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Hell gebrannt, schnell verglüht

Von Ronald Schönhuber

Politik

Tokios Gouverneurin Yuriko Koike galt als gefährliche Herausfordererin bei den Wahlen in Japan. Nun sitzt Premier Abe aber wieder fest im Sattel.


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Tokio. Eine Zeit lang hatte es sogar danach ausgesehen, als hätte sich Shinzo Abe verkalkuliert. Denn als er am 25. September in der Hoffnung auf einen klaren Sieg Neuwahlen ausgerufen hatte, war mit Yuriko Koike noch am selben Tag eine Politikerin in den Ring gestiegen, die das Potenzial hat, dem japanischen Premier gefährlich zu werden. Als Gouverneurin von Tokio hat die ehemalige Nachrichtenmoderatorin nämlich nicht nur bewiesen, dass sie Wahlen gewinnen kann. Koike und ihre neu gegründete Kibo no To (Partei der Hoffnung) konnten auch darauf bauen, dass viele Japaner unzufrieden mit Abe sind.

Viel Popularität gekostet hat den seit fünf Jahren amtierenden Premier vor allem seine im Sommer publik gewordene Verstrickung in diverse Skandale. So soll Abe beim Bau einer Schule und einer neuen Veterinärhochschule seinen Einfluss zugunsten von Bekannten geltend gemacht haben. Viele Japaner nahmen ihm zudem die Art und Weise übel, in der er umstrittene Maßnahmen - wie etwa ein Geheimhaltungsgesetz, das die Pressefreiheit beschränkt - durchgedrückt hatte.

Auch inhaltlich wollte Koike, die zuvor Mitglied in Abes rechtskonservativer Partei LPD war, einiges anders machen. Die ehrgeizige 65-Jährige, deren Ambitionen auf das Premiersamt kein Geheimnis sind, versprach einen Aufschub der bereits fix eingeplanten Mehrwertsteuererhöhung und plädierte für einen Ausstieg aus der Atomenergie bis zum Jahr 2030. Auch mit dem Filz in der japanischen Politik sollte aufgeräumt werden.

Koikes neue "konservative Reform-Partei" kam damit nicht nur bei den Wählern gut an. Auch aus der schwer angeschlagenen Demokratischen Partei (DPJ), die bisher die stärkste Oppositionskraft im Parlament war, wechselten zahlreiche hochrangige Abgeordnete zur Kibo no To.

Doch Koike hat das anfänglich große Momentum, das sich auch in diversen Umfragen widerspiegelte, nicht nutzen können. Wenige Tage vor der Parlamentswahl am Sonntag liegt die LPD laut den Prognosen nun wieder klar voran. Sie kann am Sonntag mit rund 300 von 465 Sitzen im Unterhaus rechnen, der Kibo no To werden dagegen nur 40 bis 50 Mandate vorausgesagt. Damit scheint es sogar möglich, dass Abe gemeinsam mit seinem bisherigen Koalitionspartner Komeito wieder eine Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht.

Verantwortlich für diese Entwicklung ist zum einen das Säbelrasseln in Nordkorea. Seitdem das Regime in Pjöngjang sein Raketen- und Atomtestprogramm wieder deutlich intensiviert hat, ist auch der Kurs des außenpolitischen Falken Abe wieder deutlich gestiegen. Doch unabhängig davon hat auch Koike selbst einiges dazu beigetragen, dass ihre Partei nach dem anfänglichen Höhenflug wieder eingebrochen ist. So konnte sie sich nach langer öffentlicher Diskussion etwa nicht dazu durchringen, ihren Gouverneursposten in Tokio aufzugeben und persönlich für ein Unterhausmandat zu kandidieren. Eine Entscheidung, die vielfach dahingehend interpretiert wurde, dass die ehemalige Verteidigungsministerin wohl selbst nicht mehr so recht an einen großen Erfolg der von ihr gegründeten Bewegung glauben will und daher schon taktisch auf die nächste Wahl schielt.

Viel Kritik einstecken musste Koike zudem wegen ihres Verhaltens gegenüber den liberalen Abgeordneten der implodierenden DPJ. Als diese ähnlich wie ihre konservativen Parteikollegen Anschluss an die Kibo no To suchten, wurden sie von Koike mit dem Verweis auf unterschiedliche Weltanschauungen brüsk zurückgewiesen. Die Liberalen suchten daraufhin ihr Glück in einer eigenen Parteigründung. Die daraus entstandene liegt in manchen Umfragen mittlerweile schon vor Koikes Partei.