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Heilige Allianz gegen die "Schwulenlobby"

Von Gerhard Lechner

Politik

FP-Chef Strache soll am vergangenen Samstag an einem Treffen mit Russlands rechtem Vordenker Alexander Dugin teilgenommen haben.


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Wien. Während vergangenen Samstag Tausende rings um das Wiener Rathaus den 22. Life Ball feierten und in schriller Kostümierung im "Garten der Lüste" wandelten, fand nicht weit entfernt ein Treffen statt, dass als eine Art Gegenveranstaltung zum Lesben- und Schwulenevent durchgehen würde: Der russische Oligarch Konstantin Malofejew (Konstantin Malofeev) und seine Stiftung Sankt Basilius der Große hatten zu einer Zusammenkunft geladen, die der Erinnerung an den Wiener Kongress vor fast 200 Jahren und der damals gestifteten "Heilige Allianz" gewidmet war. Die konservativen Großmächte Russland, Preußen und Österreich hatten sich 1814 zu einem Bund gegen die aufkommenden liberalen und nationalen Ideologien im Europa des Vormärz vereinigt. Laut einem Bericht der Schweizer Zeitung "Tages-Anzeiger" fand die Veranstaltung unter strengster Geheimhaltung, hinter verschlossenen Türen und zugezogenen Gardinen statt. Malofejew gilt russischen Medien zufolge als einer der Finanziers der prorussischen Separatisten in der Ostukraine. Unter den Teilnehmern des Treffens sollen laut der Zeitung auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Wiens FP-Klubchef Johann Gudenus, aber auch andere prominente rechtsgerichtete Politiker gewesen sein - etwa Marion Maréchal-Le Pen, die 24-jährige Enkelin des Parteigründers der französischen Front National, Jean-Marie Le Pen, die für die Front National als jüngste Abgeordnete in der Nationalversammlung sitzt. Oder Wolen Siderow, der Chef der rechtsextremen bulgarischen Partei "Ataka". Presse und Öffentlichkeit wurden über das Treffen nicht informiert, die Teilnehmer laut dem "Tages-Anzeiger" zu absoluter Geheimhaltung verpflichtet. Als FPÖ-Chef Strache am Konferenztisch ein Handyfoto schoss, soll er von Tagungsleiter Malofejew sofort abgemahnt worden sein. Seitens der FPÖ war zu der Zusammenkunft auf Anfrage der "Wiener Zeitung" vorerst keine Stellungnahme zu erhalten.

Kampf gegen Liberalismus

Stargast des Treffens war der russische Philosoph und Soziologe Alexander Dugin. Der Inhaber eines prestigeträchtigen Lehrstuhls an der Moskauer Staatlichen Universität soll auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin ideologischen Einfluss haben: Das frühere Mitglied der antisemitischen Pamjat-Bewegung gründete seine "Internationale Eurasische Bewegung", als von Putins "Eurasischer Union" noch nicht die Rede war. Im aktuellen Konflikt um die Ukraine war es Dugin, der zuerst den Namen "Neurussland" für den russischsprachigen Süden und Osten des Landes in den Ring geworfen hatte, ehe die Separatisten in Luhansk und Donezk ihr Staatsgebilde so bezeichneten. Und es war Dugin, der nach der Annexion der Krim sofort einen militärischen Einsatz in der Ostukraine gefordert hatte.

Vor allem aber tritt Dugin - ganz wie Putin seit seinem Wiedereinzug in den Kreml 2012 - gegen den Gesellschaftsliberalismus des Westens an. Diesem wirft Dugin vor, dass er alle traditionellen Bindungen wie Familie, Staat, Nation sowie jede kollektive Identität auflöst. Der 52-Jährige warnt in Interviews immer wieder von der "Schwulenlobby", vom Verderben bringenden Einfluss der "Liberalen", von den neuen Gender-Konzepten, die vorgäben, den Menschen sogar von seinem Geschlecht zu befreien. Und er kritisiert die Massenzuwanderung von außereuropäischen Ländern nach Europa: "Europa verschwindet vor unseren Augen", sagte Dugin in einem TV-Interview im April - und sprach von einem krankhaften europäischen Selbsthass.

Besonders das dürfte sich mit den Vorstellungen europäischer Rechtsparteien decken, weshalb Putins Politik in Europa von der Front National über die britische UKIP bis zur FPÖ auch verteidigt wird. Der umtriebige Dugin verfügt seit langer Zeit schon über beste Kontakte in die EU, etwa zur "neuen Rechten" in Frankreich oder zur ungarischen Jobbik. Ob den europäischen Rechtsextremen Dugins Vision eines Eurasischen Reiches von Lissabon bis Wladiwostok aber wirklich behagt, bleibt dahingestellt.

Dugin der Einflüsterer