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Die Bundesregierung hat erste Lockerungen der Corona-Maßnahmen nach dem Lockdown ab 8. Februar festgelegt. Unterrichtsminister Faßmann will Schulen nur mit "größter Vorsicht" öffnen.
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Es waren intensive, stundenlange Beratungen, bevor am Montagabend klar wurde, wie es nach dem bis 7. Februar dauernden Lockdown wegen der Corona-Epidemie weitergeht. In den Schulen wurde ab 8. Februar in Wien und Niederösterreich die Rückkehr vom Heimunterricht in die Klassen beschlossen. In den anderen Bundesländern wird ab 15. Februar nach den dortigen Semesterferien der Präsenzunterricht in den Schulen wieder aufgenommen. In der Volksschule werden die Klassen nicht geteilt, es gibt also täglichen Präsenzunterricht. In höheren Schulstufen gibt es dagegen Schicht-Betrieb. Zwei Mal wöchentlich wird jeweils getestet. Und weitere Details über den neuen Schulbetrieb gibt Minister Faßmann am Dienstag in einer Pressekonferenz bekannt.
Für die meisten Diskussionen sorgte jedoch die Öffnung der Dienstleistungsunternehmen und Handelsgeschäfte, für die es lediglich unter ganz strengen Auflagen grünes Licht geben wird. So muss man ab 8. Februar für einen Friseurbesuch einen Test vorlegen, der nicht älter sein darf als 48 Stunden. In allen Geschäften gilt auch für Kunden eine FFP2-Maskenpflicht. Pro Kunde müssen zudem 20 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Auch Museen, Galerien und Tiergärten dürfen unter den gleichen Auflagen wieder öffnen.
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Die Ausgangsbeschränkungen zwischen 20 und 6 Uhr bleiben bestehen. Am Tag dürfen sich nur zwei Haushalte treffen. Das nächste Mal Bilanz zieht die Regierung laut Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in zwei Wochen. Dann werde über allfällige weitere Lockerungen entschieden oder aber auch erneut verschärft, sollten sich die Zahlen verschlechtern. Sollte wieder ein exponentielles Wachstum eintreten, was laut Kurz ein realistisches Szenario ist, werde man bei Verschärfungen nicht zögern, kündigte der Kanzler an.
Ohne Test kein Schul-, sondern Heimunterricht
Die Frage der ersten Lockerungen nach dem dritten Lockdown, der bereits seit 26. Dezember dauert, sorgte für ein heftiges Tauziehen um jedes Detail. Der Druck, den Heimunterricht zu beenden, war zuletzt besonders groß geworden. Die türkis-grüne Bundesregierung hat bis zuletzt vor allem gezögert, weil die Zahl der Neuinfektionen weiterhin pro Tag bei deutlich über 1.000 Fällen gelegen ist. Massive Bedenken gab es aber auch wegen der besonders infektiösen britischen und der südafrikanischen Corona-Mutationen, die auch in Österreich nachgewiesen worden sind. Jetzt sollen die Schulen wieder geöffnet werden, allerdings nur für jene, die sich in der Schule testen.
Kurz hatte im Vorfeld der Beratungen im Stundentakt ab Montagvormittag um 10 Uhr versprochen, dass die Regierung eine Perspektive für das weitere Vorgehen liefern werde. Von Vertretern der Wirtschaft, aber auch von der Bevölkerung war besonders mehr längerfristige Planungssicherheit eingefordert worden, etwa auch für die Gastronomie und die Hotellerie.
Für Schüler, Eltern, Lehrer und Direktoren war die Situation wegen des wochenlangen digitalen Heimunterrichts bereits besonders schwierig. Experten haben nicht nur vor Problemen besonders für Schüler aus sozial schwachem Elternhaus und aus Familien mit Migrationshintergrund gewarnt. Dazu kamen Ende Jänner auch noch Alarmrufe wegen der zunehmenden psychischen Belastung für Kinder und Jugendliche, weswegen in psychiatrischen Abteilungen wie am Wiener AKH manche Betroffene auf monatelange Wartelisten genommen werden mussten. Der Heimunterricht in den Pflichtschulen dauert bereits seit 7. Jänner, in den Oberstufen sogar bereits seit 3. November. Deswegen war der Wunsch nach einer Rückkehr der Schüler in die Klassen zumindest in eingeschränkter Form unüberhörbar.
