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"Heil Hitler"-Rufe im griechischen Parlament

Von WZ-Korrespondent Ferry Batzoglou

Politik

Ständige Provokationen gehören zum Repertoire der Goldenen Morgenröte.


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Athen. Erst kam der Ausschluss, dann schallten "Heil Hitler"-Rufe durch das Plenum. Der Abgeordnete Panagiotis Iliopoulos von der rechtsextremen "Goldenen Morgenröte" hat im Athener Parlament am Freitagvormittag für einen Eklat gesorgt.

Iliopoulos hatte im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage den Chef des oppositionellen Bündnisses der Radikalen Linken (Syriza), Alexis Tsipras, zunächst abschätzig als "Mr. Alexis" bezeichnet, der "den Schlaf des Gerechten schlafe, um demnächst als Premier aufzuwachen."

Der die Sitzung leitende Parlamentspräsident Jannis Dragasakis, der der Syriza-Partei angehört, unterbrach Iliopoulos daraufhin und ermahnte ihn, nur wie vorgesehen seine parlamentarische Frage zu stellen. Andernfalls werde er Iliopoulos auf Grundlage der Parlamentsverordnung rügen und von der Sitzung der Vollversammlung ausschließen, weil er "einen Parteiführer mit seinen Äußerungen beleidigt" habe.

Streit beim Abgang

Iliopoulos bestritt den Vorwurf der Beleidigung. Dragasakis rief daraufhin die Parlamentskommandantur, die für die Bewachung des Abgeordnetenhauses zuständig ist, dazu auf, den Abgeordneten aus dem Raum zu befördern. Es folgte ein verbales Gefecht zwischen Dragasakis und Iliopoulos.

Die Lage schien sich indes zu entspannen, als die sieben im Plenum anwesenden Abgeordneten der Goldenen Morgenröte sich dazu entschlossen, aus Protest von sich aus geschlossen das Plenum zu verlassen.

Doch dann kam es zu dem eigentlichen Eklat: Beim Abgang der rechtsextremen Abgeordneten schmetterten mehrere Abgeordnete "Heil Hitler"-Rufe durch das Plenum. Im Parlamentsfernsehen war der Nazi-Gruß zwar mehrmals deutlich zu hören. Die Kamera zeigte just in den Moment aber nur den schweigenden Parlamentspräsidenten Dragasakis.

So ist in Hellas umgehend ein heftiger Streit darüber entbrannt, wer nun tatsächlich "Heil Hitler" im Athener Parlament gerufen hat - ein historisch einmaliger Vorgang. Die Goldene Morgenröte bestreitet dies jedenfalls vehement. Vielmehr habe der Syriza-Abgeordnete Stavros Kotonis "Heil Hitler" ironisch in Richtung von Iliopoulos und Co. gerufen, so die Goldene Morgenröte.

Unterdessen räumte ein weiterer beim Vorfall im Parlament anwesender Syriza-Abgeordneter, der Schauspieler Georgios Pantzas, ein, dass auch er den Nazi-Gruß von sich gegeben habe. Pantzas: "Das erste Heil Hitler hat jemand von der Goldenen Morgenröte gerufen. Dann war der Teufel los, es waren Schreie zu hören und zum Schluss habe ich gesagt: ,Schießt doch noch auf uns, Heil Hitler!‘"

Feststeht: Schon seit geraumer Zeit zerbricht sich die Athener Regierung den Kopf darüber, wie der Goldenen Morgenröte, die von den übrigen Parlamentsparteien offen als Neonazis bezeichnet werden, Herr zu werden ist. Bei den jüngsten Parlamentswahlen im vorigen Juni vereinte die Partei mit dem Mäander als Parteisymbol knapp sieben Prozent der Stimmen auf sich. Sie zog damit erstmals ins Athener Parlament ein. Beobachter begründeten dies unter anderem mit der in Griechenland grassierenden Arbeitslosigkeit. Sie ist unterdessen auf 27 Prozent gestiegen. In die Höhe ist derweil auch der Zuspruch für die Goldene Morgenröte geschnellt. In einer zuletzt veröffentlichten Umfrage ist sie mit 11,5 Prozent der Stimmen drittstärkste politische Kraft in Griechenland.

Seit ihrem Parlamentseinzug gehört es zur Masche der Goldenen Morgenröte, das etablierte Parteiensystem nicht nur verbal zu provozieren. Im Juni gingen Bilder um die Welt, die den Abgeordneten Ilias Kasidiaris dabei zeigen, wie er bei einer Fernseh-Talkrunde eine kommunistische Abgeordnete mehrmals ohrfeigt.

Im vorigen Oktober hob das Parlament die Immunität von zwei Abgeordneten der Goldenen Morgenröte auf - darunter auch ausgerechnet die von Iliopoulos. Der Grund: Iliopoulos ist der Zerstörung von Eigentum angeklagt, nachdem er mit einem Parteifreund auf einem Markt nahe Athen die Stände von Einwanderern umgeworfen hatte.

Die Athener Opposition wirft der Athener Drei-Parteien-Regierung unter dem konservativen Premier Antonis Samaras Laxheit im Umgang mit dem Rechtsextremismus vor. Fakt ist: Einen Anti-Rassismus-Gesetzentwurf, der ursprünglich bereits vor Ostern in Athen verabschiedet werden sollte, hat die Regierung dem Parlament noch nicht vorgelegt. Justizminister Antonis Roupakiotis von der mitregierenden Demokratischen Linken (Dimar) macht bereits die Verantwortlichen für den Verzug aus: Mitarbeiter von Regierungschef Antonis Samaras.