Erster Testlauf für Regierung Rajoy und ihr rigoroses Sparprogramm.
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Madrid. Galicien zieht seine Parlamentswahlen vor. Wahltermin ist der 21. Oktober. Der Regierungschef der westspanischen Region Alberto, Núñez Feijoo,begründet die Entscheidung, das Parlament vorzeitig aufzulösen, mit dem "nationalen Notstand" in Spanien. Er will "keine weitere Instabilität" schaffen, wenn in nur einem halben Jahr in zwei Regionen gewählt wird. Deshalb hat er sich dem Termin angeschlossen, auf den der baskische Regierungschef Patxi López die Wahlen in der Autonomen Baskischen Gemeinschaft vergangene Woche vorgezogen hatte.
Anders als im Baskenland, wo die sozialistische Minderheitsregierung im Herbst keinen Haushalt mehr verabschieden kann, weil ihr Bündnis mit der konservativen Volkspartei (PP) zerbrochen ist, hätte die PP in Galicien bis ins Frühjahr mit ihrer Mehrheit regieren können. Doch Feijoo versucht, seine Wiederwahlchancen nicht noch schlechter werden zu lassen. Sein Vorgehen hat der Konservative eng mit seinem Parteifreund, Ministerpräsident Mariano Rajoy abgestimmt, der auch aus Galicien stammt und dort seinen Sommerurlaub verbrachte.
Der Schritt hatte sich vergangene Woche abgezeichnet, als Rajoy plötzlich das Sozialgeld verlängerte, nachdem die Basken die Wahlen vorgezogen hatten. Rajoy hatte die Sozialleistung, von der sozialistischen Vorgängerregierung in der Krise eingeführt, im Rahmen der Sparmaßnahmen am 18. August auslaufen lassen. Arbeitslose bekommen nun aber weiterhin für sechs Monate 400 Euro, nachdem das Arbeitslosengeld ausgelaufen ist. Erst danach fallen sie durch alle Maschen des Sozialnetzes. Zwei Millionen der fast 5,7 Millionen Arbeitslosen erhalten keinerlei Unterstützung mehr.
Da im Herbst spanische Banken mit bis zu 100 Milliarden Euro gegen alle Wahlversprechen gerettet werden, hätte es den Wahlausgang zu Ungunsten der PP beeinflusst, würde sie auch noch diese knappe und zeitlich begrenzte Hilfe streichen.
Zudem wird Rajoy mit einer Arbeitslosigkeit in den Wahlkampf gehen, die im Sommer in dem Urlaubsland leicht gefallen ist. Noch immer ist fast jeder Vierte ohne Beschäftigung, bei den jungen Menschen sogar jeder Zweite. Die Regierung weiß, dass die Zahl der Arbeitssuchenden im Herbst und Winter deutlich steigen wird, da die Wirtschaft immer stärker schrumpft. Zudem laufen viele befristete Stellen in der Tourismusindustrie aus. In Sparpaketen ist vorgesehen, massiv Stellen im öffentlichen Dienst zu streichen. 100 Milliarden Euro sollen eingespart werden, um die mit der EU vereinbarten Defizitziele zu erfüllen. Erwartet wird, dass allein im Bildungssektor 100.000 Stellen gestrichen werden.
Wackelkandidat Galicien
Da die Konservativen seit ihrem Wahlsieg im vergangenen November stark an Zustimmung verloren haben, sieht die PP nur noch im Herbst eine Chance, ihre Hochburg Galicien zu halten. Bisher hatte sie harte Sparmaßnahmen damit begründet, so die Flucht Spaniens unter den Rettungsschirm zu vermeiden. Doch daran führt nun längst kein Weg mehr vorbei, sind sich Experten einig. Nun ist auch klar, dass Spanien den Antrag auf eine Rettung über die Bankenhilfe hinaus erst nach diesen Wahlen stellen will. Ob die PP die Heimat ihres Parteichefs halten kann, wird bezweifelt, da sie entgegen allen Wahlversprechen Steuern nicht gesenkt, sondern sogar stark erhöht hat. Am Samstag wird die Mehrwertsteuer von 18 auf 21 Prozent steigen. Eltern mit schulpflichtigen Kindern trifft es besonders hart: Auf viele Schulmaterialien wird nun statt des reduzierten Satzes von vier Prozent der volle Steuersatz fällig.
Im Baskenland wird der PP ein Debakel vorhergesagt. Die Basken kommen viel besser durch die Krise, die Arbeitslosigkeit ist nur halb so hoch wie im spanischen Durchschnitt und die Verschuldung niedrig. Dass die PP die Krise nutzt, um über nationale Gesetze die Autonomie zu beschneiden und den erfolgreicheren Basken Vorschriften zu machen, hat schon zu Verfassungsklagen und viel Widerstand geführt.
Vom wachsenden Unmut profitiert die linke Unabhängigkeitsbewegung, die Teil des Bündnisses "EH Bildu" ist. Erwartet wird, dass EH Bildu im Oktober zur zweitstärksten Kraft wird. Regierungssprecherin Soraya Sáenz de Santamaría zeigte sich bereits "sehr beunruhigt" darüber, dass EH Bildu gar Wahlsiegerin werden könnte und damit erstmals die christdemokratische Baskisch Nationalistische Partei (PNV) überflügel. Mit Gipuzkoa regiert das Linksbündnis schon jetzt eine bedeutsame Region inmitten des Baskenlandes.