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Helikopter-Ben hebt noch nicht ab

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

US-Notenbankchef Bernanke bleibt vage, schließt Anleihenkäufe nicht aus.


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Jackson Hole/Wien. Was war das? Ganz waren sich da die Börsianer am Freitagnachmittag nicht sicher. Seit Tagen, wenn nicht Wochen, hatten Investoren auf die Rede von US-Notenbankchef Ben Bernanke in Jackson Hole (Wyoming) hingefiebert. Würde er, so wie vor zwei Jahren, ankündigen, dass die Federal Reserve mit enormen Ankäufen von Wertpapieren Billionen US-Dollar in den Markt pumpt, um die Wirtschaft anzukurbeln? Das ließe nämlich nebenbei die Börsenkurse abheben (und würde den Dollar schwächen). Tatsächlich gab es darauf Hinweise, weil die US-Konjunktur schwächelt.

Was Bernanke tatsächlich gesagt hat, war dann weder Fisch noch Fleisch. Die wirtschaftliche Lage der USA sei "längst nicht zufriedenstellend" - und die Notenbank werde notfalls handeln. "Unter Bedachtnahme auf die Unsicherheiten und Grenzen ihrer geldpolitischen Instrumente wird die Federal Reserve mit einer weiter expansiven Politik reagieren, um so zu einer stärkeren wirtschaftlichen Erholung und nachhaltigen Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt beizutragen", so Bernanke. Und all das unter Berücksichtigung stabiler Preise.

Fed tagt Mitte September

Das könnte so verstanden werden, dass eine dritte Runde von massiven Anleihenkäufen bevorsteht - aber nicht sofort. Die Kollateralschäden solch unkonventioneller Maßnahmen seien noch handhabbar, sagte der Fed-Chef jedenfalls. Die nächste Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve, bei der eine Entscheidung für den dritten Anlauf geldpolitischer Lockerung (oder "Quantitative Easing") fallen könnte, findet Mitte September statt.

Die Anleger waren zunächst enttäuscht, sie hatten klarere Signale erwartet. Die Börsenkurse gingen auf Tauchstation, erholten sich aber rasch vom ersten Schock und drehten ins Plus.

Bernanke eilt der Ruf voraus, in der Krise eine besonders lockere Geldpolitik zu verfolgen - daher der Spitzname "Helikopter Ben". Dabei geht die Idee, Geld notfalls aus der Luft abzuwerfen, gar nicht auf ihn zurück. Die Redewendung hat der Monetarist Milton Friedman geprägt. Bernanke hatte darauf 2002 kurz in einer Rede, mit positiver Konnotation, Bezug genommen.

Es ging damals um die Frage, ob Zentralbanken überhaupt noch agieren können, wenn die Zinsen am Nullpunkt sind. Bernanke zog unkonventionelle Maßnahmen zur Bekämpfung von schädlichen deflationären Tendenzen (also dauerhaft sinkenden Preisen) in Betracht. Wenn es darum geht, gegen den Absturz zu steuern, werde er also die Märkte mit Geld fluten, so die Erwartung.

Ganz egal, was und wie er es anstellt: Den Spitznamen Helikopter-Ben wird Bernanke nicht mehr los. Was damals pure Theorie war, ist im Jahr sechs der Finanzkrise nämlich längst zur neuen Normalität geworden.

Hohe Erwartungen an EZB

Für die Eurozone steht der nächste wichtige Termin schon kommende Woche an: Am 6. September sollte EZB-Chef Mario Draghi Details rund um die europäische Variante der Lockerung präsentieren: Die EZB will Staatsanleihen von Eurokrisenstaaten kaufen, um deren Zinslast zu reduzieren - allerdings nur, wenn die Rettungsschirme mitziehen und sich die Ländern Sparauflagen unterwerfen.