)
Seekernbohrungen bieten ein komplexes Bild der einstigen Umweltverhältnisse.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Hallstatt. Emsig klopfen unzählige Arbeiter das Salz aus dem Berg. In riesigen Hallen wird es gebrochen und auf Handelsstraßen wegtransportiert: Vor rund 3500 Jahren erfährt Hallstatt im Salzkammergut aufgrund des prähistorischen Salzbergbaus einen Wirtschaftsboom - die Zeit ist aber auch von massiven Klimaschwankungen geprägt, denen ein internationales Forscherteam nun auf den Grund gehen möchte.
Um mehr über die damaligen Umweltverhältnisse zu erfahren, finden derzeit (von 7. bis 11. Mai) Seekernbohrungen über eine schwimmende Plattform im Hallstätter See statt - etwa 400 Meter unterhalb des ältesten Salzbergwerkes der Welt, das bereits vor 7000 Jahren in Betrieb gewesen sein soll. Das Naturhistorische Museum Wien (NHM), das seit 50 Jahren in Hallstatt forscht, das Deutsche Geoforschungszentrum Potsdam sowie die Österreichische Akademie der Wissenschaften sind unter anderen an der Bohrung beteiligt.
"Erste Ergebnisse liegen Ende des Jahres vor - sind sie vielversprechend, werden wir ein drei- bis vierjähriges Projekt einreichen", erklärt Prähistorikerin Kerstin Kowarik vom NHM der "Wiener Zeitung". Das Projekt werde rund 400.000 Euro kosten, die Spesen für die Bohrung lägen bei etwa 15.000 Euro.
Kowarik hofft freilich auf grünes Licht für das Projekt. Kamen doch schon Forscher durch Bohrungen im Grönland-Eis zu dem interessanten Schluss, dass starke Schwankungen das prähistorische Globalklima prägten. "Wir wollen nun herausfinden, wie sie sich von 2000 v. Chr. bis zur Zeitwende auf den Alpenraum auswirkten", sagt Kowarik. Vermutet werde, dass lediglich das Klima vor 3500 Jahren dem heutigen glich. Davor sei es warm wie in Mittelitalien gewesen, danach kälter und feucht. Um 1500 folgte laut Kowarik eine kleine Eiszeit. "Blickt man in die Zukunft, wird es voraussichtlich in mehreren 10.000 Jahren wieder eine echte Eiszeit geben wie das letzte Mal vor 10.000 Jahren." Die Wissenschafter in Hallstatt beschränken sich allerdings auf die Vergangenheit - und gehen hier ins Detail. Sie wollen auch erforschen, welchen Einfluss die Umwelt auf den Menschen hatte und umgekehrt.
Zusammenspiel mehrerer Sparten der Wissenschaft
Der Weg dorthin ist ein Zusammenspiel unterschiedlicher Sparten der Wissenschaft: Zoologen etwa können anhand der Insektenfunde die Temperatur bestimmen. "Pflanzten die Siedler neues Getreide an, spiegelt sich das in den prähistorischen Pollen wider, die in den See fielen und von Botanikern ausgewertet werden", so Kowarik. Geologen und Mineralogen wiederum rekonstruieren durch die Höhe der abgelagerten Sedimente, wann Hochwasser oder Murenabgänge den Hallstattern Probleme bescherten. All diese Details ergeben schließlich ein Bild der prähistorischen Zeit - ein Mosaik, dessen Steinchen es zu finden gilt.