In Wien flossen seit September fast 2,5 Milliarden Euro. | Erste Group mit größter Emission. | Wien. Vor mehr als einem Jahr hatte der folgenschwere Lehman-Crash weite Teile des Kapitalmarkts buchstäblich über Nacht trocken gelegt. Via Kapitalerhöhung frisches Geld von der Börse zu bekommen, war schlicht unmöglich. Zu groß waren die Krisenängste der Investoren. Doch seit März haben sich die zuvor ins Bodenlose gefallenen Börsen kräftig erholt. Und damit hat sich rund um den Globus auch die Tür für Kapitalerhöhungen, die billigste Form der Geldbeschaffung für börsenotierte Gesellschaften, zuletzt wieder geöffnet.
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Auch an der Wiener Börse, wo Milliarden-Kapitalerhöhungen vor allem 2006 und 2007 groß in Mode waren (so etwa bei Erste Bank, Immoeast, Raiffeisen International und Meinl European Land), erlebt der Verkauf junger Aktien eine Renaissance.
Jüngstes Beispiel ist die Uniqa, die sich so mindestens 150 Mio. Euro von ihren Aktionären holen will. Die zweitgrößte hiesige Versicherung legt vom 27. November bis voraussichtlich 11. Dezember gut 11,3 Millionen junge Aktien zu einem maximalen Stückpreis von 18 Euro zur Zeichnung auf.
Wie die Uniqa am Dienstag mitteilte, ist die Platzierung des gesamten Emissionsvolumens bereits sichergestellt. Denn die Kernaktionäre (Raiffeisen, Austria Privatstiftung und Collegialität), die zusammen mehr als 90 Prozent der Anteile halten, haben fix zugesagt, voll mitzuziehen. Sie greifen auch alle liegengebliebenen Jungaktien auf, falls der Streubesitz seine Bezugsrechte nicht zur Gänze ausübt.
Das Angebot richtet sich ausschließlich an bestehende Uniqa-Aktionäre. Für elf alte Aktien kann eine neue gekauft werden. Erster Handelstag für die neuen Papiere, die für das heurige Geschäftsjahr voll dividendenberechtigt sind, ist der 16. Dezember.
Mit der Kapitalerhöhung will sich die Uniqa, deren Vorsteuergewinn in den ersten drei Quartalen von 104 auf 42 Mio. Euro eingebrochen ist, mit Blick auf die anhaltende Wirtschaftskrise einen Sicherheitspolster schaffen. Einer der Gründe dürfte aber auch sein, dass der Konzern nach Abschreibungen auf problembeladene Wertpapiere frisches Kapital braucht, um die neuen strengeren Eigenkapitalvorschriften (Solvency II) erfüllen zu können.
Füllhorn wieder geöffnet
In Österreich ist die Uniqa bereits das achte Unternehmen, das sich im heurigen Herbst entschlossen hat, die Börse anzuzapfen. Davor - und das fast ein Jahr - war der Kapitalmarkt als Tankstelle für "Fresh Money" de facto tot.
Einschließlich der Uniqa haben sich in Wien gelistete Gesellschaften seit September insgesamt rund 2,5 Mrd. Euro von der Börse geholt, um ihre Kapitalbasis zu verbreitern (siehe Grafik unten). Die mit Abstand größte Emission war die der Erste Group mit 1,74 Mrd. Euro, die Bank umging damit eine zweite - teure - Milliarden-Tranche aus dem staatlichen Hilfstopf.
Erst vor kurzem ins Wasser gefallen ist indes die ursprünglich noch für dieses Jahr geplante Kapitalerhöhung der OMV. Hätte der heimische Ölriese seine Pläne, beim türkischen Tankstellenbetreiber Petrol Ofisi auf eine Mehrheit aufzustocken, nicht abgeblasen, hätte die Wiener Börse nach der Erste Group wohl eine weitere Milliarden-Emission gesehen.
Analysten erwarten, dass auch 2010 noch etliche börsenotierte Unternehmen die Gunst der Märkte nutzen, um ihren Kapitalpolster unter anderem für den Abbau von Schulden oder für günstige Akquisitionen aufzufüllen. Als heiße Kandidaten gelten etwa der Feuerfestkonzern RHI und die Immofinanz. "Im Prinzip kommt aber jedes Unternehmen in Frage", sagen Experten.
Klien-Mandat verlängert
Noch ein Nachtrag zur Uniqa: Der Aufsichtsrat hat am Dienstag die Mandate von Generaldirektor Konstantin Klien und der übrigen Vorstände bis September 2013 verlängert. Bei der Raiffeisen Versicherung, einer Uniqa-Tochter, kommt per Jänner 2010 Klaus Pekarek als neuer Chef, Christian Sedlnitzky geht in Pension.