Der Spannungen - und Sitzungen - innerhalb der FPÖ kein Ende: Während Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider kommenden Samstag die BefürworterInnen eines Sonderparteitags um sich sammeln will, plant Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer am Sonntag ein Treffen mit den freiheitlichen Landesparteiobleuten und Regierungsmitgliedern. Denn spätestens am Montag ist eine Entscheidung fällig.
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Jörg Haider geht wieder auf Reisen. Diesmal führt ihn sein Weg allerdings nicht aus Österreich hinaus. Stattdessen tourt er durchs Land, um die FPÖ von seinem Kurs zu überzeugen. Diesen richtet er nun nach dem Motto "Friedenspfeife statt Kriegsbeil" aus.
Am Mittwoch Abend tauchte Haider bei der Sitzung der steirischen FPÖ-Landesparteileitung auf, am Donnerstag war sein Appell zu Geschlossenheit in Wels vernehmbar. Am Samstag möchte er in Knittelfeld jene Delegierte um sich sammeln, die ihre Unterschrift für die Einberufung eines Sonderparteitags abgegeben haben. Letzteres hält Kärntens Landeshauptmann ja nicht mehr für notwendig. Er übt sich in versöhnlicheren Gesten: "Wir sollten nicht das Kriegsbeil ausgraben, sondern die Friedenspfeife miteinander rauchen, um Kraft zu schöpfen für unsere Reformaufgaben."
Dazu zählt Haider die Steuerreform 2003, die es - nach seinen Angaben - als "Alternativpaket" geben könnte. Erneut schlug er gestern via Aussendung vor, die Währungsreserven der Österreichischen Nationalbank zu nutzen, "sowohl im Interesse der Hochwasseropfer als auch der kleinen und mittleren Einkommensbezieher". Österreich verfüge über einen rund 150 Milliarden Schilling schweren Währungsüberschuss, legte Haider dar. Und daher wäre eine "erste Etappe einer steuerlichen Entlastung für 2003 im Umfang von ca. 1,5 bis 2 Milliarden Euro" finanzierbar. Mit der Erarbeitung der Maßnahmen könnte sich innerhalb der nächsten Monate eine Steuerreform-Kommission von ÖVP und FPÖ befassen, suggerierte der Landeshauptmann.
Mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel habe er in diesen Fragen "in hohem Maß Übereinstimmung" erzielt, hatte Haider wenige Stunden zuvor gemeint - und Verhandlungen mit Schüssel über einen Alternativ-Plan zur Steuerreform bestätigt. Schüssel dementierte: Es gebe keine Vereinbarung mit dem Kärntner Landeshauptmann. Auf Grund der Hochwasser-Katastrophe seien die Prioritäten anders gesetzt; eine groß angelegte Steuersenkung sei "jetzt nicht möglich". Tags zuvor hatte auch ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll betont: Eine Tarifreform im Wert von zwei Milliarden Euro sei nicht machbar.
Vizekanzlerin Riess-Passer gab Mittwoch Abend an, von den Gesprächen zwischen Haider und Schüssel nichts gewusst zu haben. "Verhandlungen zwischen zwei Parteien gibt es normalerweise nur zwischen den Parteichefs", kommentierte sie. Die Parteiobfrau plant nun für kommenden Sonntag selber ein Gespräch - mit allen freiheitlichen Landesparteiobleuten und Regierungsmitgliedern. Dabei wird sie laut "Format" ein klares Ja zur Osterweiterung sowie ein Verbot öffentlicher Kritik bezüglich Parteiinterna fordern.
Wie sich die Landesorganisationen in der Diskussion um einen Sonderparteitag verhalten werden, bleibt ungewiss. Klar deklariert hat sich bis Donnerstag lediglich Vorarlberg: Dort haben die Delegierten ihre Unterschriften zurückgezogen. Die Landesgruppe Niederösterreich hingegen sieht "keinen Grund" dazu. Bis Montag müsse die Entscheidung fallen, kündigte Riess-Passer an: Sollte ein Sonderparteitag stattfinden, trete sie zurück.