Fest stand von vorneherein, dass eine Rückkehr in die Schulen für ältere Schülerinnen und Schüler nur im Schichtbetrieb mit geteilten Klassen möglich sein wird. Schon im Jänner wurden vom Bildungsministerium Corona-Selbsttests für Schüler ausgeliefert, um das Ansteckungsrisiko zu vermindern. Für den Schichtbetrieb in Schulen hat der Bildungsminister bereits bis zu den Osterferien Ende März/Anfang April mit einer Verordnung Vorsorge getroffen.
FFP2-Masken für Schüler ab 14 Jahren
Fixiert wurde, dass Schüler ab dem 14. Lebensjahr und ältere Schüler im Unterricht eine FFP2-Maske tragen müssen. Unterschieden wird nunmehr zwischen Volksschule und höheren Schulstufen. In ersterer werden die Klassen wieder zur Gänze in den Unterricht zurückkehren. Allerdings wird zwei mal pro Woche getestet und das vor Ort mit dem sogenannten Nasenbohr-Test, der verhältnismäßig einfach und nicht schmerzhaft ist. Für ältere Schüler gibt es einen Schicht-Unterricht in zwei Gruppen, wobei jeweils zwei Tage geblockt werden. Am ersten von diesen gibt es einen Corona-Test. Wenn Eltern den Test für ihre Kinder verweigern, müssen diese unabhängig von der Schulstufe im Distance Learning bleiben. In der Oberstufe gilt auch für Schüler eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken.
Bildungsminister Heinz Faßmann hatte das am Sonntag in der ORF-Sendung "Hohes Haus" damit begründet, dass es eine möglichst einheitliche Regelung bei den Schutzmasken, die auch in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Lebensmittelgeschäften getragen werden müssen, geben sollte. Der Druck der Wirtschaft, aber auch von Länderseite - etwa von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) - für kleine Öffnungsschritte nach dem seit 26. Dezember bestehenden dritten Lockdown ist zuletzt immer stärker geworden. Stelzer hat in der "ZiB 1" am Sonntag sonst einen "Lagerkoller" bei der Bevölkerung befürchtet.
Schärfere Regeln für Einreise nach Österreich
Gleichzeitig gibt es in der Bundesregierung vor allem große Sorgen wegen der Auswirkungen der infektiöseren britischen Corona-Mutation. Um diesbezüglich das Risiko zu reduzieren, werden die Einreiseregeln voraussichtlich ab Dienstag nochmals verschärft. Für Flüge aus Ländern mit besonders hohen Corona-Infektionsraten wurden Landeverbote vorbereitet, an den Grenzen werden die Kontrollen verschärft. Zudem werden die Strafen bei Verstößen gegen die Covid-Maßnahmen wie Masken- und Abstandspflicht erhöht.
SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner hatte sich nach der Aussprache mit der Regierung zu Mittag vorsichtig gezeigt. Ihr ist vor allem die rasche Umstellung von Heim- auf Präsenzunterricht wichtig. Ähnliches gilt für Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. FPÖ-Obmann Norbert Hofer sah sich durch die Situation der Corona-Mutationen in der Kritik an der bisherigen Strategie der Regierung bestätigt.
Handel erfreut, Opposition skeptisch
Die ersten Öffnungsschritte im Handel und bei den körpernahen Dienstleistern seien sowohl psychologisch als auch wirtschaftlich entscheidend für tausende Existenze, betonte Harald Mahre, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). "Die Betriebe und ihre Mitarbeiter bekommen dadurch endlich die schon so dringend notwendige Perspektive für einen Weg aus der Krise. Die Regierung hat damit die richtige Balance zwischen gesundheitlichen Notwendigkeiten und wirtschaftlicher Vernunft gewählt, der nach den monatelangen Lockdows sowohl wichtig für die Stimmung im Land und das wirtschaftliche Überleben unserer Betriebe ist", gab Mahrer in einer Aussendung bekannt.
WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik und Handelsverband-Obmann Rainer Will begrüßten die Entscheidung der Regierung, den Handel unter Auflagen ab 8. Februar zu öffnen. "Damit bekommt der heimische Handel Hilfe zur Selbsthilfe, nachdem aktuell fast ein Drittel der Händler von Zahlungsunfähigkeit betroffen ist", sagte Will in einer ersten Stellungnahme.
Unterschiedlicher Meinung ist die Opposition über die von der Regierung angekündigten Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen - und zwar in drei Stufen: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zeigte sich sehr skeptisch, ihr gehen die Lockerungen zu weit. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich sehr zufrieden damit - und FPÖ-Obmann Nobert Hofer hätte gern alle Sperr-Maßnahmen sofort beendet.
"Nächster Lockdown droht"
Die Schulöffnung - mit Selbsttests - erachtet zwar auch Rendi-Wagner als "richtig und notwendig". Aber mit den Lockerungen darüber hinaus "geht die Bundesregierung ein großes Risiko ein", meinte sie in einer Stellungnahme gegenüber der "Austria Presse Agentur", denn die Infektionszahlen seien immer noch sehr hoch. Die Regierung rücke von ihrem selbst gesteckten Ziel (700 Neuinfektionen pro Tag) ab. "Ich hoffe sehr, dass die Regierung dieses Risiko kontrollieren kann", meinte die SPÖ-Chefin. Scheitere man daran, "droht in wenigen Wochen die dritte Welle und der nächste Lockdown. Die Verantwortung dafür trägt die Bundesregierung."
"Es wird genau das umgesetzt was wir am Wochenende gefordert haben", freute sich hingegen NEOS-Chefin Meinl-Reisinger in einer ersten Stellungnahme. Freilich sollte aber, meinte sie, die Möglichkeit der Tests in Schulen aber auch bei körpernahen Dienstleistern "gut genutzt" werden - und wies darauf hin, dass auch niederschwellige Testmöglichkeiten in Betrieben möglich gemacht und als Bestätigung herangezogen werden könnten. Wichtig wäre zudem, dass die digitale Kontaktnachverfolgung weiter ausgebaut wird.
FPÖ-Chef Norbert Hofer greifen die Öffnungen zu kurz: Nicht nur der Handel, auch Hotellerie und Gastronomie sollten geöffnet werden, damit die Menschen in Cafes und Restaurants gehen können - und sich nicht weiterhin im privaten Bereich - wo keine Sicherheitsregeln eingehalten werden - anstecken. Diesen "Hot Spot des Infektionsgeschehens" habe die Regierung nicht entschärft. Die Öffnung des Handels hält laut einer Aussendung Hofer für gut, aber Tests vor dem Besuch privater Dienstleister (wie Friseure oder Fußpflege) lehnt er ab. Das schaffe eine "Zweiklassen-Gesellschaft".
Aufatmen der Friseure
Die heimischen Friseurinnen und Friseure freuen sich, nach sechs Wochen coronabedingter Schließung ab 8. Februar wieder aufsperren zu dürfen. Für die Branche mit 9.000 Unternehmen und über 17.000 Beschäftigten sei das "ein großes Aufatmen", sagte Bundesinnungsmeister Wolfgang Eder am Montagabend zur APA: "Dafür nehmen wir auch stärkere Auflagen in Kauf." Die künftig verpflichtenden Eintritts-Tests, die nicht älter als 48 Stunden sein dürfen, bezeichnete Eder als "sinnvoll".
Die Eintrittstests seien "eine tolle Sache", weil sie Beschäftigten, Geschäftsinhabern und Kundinnen Sicherheit geben würden. "Vielleicht können wir sogar als Vorreiter einer zukünftigen Strategie eingesetzt werden", so Eder. Als Problem sehe er die Verpflichtung zur Kontrolle der Tests nicht. Wahrscheinlich werde man sich an solche Eintrittstests gewöhnen müssen, etwa auch im Kulturbereich. Dafür bekomme man eine größere Freiheit.