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Hermann Maier weiß am besten, dass Comebacks zu großen Karrieren gehören. Doch in einem Punkt ist Nachahmung nicht empfohlen.
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Man kann es Hermann Maier glauben oder auch nicht, im Nachhinein sind Prognosen bekanntlich immer einfacher, als wenn sie die Zukunft betreffen. Jedenfalls erklärte er jüngst im ÖSV-Partnermedium "Kronenzeitung", er habe sich kurz vor seinem schweren Motorradunfall gedacht, "dass zu einer großen Karriere auch ein Comeback dazugehört". Nun wird Maier wohl auch während dieser WM des öfteren nach seiner Meinung befragt werden, schließlich ist er nicht irgendwer und als Doppelweltmeister von 1999 auch in Sachen Vail/Beaver Creek kompetent. Und hier in Amerika, einem Land, das einen gewissen Hang zum Pathos gar nicht abstreiten kann und will, sind heroische Comeback-Geschichten ganz besonders beliebt. Maier könnte also bei der WM reichlich Gelegenheit bekommen, über solche Geschichten zu sinnieren, schließlich ist er auch darin Experte - und die Liste an prominenten Fahrern, die sich auf den Raubvogelpisten zur Rückkehr in höchste Ski-Sphären aufschwingen wollen, lang. Neben Lindsey Vonn versuchen das schon am Mittwoch zwei Sportler, bei denen man vor kurzem noch davon gesprochen hat, sie würden die Titelkämpfe nur als Zuschauer verfolgen: Aksel Lund Svindal und Bode Miller. Dass beide zu den erfolgreichsten Skifahrern aller Zeiten gehören, der eine noch dazu Amerikaner ist, erhöht den dramaturgischen Effekt. Svindal ist zwar Norweger, das verringert das Interesse an seiner Person in Beaver Creek allerdings nur bedingt, schließlich haben ihn die Fans auch hier spätestens seit 2007 in bester, wiewohl schlechter Erinnerung: Im Abfahrtstraining stürzte er so schwer, dass er mit Gesichts- und Unterleibsverletzungen eine gesamte Saison ausfiel und seine Karrierefortsetzung in Zweifel stand. Doch er kämpfte sich zurück und hätte wohl auch heuer als absoluter Medaillenkandidat gegolten, hätte er sich nicht kurz vor der Saison einen Achillessehnenriss zugezogen. Jetzt sagt er, im Fußball oder in der Leichtathletik könnte er derzeit keinen Wettkampf bestreiten - "aber in den harten Schuhen sollte es gehen". Motiviert zu seiner schnellen Rückkehr hätte ihn vor allem, dass "die meisten gemeint haben, es geht nicht".
Dieses Ausreizen des eigenen Körpers mag nicht gesund sein, doch es ist dieses Geht-nicht-gibt’s-nicht-Denken, das die guten zu sehr guten und die sehr guten zu herausragenden Athleten macht, die sich als Protagonisten für sportliche Heldengeschichten eignen: zu den Maiers, Svindals und Millers. Dieser sagt nun, etwas mehr als zwei Monate nach einer Wirbelsäulenoperation: "Ich gehe mit der Einstellung ins Rennen, dass ich gewinnen kann." Angesichts der Ausgangslage wäre das freilich eine mittelgroße Sensation. Der WM wären solche Geschichten aber freilich zuträglich. Und Hermann Maier hätte wieder einmal Recht behalten.
Doch in einem Punkt ist Nachahmung desselben nicht empfohlen: 1999 habe er nämlich im Riesentorlauf dann keine Kraft mehr für eine Medaille gehabt, weil er, wie er auf dem WM-Blog auf der Internetseite seines Sponsors Raiffeisen erzählt, nach der Abfahrt "gebührend gefeiert" hat. Auch das freilich: legitim, menschlich, wenig gesund, aber für viele zu einer gelungenen WM dazugehörig. Nur bitte erst nach den Bewerben. Denn die eine mögliche Verletzung zuviel passt dann oft nicht mehr zur Heldengeschichte.