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Heimische Waffenindustrie im Gerede: Wiederholt sich die Geschichte?

Von Franz Steinbauer

Analysen

Die heimische Rüstungsindustrie steht wieder einmal im Mittelpunkt des Interesses - allerdings nicht aufgrund wirtschaftlicher Erfolge, sondern wegen einer fragwürdigen Waffenlieferung in den Iran. Mehr als hundert Stück der insgesamt 800 Scharfschützengewehre sollen in den Irak gelangt sein, obwohl es eine Erklärung der iranischen Behörden gab, dass die Waffen an der Grenze zu Afghanistan zur Bekämpfung des Drogenschmuggels eingesetzt würden.


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Beobachter gehen davon aus, dass die irakischen Aufständischen die panzerbrechenden Präzisionsgewehre im Kampf gegen britische und amerikanische Soldaten einsetzen, die im Zweistromland stationiert sind. Aufgedeckt hat die Sache die britische Tageszeitung "Daily Telegraph", die eingehend über die Scharfschützengewehre österreichischer Bauart berichtete.

Das oberösterreichische Unternehmen Steyr-Mannlicher, das einen Großteil seines Geschäftes laut eigenen Angaben nicht mit Kriegsmaterial, sondern mit Waffen für die Jagd macht, hat sich zur Wehr gesetzt: Das Geschäft mit dem Iran sei genehmigt gewesen. Bei den mehr als hundert Gewehren in Irak müsse es sich um nachgebaute Exemplare handeln. Der Markt für Nachbauwaffen sei weltweit sehr groß. Sobald die amerikanischen Stellen die Seriennummern übermittelten, könnte man überprüfen, was Sache sei.

Die Affäre um die Präzisionsgewehre des Typs HS 50 ruft unangenehme Erinnerungen an vorangegangene Skandale wach, in die österreichische Waffenschmieden verstrickt waren. Es mag genügen, das Stichwort Noricum stellvertretend für viele andere Affären im Dunstkreis der Rüstungsindustrie zu nennen. Denn man hört sie wieder, die Fachbegriffe von damals: Endverbraucherzertifikate, Kriegsmaterialgesetz, Lizenzprodukt und viele andere.

Ob sich die unrühmliche Geschichte der heimischen Rüstungsindustrie zum Teil wiederholen könnte oder ob es sich um rein äußerliche Ähnlichkeiten handelt, muss abgewartet werden. Eines steht aber fest: Die Sache schlägt sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch hohe Wellen. Großbritannien und die USA sind jedenfalls nicht sehr erfreut über die Angelegenheit. Das britische Außenamt hatte schon beim Export der 800 Gewehre in den Iran gewarnt. Die US-Amerikaner verhängten ihrerseits im Dezember 2005 ein Embargo gegen Steyr-Mannlicher.

Da der Waffenexport mit dem Einverständnis der Behörden erfolgte, schiebt sich im innenpolitischen Streit die moralische Komponente in den Vordergrund. Während die Vertreter des Innen-, Außen- und Verteidigungsministeriums darauf hinweisen, dass die österreichischen Gesetze strikt eingehalten wurden, sind zum Beispiel die Grünen für eine Verschärfung des Kriegsmaterialgesetzes.

SP-Außenpolitiksprecher Caspar Einem wiederum ist zwar der Meinung, dass das Gesetz ausreichend ist, er plädiert jedoch für mehr Hausverstand bei der Anwendung des Kriegsmaterialgesetzes.