SPÖ kündigt Anfrage im Nationalrat an | FPÖ will Staatsanwalt informieren | Öllinger: Mehr als 70 Millionen für Eigenwerbung in vier Jahren | Zu einer heftigen Debatte haben großflächige Inserate geführt, mit denen die Regierung den österreichischen Olympiateilnehmern gratuliert. SPÖ, FPÖ und Grüne empörten sich über die in den Sonntagszeitungen erschienenen Anzeigen und kritisierten sie als Verschwendung von Steuergeldern und Vorwahlpropaganda.
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SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter warf Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Vizekanzler Hubert Gorbach (BZÖ) vor, die Erfolge der heimischen Wintersportler "auf schändliche und erbärmliche Art und Weise" zu missbrauchen. Die Inserate widersprächen eindeutig den Vorgaben des Rechnungshofes, wonach mit Steuerzahlergeld nur wirtschaftliche, zweckmäßige und sparsame Sachinformation der Regierung zulässig sei, kritisierte Kräuter. Er kündigte für die kommenden Plenartage am Mittwoch und Donnerstag eine "direkte und öffentliche Anfrage" vor dem Nationalrat an.
In den Annoncen ist ein Sportler in Siegerpose vor blauem Hintergrund zu sehen, darüber ist zu lesen: "Immer wieder, immer wieder, immer wieder Österreich! Ganz Österreich freut sich mit unserem besten Olympia-Team aller Zeiten. Die Bundesregierung gratuliert den erfolgreichen rot-weiß-roten goldenen, silbernen und bronzenen Olympioniken herzlichst." Gezeichnet: Bundeskanzler und Sportminister Dr. Wolfgang Schüssel und Vizekanzler Hubert Gorbach.
FPÖ: Schäbig
Die FPÖ will eine Sachverhaltsdarstellung wegen des Verdachts auf Untreue an die Staatsanwaltschaft übermitteln, kündigte Generalsekretär Harald Vilimsky an. Bundeskanzler Schüssel und sein "glückloser Vize" Hubert Gorbach (BZÖ) würden die "großartigen Olympia-Erfolge heimischer Sportler auf miserable Art und Weise vereinnahmt", erklärte Vilimsky.
Laut Vilimsky handelt es sich bei dem Inserat "mit Sicherheit nicht" um Sachinformationen, für die der Einsatz öffentlicher Mittel gesetzlich vorgesehen ist. "Gratulieren können Schüssel und Gorbach gerne auch telefonisch, brieflich oder sonst wie. In die öffentliche Kassa zu greifen, um mit Inseraten in der Vorwahlphase etwas olympisches Licht für ihre dunkle Politik abzubekommen", sei demokratiepolitisch "in höchstem Maße schäbig" und zudem "strafrechtlich relevant", so Vilimsky.
Grüne: Schäbig und protzig
Karl Öllinger, der stellvertretende Klubobmann der Grünen nannte die Regierungsinserate "peinlich, schäbig und protzig" und einen Missbrauch der Erfolge des heimischen Olympiateams. Der Rechnungshof habe solche Inserate in der Vergangenheit stets schärfstens gerügt. "Solche Inserate sind eine Missbrauch von Steuergeldern", so Öllinger.
Öllinger hat ausgerechnet, dass die schwarz-blau-orange Regierung von 2000 bis 2004 insgesamt 71,4 Millionen Euro für Eigenwerbung ausgegeben hat .
BZÖ: Legitim
BZÖ-Sprecher Uwe Scheuch nannte die Kritik Kräuters einen "peinlichen Schuss ins eigene Knie". Es hätten nämlich auch SPÖ-Politiker in mehreren halbseitigen Zeitungsinseraten den Kärntner Olympioniken gratuliert.
So habe laut Scheuch Kärntens SPÖ-Sportlandesrat Wolfgang Schantl mit Mitteln aus dem Landesbudget und Villachs SPÖ-Bürgermeister Helmut Manzenreiter aus Mitteln der Stadt Villach Gratulationsinserate geschalten. Man warte diesbezüglich auf eine Antwort des SPÖ-Rechnungshofsprechers, meinte der Bündnissprecher in einer Aussendung.
Allerdings, so Scheuch, sei es legitim, den österreichischen Sportlern und Sportlerinnen zu den erfolgreichsten Spielen aller Zeiten zu gratulieren.
Schweitzer distanziert
Sport-Staatssekretär Karl Schweitzer (BZÖ) hat sich am Montag distanziert zu den Olympia-Inseraten der Bundesregierung geäußert. Im Ö1-"Mittagsjournal" meinte Schweitzer, er hätte mit den Anzeigen "wahrscheinlich noch mehr Sachthemen transportiert". Man hätte die Glückwünsche, die er durchaus für angebracht halte, damit unterstreichen können, sagte Schweitzer.
ÖVP: Information
Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) sah am Montag die Inserate als "Informationskampagne". Es sei auch zu lesen, was alles für den Sport gemacht wurde. Die Informationen seien zwar "klein gedruckt, aber es ist drauf am unteren Rande", so Prokop.
ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka kritisierte die "Doppelbödigkeit" der SPÖ. "Von Villach bis Salzburg wurden von Seiten der SPÖ viele Inserate mit Steuergeldern geschaltet. Die SPÖ treibt hier ein doppelbödiges Spiel", so der ÖVP-Generalsekretär in einer Aussendung.