Das Keilen von Kunden in Spitälern ist Anwälten verboten. | Praxisschild eines Arztes darf nicht größer als einen Meter sein. | Wien. Für viele Freiberufler und Mitarbeiter der Gesundheitsbranche ist Werbung für die eigene Tätigkeit nur beschränkt möglich. Entsprechende Gesetze verbieten es. Vielfach stecken aber auch historisch bedingte Standesregeln dahinter, die die Ehre eines prestigeträchtigen Berufsstandes zu schützen versuchen.
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Mitunter sind es Standesregeln, die innerhalb der Branchen aber immer öfter als nicht mehr zeitgemäß erscheinen. Die Kritik: Es handle sich um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit, die europarechtlich bedenklich sei.
"Rechtsanwälten ist Werbung gestattet, sofern sie über die berufliche Tätigkeit sachlich informiert und mit den Berufspflichten im Einklang steht", betont Markus Deutsch vom Verband für Werbung und Marktkommunikation der Wirtschaftskammer Österreich (WKO).
So ist es legitim, sich in dezenten Sujets als Experte im Steuerrecht auszuweisen. Auch die Namen großer Kunden dürfen genannt werden, sofern diese zustimmen. Unzulässig ist hingegen marktschreierische Reklame: Dazu gehören etwa die vergleichende Werbung gegenüber Standesangehörigen, die Bezugnahme auf Erfolgszahlen oder das Anbieten von Rabatten für Rechtsberatung.
Nicht zu aufdringlich
"Auch Keil-Aktionen wie das Austeilen von Visitenkarten oder Vollmachtsformularen in Krankenhäusern oder bei Katastrophen ist unzulässig", unterstreicht der Werberechtsexperte Axel Anderl von der Rechtsanwaltskanzlei Dorda Brugger Jordis.
Während die Türschilder von Rechtsanwälten mitunter ganze Gebäudefassaden zieren, unterliegen Ärzte hier klaren Beschränkungen. Laut WKO-Experten Deutsch darf ein Arztpraxisschild zwar in der Nacht leuchten, nicht aber zu aufdringlich und größer als einen Quadratmeter sein. Auf der Tafel muss ein Mindestinhalt - Titel, Name und die Berufsbezeichnung - angegeben sein. Ein Hinweis auf ein Massage- oder Kosmetikinstitut, das eventuell auch zur Arztpraxis gehört, ist am selben Schild hingegen nicht erlaubt.
Wie bei Rechtsanwälten ist auch für Ärzte aufdringliche Selbstanpreisung im Fernsehen oder an Plakaten untersagt: Wer sich als "Aids-Heiler" oder "besten Chirurgen der Stadt" betitelt, bekommt rechtliche Schwierigkeiten. Weiters sind auf Anfrage in Medien abgegebene individuelle Diagnoserstellungen und Therapieanweisungen aus der Ferne unzulässig.
Auch Rabattaktionen für diverse Schönheitsoperationen - wie sie etwa im englischsprachigen Raum erlaubt sind - stehen in Österreich auf der Verbotsliste. Der Grund: "Es sollen nicht Leistungen aufgeschwatzt werden, die der Kunde nicht braucht. Gesundheit ist ein wichtiges Gut", sagt der WKO-Werbeexperte Deutsch.
Dies gilt speziell auch für die Werbung mit Medikamenten. Sobald Tabletten & Co. rezeptpflichtig sind, dürfen sie von Pharmafirmen nicht in der breiten Masse beworben werden. Erlaubt ist ausschließlich Werbung in Fachmedien, die sich an Ärzte oder Apotheker richten.
Bei Werbung für nicht rezeptpflichtige Kopfwehtabletten oder Hustensäfte gilt: Die Hersteller müssen auf die Nebenwirkungen hinweisen. "Zudem bestehen zahlreiche weitere Restriktionen wie auch das Verbot, die Notwendigkeit eines Arztbesuchs überflüssig erscheinen zu lassen", sagt Anderl.
Schwindel im Internet
Aufgrund der strengen Werbeauflagen komme es immer wieder vor, dass Pharmafirmen über Schleichwege versuchen, ihre Medikamente an den Mann zu bringen, so der Werberechtsexperte. Ein beliebtes Instrument ist das Internet. Der illegale Trick: Mitarbeiter von Pharmafirmen loggen sich als Normalsterbliche in Diskussionsforen von Selbsthilfegruppen oder etwa werdenden Müttern ein und berichten dort von einem "hilfreichen Medikament".
Wer gegen das Werbeverbot verstößt, dem drohen Disziplinarverfahren. Außerdem könnten Konkurrenten wegen einer Verletzung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb auf Unterlassung, Beseitigung des rechtswidrigen Zustands und eventuell Schadenersatz klagen.