)
Voest-Chef Eder: Keine Abschwächung in der Stahlindustrie. | Standortwahl am Schwarzen Meer: Favoriten sind fix. | Wien. Wolfgang Eder, Vorstandsvorsitzender der börsenotierten Voestalpine Stahl, lässt sich von der schwächeren Weltkonjunktur nicht beeindrucken. "Bis mindestens Jahresende erwarte ich keinerlei Anzeichen einer Abschwächung in der Stahlindustrie", erklärt er der "Wiener Zeitung". Besonders in Mittel- und Südosteuropa rechnet er sogar mit einem Anstieg der Nachfrage. "Staatlich getriebene Infrastruktur-Projekte sind nicht konjunkturabhängig", sagt Eder. An seinen Plänen, an der Schwarzmeerküste ein neues Stahlwerk zu bauen, hält er ungebrochen fest.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Im Bereich hochwertige Flachprodukte, etwa Stahlbleche für Autos oder Haushaltsgeräte oder Weichen für Eisenbahnstrecken, ist die Voestalpine Stahl einer von acht Nischenspielern in Europa. Doch in zwei bis drei Jahren wird der heimische Stahlerzeuger an seinem Standort in Linz mit einer Jahreskapazität von sechs Millionen Tonnen Stahl an seine Grenzen gestoßen sein. Im Rahmen der größten Greenfield-Investition (Neugründung) eines österreichischen Unternehmens in Mittel- und Südosteuropa plant die Voestalpine, bis 2013 fünf Milliarden Euro in ein neues Stahlwerk am Schwarzen Meer zu investieren. Auf 1000 Hektar Grund ist eine Produktion von fünf Millionen Tonnen jährlich geplant.
Eder schätzt, dass in der Schwarzmeer-Region derzeit 23 Millionen Tonnen Stahl gebraucht werden und im Jahr 2015 mehr als 50 Millionen. "Wir sind in Mittel- und Südosteuropa schon jetzt Marktführer. Das wollen wir ausbauen." Dazu komme die Nachfrage aus den Nachbarländern Österreichs.
Der Vorstand prüft derzeit vier Standorte für das neue Werk und will sich bis Herbst entscheiden. In die engste Wahl hat es vorerst die Hafenstadt Konstanza in Rumänien geschafft, wo sich die Voestalpine eine Kaufoption auf ein Grundstück reserviert hat. Weiters zählt die bulgarische Hafenstadt Burgas zu den Favoriten, sowie ein Grundstück im Raum Odessa in der Ukraine, bestätigt Unternehmenssprecher Peter Schiefer: "Von der technischen Seite wäre an diesen drei Standorten alles machbar. Jetzt kalkulieren wir die Kosten." Dabei ist die Infrastruktur maßgeblich: Der neue Standort muss gut an Schiene und Straße angeschlossen sein oder es müssen Übereinkünfte mit den Ländern über den Bau der Transportwege getroffen werden können. Das dürfte der Grund sein, warum über den möglichen türkischen Standort nicht das letzte Wort gesprochen ist: "Wir verhandeln noch Details mit der türkischen Regierung", sagt Schiefer. Fest stehe aber: "Es wird nicht in unmittelbarer Nähe zu Istanbul sein, da es dort Erdbebengebiete gibt." Ein Standort außerhalb der Europäischen Union würde dem Stahlproduzenten Strafzahlungen und CO2-Auflagen im Rahmen der EU-Klimaziele ersparen.
Welche Eigenschaften muss der neue Standort noch haben? Das Werk muss direkt an der Küste und in der Nähe eines Hochseehafens mit Tiefseezugang liegen. "Wir müssen einerseits mit Schiffen Rohstoffe anliefern und andererseits die Produkte ins Land liefern können", sagt Schiefer. Derzeit bezieht die Voest Erze und Kohle größtenteils aus der Ukraine und aus Brasilien.
Qualifiziertes Personal
Voraussetzung Nummer Zwei ist, dass eine Stadt in der Nähe ist, die über ausreichend Personal verfügt. Die Voest will bis zu 9000 Mitarbeiter beschäftigen, wobei die Personalkosten weniger ins Gewicht fallen als die Qualifikation.
"In Linz macht das Personal nur 17 Prozent der Gesamtkosten aus. Bei uns sind die Technologien und das Rohmaterial der schwerwiegende Kostenpunkt", betont Schiefer. Es scheint eine Präferenz für einen Standort an der Donau zu geben: "An der Donau kommen wir nicht vorbei schon alleine wegen Linz."