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Heiße Diskussionen ums CO 2

Von Dieter Friedl

Wirtschaft
Der heimische Zertifikate-Ablass wird wohl 400 Mio. Euro statt 320 Mio. kosten. Foto: bb

Österreich muss mehr Zertifikate zukaufen als geplant. | Betrag in Milliardenhöhe möglich. | Wien. Kann nun Österreich seine Klimaschutzziele erfüllen, was Umweltminister Josef Pröll immer wieder predigt, oder muss Österreich Strafzahlungen in Milliardenhöhe leisten, wie Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl und jüngst Wirtschaftsforscher Stefan Schleicher verkündeten?


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Keiner von beiden hat Recht. Es gibt nämlich keine Strafzahlungen. Ein Land, das seine eingegangenen CO 2 -Verpflichtungen nicht erfüllt, kann sich durch den Zukauf von CO 2 -Zertifikaten helfen. Das Geld dient Umweltschutzvorhaben in anderen Ländern. Auf Basis des Jahres 2005 stößt Österreich im Jahr um rund 25 Mio. Tonnen zu viel CO 2 aus. 9 Mio. t sollen durch den Zukauf von CO 2 -Rechten abgedeckt werden, also werden bis 2012 insgesamt 45 Mio. t gekauft. Österreich hat langfristig geplant und bereits 36 Mio. t eingekauft und dafür pro t im Durchschnitt 8,20 Euro gezahlt. Im Budget sind insgesamt 319 Mio. Euro dafür vorgesehen. Damit wird man nicht auskommen, insgesamt wird man rund 400 Mio. Euro brauchen.

International wurde vereinbart, dass ein Land nur 50 Prozent seiner Fehlmenge zukaufen kann, das wären für Österreich derzeit etwa 12 Mio. t. In Expertenkreisen geht man davon aus, dass die 50-Prozent-Schwelle "weiches Recht" ist, also nicht unbedingt eingehalten werden muss.

Generell gibt es für Klimasünder derzeit in der EU keine Strafsanktionen. Wer allerdings bis 2012 seine Ziele verfehlt, soll für die nachfolgende Periode (wie diese aussieht, muss noch ausgehandelt werden), die verfehlte Mengen mit einem zusätzlichen Aufschlag von 30 Prozent einsparen müssen.

Pröll meint, die Klimaziele können noch erfüllt werden. Seine Mitarbeiter haben sich inoffiziell aber bereits davon verabschiedet und die Unmöglichkeit eingesehen. Bei einem Vortrag im Technischen Museum ging dies auch eindeutig aus den vom Ministerium präsentierten Zahlen hervor. Es gibt zwei Bereiche, bei denen mit dem derzeit geplanten Zukauf von Zertifikaten das Umweltziel erreicht werden kann, nämlich Industrie und Energie.

"Tanktourismus"

Die beiden anderen Bereiche, nämlich Verkehr und Raumwärme, sind völlig aus dem Lot geraten, die Vorgaben sind unter keinen Umständen mehr anzupeilen (siehe nebenstehenden Artikel). Im Verkehr kommt es zu dramatischen Zuwachsraten, was zwei Gründe hat. Weil in Österreich die Treibstoffpreise im Vergleich etwa zum deutschen Nachbarn sehr günstig sind (geringere Mineralölsteuer), kommt es zum "Tanktourismus". Das sind 8 Mio. t, die im Ausland ausgestoßen, aber Österreich zugerechnet werden (fast ein Drittel des gesamten Ausstoßes des Verkehrssektors). Dazu kommt noch der rasant gestiegene Lkw-Verkehr.

Bei der Raumwärme können Erfolge nur langfristig erzielt werden. Bisher wurde in diesem Bereich nur wenig getan, die große Chance einer totalen Umstrukturierung der Wohnbauförderung im Rahmen des neuen Finanzausgleichs wurde vertan.

Fazit: Österreich wird weit mehr als die bisher geplanten CO 2 -Zertifikate zukaufen. Wenn man davon ausgeht, dass wir jetzt einmal für insgesamt 45 Mio. t Fehlmenge 400 Mio. Euro ausgeben, könnte da schon ein Betrag in Milliardenhöhe zusammenkommen.

Andererseits betragen die jährlichen Mehreinnahmen des Staates durch den Tanktourismus rund 1 Mrd. Euro, bis zum Jahr 2012 wären dies 5 Mrd. Euro. Somit ein gutes Geschäft für Österreich.