Dank neuer Wirkstoffe ist Hepatitis C heute heilbar. Aber die Erkrankten bleiben oft unentdeckt - und damit ansteckend.
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Wien. Man fühlt sich müde, hat Hautausschläge, Depressionen. Leidet jahrelang und findet die Ursache nicht. Bei den genannten Symptomen könnte diese Virushepatitis C lauten, eine Entzündung der Leber, die unbehandelt tödlich endet. Behandelt ist die Krankheit heute allerdings innerhalb von acht bis zwölf Wochen zu 98 bis 100 Prozent heilbar: Mit der seit 2011 zur Verfügung stehenden oralen Therapie mit Wirkstoffen, die auf dem Blockieren der ausschließlich bei Hepatitis-C-Viren vorkommenden Enzymen basieren, könnte sie Experten zufolge sogar ausgerottet werden. Die Crux liegt allerdings darin, die Erkrankten zu finden.
Das Motto des heurigen Welt-Hepatitis-Tages am Samstag, den 28. Juli, laute daher "Find the missing millions", sagte Martin Prais, Generalsekretär der Hepatitis Hilfe Österreich, am Mittwoch bei der Präsentation der aktuellen Zahlen. "Man schätzt, dass es weltweit mehr als 300 Millionen erkrankte Menschen gibt, die nicht diagnostiziert wurden." Zu den Risikogruppen zählen Drogenabhängige, medizinisches Personal sowie Kranke, denen immer wieder Blutprodukte verabreicht werden. Offiziell gelten 71 Millionen Menschen als an Hepatitis C chronisch erkrankt, in Österreich sind es 20.000 bis 30.000.
Hartinger-Klein fürnationalen Hepatitisplan
Dank der neuen Wirkstoffe, die die lange Zeit gängigen Interferon-Therapien mit massiven Nebenwirkungen der Vergangenheit angehören lassen, hat sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nun folgendes Ziel gesetzt: Bis 2030 sollen 90 Prozent aller Fälle diagnostiziert und 80 Prozent behandelt sein, und die Mortalität soll um 65 Prozent geschrumpft sein. "Ein hehres Ziel", sagte Petra Munda, Leiterin der Hepatitis-Ambulanz am Wiener AKH. Tatsache sei aber schon jetzt, dass seit 2016 keine Hepatitis-C-Kranken mehr auf der Warteliste für eine Lebertransplantation stehen. Bis 2014 sei Hepatitis die häufigste Ursache für eine Lebertransplantation gewesen. 20 bis 25 Prozent der Patienten mit chronischer Hepatitis C entwickeln laut Munda binnen 25 Jahren eine Leberzirrhose, woraus Leberversagen resultieren kann. Kofaktoren wie Alkoholkonsum oder Übergewicht verstärkten das Risiko. Prävention sei somit ein weiterer wichtiger Faktor, um sich dem WHO-Ziel zu nähern.
WHO, EU sowie die Hepatitis Hilfe Österreich fordern jedenfalls seit Jahren die Installierung nationaler Hepatitispläne. In Österreich scheint diese kurz bevorzustehen, hat doch Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein zugesichert, sich dafür einsetzen zu wollen. Derzeit sei ein nationaler Strategieplan zu Hepatitis in Arbeit, heißt es auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" vom Gesundheitsministerium. Um diesen entwickeln zu können, sei es aber notwendig, zuerst einmal die Epidemiologie zu kennen. Zu diesem Zweck habe man die Agentur für Ernährungssicherheit im Vorjahr beauftragt, die Überwachung der Hepatitis-C-Erkrankungszahlen zu untersuchen. Auf Basis des Berichts sei schon eine erste Strategie zur Verbesserung der Datenqualität entwickelt worden, die gemeinsam mit den Hepatitis-C-Behandlungszentren umgesetzt werde, so das Ministerium.
Jeder Betroffene in Österreich kann auch mit den neuen Medikamenten auf Krankenkassenkosten behandelt werden. Aktuell sind neun Hepatitis-C-Medikamente in der EU zugelassen, die in Tablettenform verabreicht werden und auf Wirkstoffen wie zum Beispiel Sofosbuvir oder Paritaprevir basieren.
So wirksam die neuen Medikamente sind, so teuer sind sie allerdings auch. Die Heilung von Hepatitis C hat somit ihren Preis. Seit der Zulassung des ersten Medikaments namens "Sovaldi", das das Interferon-freie Zeitalter einläutete, sind die Therapien zwar deutlich billiger geworden, je nach Genotyp des Hepatitis-C-Virus kosten sie aber laut Hauptverband der Sozialversicherungsträger noch immer zwischen etwa 30.000 und 56.000 Euro. Von 2014 bis Anfang 2017 habe man mehr als 4400 Patienten damit behandelt. Die Gesamtkosten für die Therapien beliefen sich in diesem Zeitraum auf 265 Millionen Euro.
"Heilmittelausgaben sind durch neues Medikament gestiegen"
Das neue Medikament habe somit "sicher dazu beigetragen, dass die Heilmittelausgaben der Sozialversicherung 2014 und 2015 um jeweils mehr als fünf Prozent gegenüber dem Jahr davor gestiegen sind", so der Hauptverband. 2016 habe sich die Situation mit einer Steigerung um 2,5 Prozent etwas stabilisiert. Aktuell sind die Krankenkassen leicht im Plus.
Gesundheitsökonom Gottfried Haber von der Donau-Uni Krems rechnete eine Studie aus Deutschland auf Österreich um und kam zu dem Ergebnis, dass die von der WHO angestrebte Eliminierung von Hepatitis C eine bis eineinhalb Milliarden Euro kosten würde. Und würde man nichts tun? "Dann kommt man mit Krankenständen, Folgekosten und Produktivitätsverlusten auf die gleiche Summe", so Haber. Mit dem Unterschied, dass man im ersten Fall Menschen zu einem Leben in Gesundheit verholfen hat.