Die meisten Österreicher erinnern sich noch an die Fernsehbilder, als Feuerwehrleute Kinder und alte Menschen aus überfluteten Häusern bargen, das in den Ställen eingeschlossene Vieh retteten und Einrichtungsgegenstände in Sicherheit brachten. Der Stellenwert der Feuerwehren und deren Vielfalt an Hilfeleistungen war der Öffentlichkeit selten zuvor so bewusst wie im Sommer 2002.
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"Das Jahr 2002 war für uns das Jahr der Katastrophen. Die Häufigkeit der Hochwassereinsätze, von denen praktisch alle österreichischen Bundesländer betroffen waren, hat es nie zuvor gegeben. Seit Menschengedenken können wir uns nicht erinnern, das eine Hochwasserkatastrophe in derartigem Ausmaß stattgefunden hat," erinnert sich Manfred Seidl, Präsident des österreichischen Berufsfeuerwehrverbandes an die Ereignisse des Vorjahres.
Bei der Hochwasserkatastrophe standen 140.000 Feuerwehrmänner im Einsatz und leisteten dabei über 2,5 Millionen Einsatzstunden. "Fast die Hälfte aller aktiven Feuerwehrmitglieder Österreichs leisteten im Rahmen dieser Katastrophe bis Ende August Hilfe," berichtet Seidl. Die Aufräumungsarbeiten sind vielerorts bis heute noch nicht abgeschlossen. Die von der Katastrophe am schlimmsten betroffene Region war das Kamptal in Niederösterreich. In diesem Gebiet wurden bei vielen Häusern durch die ununterbrochenen Regenfälle nicht nur die Keller, sondern die Wohnräume überflutet. Die Feuerwehrmänner retteten in erster Linie zwar das Leben der Flutopfer aber ebenso einen großen Anteil an Sachwerten. "Wertvolle Gegenstände, die von den Bewohnern nicht mehr mitgenommen werden konnten, bargen Feuerwehrleute und freiwillige Helfer. Ältere Bauwerke waren vom Hochwasser vom Einsturz bedroht und Feuerwehrmänner mussten eine große Anzahl von Gebäuden pölzen," erinnert sich Manfred Seidl auch an diese wichtige Tätigkeit der Einsatzkräfte der Feuerwehr. Auch die Wiener Berufsfeuerwehr half den Kollegen aus Niederösterreich bei der Flutkatastrophe im Sommer 2002.
Österreich ist in der glücklichen Lage, ein flächendeckendes Netz an Feuerwehren zu besitzen. "Praktisch verfügt jede größere Gemeinde über eine eigene Feuerwehr, damit ist die Gewähr gegeben, dass in der ersten Stunde, nach dem ein Schadensereignis eintritt, geholfen werden kann," teilt einer der ranghöchsten Feuerwehrmänner des Landes mit.
Die Einsatzkräfte wissen durch die Zusammenarbeit mit der Polizei oder der Gendarmerie sowie den Rettungsdiensten im Katastrophenfall genau, wo Kinder, alte Menschen sowie kranke oder behinderte Personen gerettet werden müssen. "Der Vorteil des flächendeckenden Feuerwehr-Netzes in Österreich besteht darin, dass die Hilfsfrist sehr kurz ist und genügend Personalreserven zur Verfügung stehen. 12.600 Personen konnten in den ersten Stunden der Jahrhundertflut von den Einsatzkräften der Feuerwehr gerettet werden," analysiert Präsident Seidl die Leistungen der Florianijünger.
Auf Grund der Leistungen der Feuerwehrmänner aus dem gesamten Bundesgebiet, die im August 2002 oft unter lebensbedrohlichen Umständen ihr Können unter Beweis stellten, sieht der Österreichische Bundesfeuerwehrverband Handlungsbedarf bei der Verbesserung der Grundvoraussetzungen, die zur Erhaltung des Sicherheitssystems notwendig wären.Ein wichtiger Punkt, den der OEBFV schon bei der jeweiligen Bundesregierung schriftlich beantragt hat, wäre die Erhöhung der Feuerschutzsteuer von derzeit acht auf zehn Prozent, um die Anschaffung von zeitgemäßen Einsatzfahrzeugen für den Brandeinsatz gemeinsam mit den Gemeinden künftig finanzieren zu können.
Ein weiteres Anliegen der Institution, welche die Interessen der Feuerwehren in Österreich vertritt, wäre die Gewährung zusätzlicher Mittel aus dem Katastrophenfonds. Derzeit reichen die Mittel, die den Feuerwehren zur Verfügung stehen, bei weitem nicht aus, um beispielsweise alle notwendigen Vorhaltemaßnahmen für den Gewässerschutz sowie für einen umfassenden Katastrophenschutz umsetzen zu können.Die Feuerwehren Österreichs sind zur Erfüllung dieser Aufgaben gesetzlich verpflichtet. Doch die Hochwassereinsätze des vergangenen Jahres haben auch große Ausrüstungsdefizite aufgezeigt. Die wichtigste Forderung, um besonders bei Großeinsätzen über genügend Personal zu verfügen, ist die Freistellung von Feuerwehrmitgliedern während der Arbeitszeit. Jedes Mitglied einer freiwilligen Feuerwehr sollte für die Zeit eines Einsatzes von seinem Dienstgeber freigestellt werden.
Öffentliche Stellen, wie Bundesministerien, Länder und Gemeinden gewähren bereits Freistellungen für Feuerwehreinsätze. Dies sollte bundesweit ein Signal sein, die Freistellung von Feuerwehrmitgliedern zu unterstützen, die bei einem Einsatz gebraucht werden. Ein Vorschlag des OEBFV wäre die Schaffung eines Bonusmodells, wo der jeweilige Arbeitgeber, den Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehren für einen Einsatz freigibt. Die Feuerwehren sollen auch in Zukunft den Bürgern rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Die Florianijünger sind jedenfalls für den Ernstfall gerüstet.