nahm, die diplomatischen Beziehungen zum Iran abzubrechen.

Steinmeier wolle zwischen den verfeindeten Parteien vermitteln, heißt es als Begründung für die Reise aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Die Spannungen zwischen dem sich als Schutzmacht der Schiiten begreifenden Iran und dem sunnitischen Gegenpart Saudi-Arabien drohten im Jänner zu explodieren. Das ist der eine Grund, warum der deutsche Außenminister die beiden Länder in dieser Woche im Doppelpack besucht. Er habe große Sorge, "dass die Konflikte zwischen Saudi-Arabien und dem Iran Rückwirkungen auf den mühsam begonnenen Verhandlungsprozess über Syrien haben". Iran und Saudi-Arabien seien "Schlüsselstaaten" zur Lösung des Syrienkonflikts. "Wir setzen darauf, dass in Teheran und Riad verstanden wird, dass wir beide brauchen."

Stellvertreterkrieg in Syrien

Auch wenn der Iran seit Neuestem wieder als hoffähig für westliche Länder gilt, ist die Haltung des Ajatollah-Staates in der Syrien-Krise unverändert. Starr halten die Iraner an Machthaber Bashar al-Assad fest und sind bislang zu keinem Kompromiss bezüglich der Zukunft des Diktators bereit. Nach wie vor erhält er Waffen, Munition und militärische Ausrüstung aus Teheran. Sogar Bodentruppen in Form der iranischen Revolutionsgarden und der libanesischen Hizbollah operieren für Assad auf Geheiß Irans.

Riad dagegen verhält sich in puncto Syrien derzeit etwas konstruktiver als Teheran. Trotz aller Widerstände gelang es den saudischen Herrschern, die verschiedenen syrischen Rebellengruppen zum Dialog in Genf zu bewegen, auch wenn das Treffen mit erheblicher Verzögerung begann. Das zeigt einmal mehr, wie einflussreich Saudi-Arabien im syrischen Konflikt inzwischen ist und wie sehr die Rebellen nach der Pfeife Riads tanzen. Ohne die großzügige finanzielle Unterstützung der sunnitischen Scheichs müssten die ebenfalls sunnitischen Rebellengruppen in Syrien längst ihren Kampf aufgeben. Ohne die Zuwendungen aus Riad wäre die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) nie das geworden, was sie jetzt ist. Ein Stellvertreterkrieg zwischen Iran und Saudi-Arabien auf syrischem Territorium ist in vollem Gange. Längst sind die Fronten aufgeteilt in die Interessen beider Länder. Was anfangs völlig unübersichtlich erschien, bekommt mehr und mehr eine gefährliche Ordnung. Selbst wenn der IS jemals besiegt werden sollte, wäre der Konflikt damit noch lange nicht zu Ende.

Folter und Hinrichtungen

Doch es gibt noch einen anderen Grund für die Reise des deutschen Außenministers in die beiden Länder, die sich kaum unterscheiden, wenn es um die Achtung der Menschenrechte geht. Teheran wie Riad treten diese mit Füßen. Folter, Hinrichtungen, ja sogar Steinigungen sind in beiden Ländern an der Tagesordnung. Mit Kritikern macht man kurzen Prozess. In den Jahresberichten von Amnesty International werden beide Staaten mit langen Listen von Menschenrechtsverstößen aufgeführt. "Ja, man werde dies auch ansprechen", heißt es fast schon lapidar auf die Fragen von Journalisten, die im Tross Steinmeiers mitreisen.

Wichtiger als die Klärung der Würde des Menschen scheint dem obersten deutschen Diplomaten aber dann doch die Anliegen der anderen Reisebegleiter zu sein - jener Wirtschaftsvertreter, die in Teheran nach Aufhebung der Sanktionen Morgenluft wittern. Auch die Wünsche der Vertreter der Bremer Lürssen-Werft dürften nicht unwichtig sein. Sie baut für Saudi-Arabien militärische Patrouillenboote.