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Heikler Einsatz in zerstörter Region

Von Klaus Huhold

Politik

Bundesregierung will sich noch nicht konkret zum Pariser Vorstoß äußern.


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Bangui/Wien. Die Zentralafrikanische Republik war noch nie ein Staat, der funktioniert hat: Immer schon war die Bevölkerung fast wehrlos der Malaria ausgesetzt, weil es kaum medizinische Versorgung gab und gibt. Und auf politischer Ebene kam es ständig zu Unruhen und Umstürzen. Die Herrscher waren weniger am Wohl der Bevölkerung als am eigenen Reichtum interessiert - legendär ist die Diamantenkrone, die in den 1970er Jahren das Haupt des Diktators Jean-Bedel Bokassa schmückte und die mehr als zwei Millionen Dollar wert gewesen sein soll.

Nun scheint der afrikanische Staat aber vollkommen in Chaos und Anarchie abzugleiten: Anfang des Jahres hatte eine Rebellenallianz namens Seleka die Regierung gestürzt und die Macht übernommen. Doch das Bündnis ist zerbröselt, Präsident Michel Djotodia hat offenbar kaum mehr Macht über viele Kommandeure, Milizen haben sich verselbstständigt und führen ein Eigenleben. Hilfsorganisationen und politische Beobachter berichten Erschreckendes: Oft verwundet und unversorgt, fliehen Zivilisten von einem Ort zum anderen, es haben sich nun auch Milizen und Selbstverteidigungsgruppen entlang religiöser Zugehörigkeiten gebildet, die einander bekriegen.

Humanitäre Katastrophe breitet sich im Land aus

Frankreich hat kürzlich gar vor einem "Genozid" gewarnt. Die Ex-Kolonialmacht, die in der Innenpolitik der Zentralafrikanischen Republik immer wieder kräftig mitgemischt hat, drängt nun auf eine UN-Friedensmission. Der Sicherheitsrat soll darüber bald abstimmen. Mehrere Argumente wirft dabei Frankreich in die Waagschale: Es gelte, eine humanitäre Katastrophe zu beenden. Zudem drohe die Zentralafrikanische Republik zum Rückzugsraum für Terroristen zu werden. Und die Kämpfe in dem Land könnten auf Nachbarstaaten übergreifen.

Paris wünscht sich dabei - wie schon in Mali - auch ein österreichisches Engagement. Es herrsche kein Mangel an Ressourcen, die Truppen seien "sehr gut ausgebildet", sagte Botschafter Stephane Gompertz. Es sei "nur eine Frage des politischen Willens". Es müsse sich dabei aber nicht um Militärhilfe handeln, betonte der Diplomat. Technische oder finanzielle Unterstützung sei ebenso gefragt wie humanitäre Hilfe.

Und was sagt Österreichs dazu? Das Ansinnen Frankreichs "ehrt uns", heißt es auf Anfrage der "Wiener Zeitung" im Verteidigungsministerium. Aber: "Für eine konkrete Stellungnahme ist es noch zu früh." Und das Außenministerium meint, dass humanitäre Hilfe "im Anlassfall denkbar ist. Doch ist das derzeit noch nicht konkret absehbar."

Es ist ohnehin noch ein weiter Weg, bis ein Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik steht. Zunächst muss einmal der UN-Sicherheitsrat zustimmen - die Chancen dafür sollen nicht schlecht stehen. Und dabei muss auch noch geklärt werden, wie robust das Mandat der Mission ist, etwa wie weit die Truppen dann in Kämpfe in der Zentralafrikanischen Republik eingreifen dürfen.

Jedenfalls kann erst eine offizielle Anfrage an Österreich und auch andere Länder gestellt werden, wenn die UNO die Mission abgesegnet hat. Frankreich selbst will sein Kontingent in dem Land - 410 Mann sind dort schon stationiert - auf mehr als 1000 Soldaten aufstocken. Die Vorbereitungen laufen angeblich auf Hochtouren, die ersten Transporte sollen schon unterwegs sein. Und auch Länder der Afrikanischen Union haben schon Truppen in der Zentralafrikanischen Republik und könnten diese verstärken.

Es gibt weder klare Fronten noch starke Regierung

Generell würde es aber viele politische Beobachter nicht wundern, wenn es Frankreich schwer fallen sollte, vor allem in Europa Verbündete zu finden, die auch Soldaten entsenden. Denn die Mission ist äußerst heikel: Es gilt nicht - wie bei anderen UN-Missionen - einen Frieden zu bewahren, sondern dieser muss erst hergestellt werden. Dabei verlaufen in der Zentralafrikanischen Republik keine klaren Frontlinien, sondern es ist ein Durcheinander verschiedenster bewaffneter Gruppen. Und zudem fehlt laut Kennern des Landes derzeit eine Regierung, mit der man sinnvoll kooperieren könnte - einfach weil die, die sich zu Repräsentanten ernannt haben, über zu wenig Einfluss verfügen.

Und auch wenn kurzfristig Frieden hergestellt werden kann, wartet langfristig schon die nächste Mammutaufgabe: nämlich das Land langfristig zu stabilisieren. Ein zerstörter Staat müsste aufgebaut, und verfeindete Gruppen wohl an einen Tisch gebracht werden. Und noch etwas wäre dabei wohl wichtig: dass endlich der Diamantenschmuggel beendet und das Geschäft mit den Edelsteinen transparenter gemacht wird. Denn die gibt es in der Zentralafrikanischen Republik zuhauf - nur die Bevölkerung hatte bisher nichts davon. Stattdessen füllten die Diamanten die Taschen korrupter Staatschefs - und von Rebellengruppen, deren Anführern es vor allem um den eigenen Reichtum und die eigene Macht geht.