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Helmut Elsner zeigt erstmals Nerven

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Ex-Banker zu Sanierung befragt. | "Flöttl durfte zwar spekulieren, aber doch nicht so hoch." | Ärger über viele Fotografen. | Wien. Am Ende der dritten Verhandlungswoche im Bawag-Prozess war Helmut Elsner sichtlich genervt. Als zu Beginn der zweiten Pause am Vormittag (die erste war bereits nach 40 Minuten nötig geworden, nachdem Elsner über Unwohlsein geklagt hatte) die Blitzlichter der Kameras wieder in Aktion traten, klagte er in Richtung Richterin Claudia Bandion-Ortner: "Frau Rat, bitte, was soll die Lächerlichkeit mit den Fotografen? Viermal am Tag wird man hier abgeblitzt. Die müssen doch schon tausende Bilder haben."


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Genervter Angeklagter

Doch auch bei seiner Befragung zu den Sanierungsmaßnahmen, die im Oktober 1998 nach dem Verlust von 639 Millionen Dollar durch Investmentbanker Wolfgang Flöttl ergriffen wurden, zeigte der frühere Generaldirektor der Gewerkschaftsbank Bawag Nerven.

Zur Erinnerung: Flöttl hatte Yen-Kredite aufgenommen und in Dollar veranlagt. Er erhoffte sich eine Hebelwirkung (Leverage), wodurch die Gewinne für die Bawag, die 639 Millionen Dollar investiert hatte, wesentlich höher ausfallen sollten. Allerdings legte der Yen gegenüber dem Dollar innerhalb kürzester Zeit und völlig unerwartet um mehr als 20 Prozent zu. Dadurch verteuerte sich der Yen-Kredit dermaßen, dass mit einem Schlag das gesamte Bawag-Geld futsch war.

"Schon, aber..."

Flöttl hat im Lauf des Verfahrens immer behauptet, zu dieser Art der Veranlagung berechtigt gewesen zu sein. Am Dienstag sprang ihm dann auch der seinerzeitige Bawag-Generalsekretär, der ebenfalls auf der Anklagebank sitzende Peter Nakowitz, zur Seite: Der Investor habe nicht vertragswidrig gehandelt. Damit widersprach Nakowitz seinem einstigen Chef Elsner, als dessen Adlatus ihn die Anklage sieht.

Am Donnerstag krebste schließlich auch Elsner zurück: "Er (Flöttl, Anm.) durfte so handeln, wie er gehandelt hat, aber er durfte nicht so hoch leveragen." Die Höhe der Fremdfinanzierung sei der Streitpunkt, so Elsner. Heute sei er überzeugt, dass Flöttl die Bank "über den Tisch gezogen" habe. Damals jedoch habe man ihm weiterhin vertraut.

Sanierung in drei Akten

Dieses Vertrauen war die Basis für die weiteren Geschäfte mit Flöttl. Bereits am 26. Oktober 1998 beschloss der Bawag-Vorstand ein "Paket", um die Verluste wettzumachen. Dieses Sanierungspaket umfasste im Wesentlichen drei Aspekte: Die Übertragung von Flöttls Vermögen (vor allem Kunst und Liegenschaften), neue Investments und absolutes Stillschweigen gegenüber dem Eigentümer und der Öffentlichkeit.

Letzteres wurde unter Einbeziehung des Ex-Aufsichtsrats-Chefs Günter Weninger beschlossen, um einen Run auf die Bank infolge eines Medienwirbels zu verhindern.

Flöttls Vermögen

Das Vermögen des Investmentbankers dürfte seinerzeit zwar beträchtlich gewesen sein, dass es eine Milliarde Dollar betrug, war wohl eher Wunschdenken denn Realität. Das Vermögen wurde aus zwei Gründen herangezogen: um die Verluste zu kompensieren und um künftige Investments zu besichern. Die Erlöse, die damit erzielt wurden, waren jedoch wesentlich geringer als erwartet, zumal sowohl Gemälde als auch Liegenschaften nicht unbelastet waren.

Bei der Übertragung des Flöttlschen Vermögens scheiden sich die Geister. Flöttl gab zu Protokoll, von Elsner zur Herausgabe seiner Schätze genötigt worden zu sein. Flöttl: "Er hat mich erpresst".

"Totaler Blödsinn"

"Der Dr. Flöttl sagt sehr viel. Das ist genauso falsch wie vieles anderes", sagte Elsner am Freitag. Flöttl sei derjenige gewesen, der Bedingungen gestellt habe. Dieser sei nämlich erst dann zur Übertragung seines Vermögens bereit gewesen, wenn es ihm die Bank im Gegenzug ermöglichte, weiter im Geschäft zu bleiben. Auch dass dieser im Gegenzug für neue Kredite die Schuld für die Verluste auf sich genommen habe, sei "totaler Blödsinn".

Schließlich bekam Flöttl wieder Geld von der Bawag, setzte wieder auf den fallenden Yen und verlor wieder alles. Elsner wusste Bescheid und verteidigt die Strategie: Die Prognosen hätten gestimmt, doch das Timing sei falsch gewesen. Als der Yen schließlich endlich sank, war es zu spät.

Analyse: Ahnungslos, besessen, überfordert