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Café Temelín heißt eine Kulturinitiative, die ab dem 7. September eine nach eigenen Angaben "antipatriotische Tour" durch verschiedene Dörfer des Wein-, Wald- und Mühlviertels mit Abstechern in die Tschechische Republik unternehmen wird.
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Das südböhmische Kernkraftwerk selbst ist für die Aktivisten und Aktivistinnen von Café Temelín nur indirekt interessant. Ihnen geht es nicht darum, das AKW aus ökologischen Gründen verhindern zu wollen, sondern gegen die politische Instrumentalisierung des Themas zu protestieren. Denn eine solche fände nach Meinung der Betreiber des Projekts seit geraumer Zeit in Österreich statt. "Die Debatte wird eindeutig nationalistisch und anti-tschechisch" geführt, so Johanna Moser, Mitglied von Café Temelín. Sie vermisse "jeden Ansatz von Gemeinsamkeit". Und: "Café Temelín richtet sich vor allem gegen 'Heimattümelei', wie sie im Österreichischen Alltag zu Tage" trete: "Ganz nach dem Motto: Schützt eure Dörfer und Kinder", erklärt Moser den Hintergrund der Aktion. Sudetendeutsche Verbände und die 'Kronen Zeitung'" würden die passenden Schlagworte liefern.
Dabei entgehen auch die verschiedenen österreichischen Umweltinitiativen, die sich gegen das Kraftwerk aussprechen, nicht der Kritik: Diese würden zu blauäugig agieren und hätten es nicht geschafft, sich von "rechten Kreisen" deutlich abzusetzen", so Moser. Café Temelín selbst fühlt sich übrigens keiner spezifischen politischen Gruppierung zugehörig. Auf der Homepage www.cafe-temelin.net/ definiert man sich wie folgt: "Café Temelín soll Raum für all jene Heimatverweigerer schaffen, die sich mit dem sexistischen, rassistischen, antisemitischen und fremdenfeindlichen Alltag nicht arrangieren wollen."
Am Sonntag, dem 7. September, startet die Gruppe von Wien aus mit einem Klein-Lkw und einigen Pkws ihre Tour durch Österreichs Grenzdörfer. Dort soll mittels Straßentheater und Diskussionsrunden eine "Dekonstruktion falscher Heimatverbundenheit" stattfinden. Die zehnköpfige Gruppe wird dabei auch einen Stopp in Temelín selbst sowie in Tabor und Brünn einlegen, um sich mit tschechischen Kulturschafenden auszutauschen. "Viele Vertriebene sind durchaus an einer Diskussion interessiert", ist Moser optimistisch, dass die Darbietungen der Gruppe in Österreich friedlich ablaufen werden.
Widerspruchslos wird das Programm sicherlich nicht hingenommen werden. Reibungsflächen sind zur Genüge vorhanden. So ist Café Temelín unter anderem eine gewisse großstädtische Arroganz nicht abzusprechen. Will man doch die "Aufreger" Atomkraft und Benes-Dekrete ganz generell "in das Kaff" bringen, wie auf der Homepage der Kulturgruppe nachzulesen ist.