Pompöser Friedhof könnte auch Putins und Stalins letzte Ruhestätte werden. | Architekt: "Tempel für die besten Söhne Russlands." | Moskau. Er trägt Hemd und Krawatte, an jeder Hand einen wuchtigen, vergoldeten Ring, und über seinem Schreibtisch hängt ein großes Foto, das ihn zusammen mit dem scheidenden Präsident Wladimir Putin zeigt. Sieht so ein Künstler aus? In Russland schon. Und Sergej Gorjajew ist nicht irgendwer, er ist der künstlerische Leiter des künftigen Heldenfriedhofs, der seit kurzem im Moskauer Vorort Mitischi entsteht.
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"Föderaler Militärischer Erinnerungsfriedhof" wird das Projekt im Präsidialerlass von 2001 nüchtern genannt. Gorjajew hingegen spricht von einem "Pantheon des nationalen Ruhmes". Einem Tempel also, in dem die "besten Söhne des Vaterlandes" zu begraben sind.
Der Friedhof solle Russlands Helden aber nicht nur eine angemessene letzte Ruhestätte sein, sondern auch eine erzieherische Aufgabe erfüllen, meint Gorjajew. Schüler, die den Komplex künftig mit ihren Klassen besuchten, sollen von einem "Gefühl des Stolzes" ergriffen werden.
Unter den als Vorbilder präsentierten Helden könnten dereinst auf dem knapp 53 Hektar großen Gelände im Norden Moskaus neben Putin möglicherweise auch Stalin und Lenin ruhen, deren willkürlicher Gewaltherrschaft Millionen russische Bürger zum Opfer gefallen sind. Zumindest räumt die entsprechende Regierungsverordnung den Staats- und Regierungsoberhäuptern der Russischen Föderation sowie der Sowjetunion gleichermaßen ein Bestattungsrecht ein.
Eröffnung im Jahr 2010
Zur Zeit sind die Führer der UdSSR am Roten Platz hinter dem Leninmausoleum entlang der Kremlmauer begraben. Seit Beginn der 1990er Jahre wird über ihre Umbettung heftig, bisher aber ohne Ergebnis diskutiert. "Mit unserem Projekt wird nun eine mögliche Alternative geschaffen", meint Gorjajew.
Wie es auch kommen mag, Stalin würde sich an seiner neuen Ruhestatt jedenfalls heimisch fühlen. Die architektonische Gestaltung des 80 Millionen Euro teuren Friedhofs steht ganz in der sowjetischen Tradition und thematisiert die heldenhafte Opferbereitschaft der russischen Bürger in monumentaler Ästhetik.
Der Höhepunkt bildet eine im Halbkreis angelegte Urnenhalle aus schwarzem und rotem Granit, in dessen Zentrum eine Mutter vor dem ewigen Feuer um ihren gefallenen Sohn trauert. Ob mit Schwert oder Schnellfeuergewehr, auf der "Brücke der Helden" werden die russischen Krieger aller Epochen in Form von kitschigen Bronzeskulpturen zum Leben erweckt.
Die Eröffnung des nationalen Ruhmesfeldes ist für 2010 - also rechtzeitig zum 65. Jahrestag des Sieges über Hitler-Deutschland - geplant. Neben Ministern und Generälen sollen auf dem Friedhof auch Veteranen des Zweiten Weltkrieges oder des Afghanistanfeldzuges ein ehrenvolles Begräbnis auf Staatskosten erhalten. Ähnlich wie auf dem US-Ehrenfriedhof in Arlington soll aber auch Platz für Bürger sein, die sich durch ihr ziviles Engagement in irgendeiner Weise verdient gemacht haben.
Während das Projekt in der russischen Öffentlichkeit bisher kaum bekannt ist, verursachten Gorjajews Entwürfe in Architektenkreisen bereits großen Wirbel. Das von Andrej Bokow geleitete, staatliche Architekturbüro "Mosprojekt-4" konstatierte in einer Presserklärung: "Das künstlerische und konzeptionelle Niveau hält keiner Kritik stand und entspricht eher dem Geschmack des nordkoreanischen Regimes."
"Geschmack der Elite"
Der Ärger ist verständlich, denn "Mosprojekt-4" hatte den vom Verteidigungsministerium ausgeschriebenen Wettbewerb für den Friedhof ursprünglich gewonnen. Doch offenbar konnte Gorjajew die Generäle im Nachhinein von seinen pompösen Ideen überzeugen.
Dass Stalins Geist in seinen Skizzen steckt, will Gorjajew auch nicht verleugnen. Dieser Stil entspreche jedoch sowohl der nationalen Tradition als auch den heutigen Vorzügen in der Elite und der breiten Masse, entgegnet der 49-Jährige mit der Statur eines ausgewachsenen Braunbären und fügt hinzu: "Ich bin ein großer Gegner der kommunistischen Idee." Sein Projekt symbolisiere ausschließlich den "Status einer Großmacht". Und es entstehe "im Stil eines starken Staates".