Zum Hauptinhalt springen

Helmut List

Von Herbert Hutar

Reflexionen

Helmut List, der Hauptgesellschafter der AVL List in Graz, spricht über die Ursachen und Folgen der Autokrise, über die neuesten Entwicklungen der Automobiltechnologie und die wichtige Rolle, die Kunst und Kultur in seinem Leben spielen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wiener Zeitung: Die Automobilwelt wird von einer nie da gewesenen Krise gebeutelt. Über Detroit kreist der Pleitegeier, in Europa ist Kurzarbeit an der Tagesordnung. Was spürt die AVL als weltweiter Anbieter von Forschungsleistungen davon?

Die akustisch perfekte Helmut-List-Halle in Graz. Foto: AVL

Helmut List: Nun, die großen Autohersteller sparen auch bei Forschung und Entwicklung, der Auftragseingang wird bei uns heuer wohl hinter dem Vorjahr bleiben. Wir müssen uns jetzt umso intensiver bemühen und auch viele kleinere Projekte verfolgen. Und wir nutzen die Situation, in mehr selbst finanzierten Forschungsprojekten Technologien für neue Antriebssysteme zu entwickeln.

Wir sind in den letzten Jahren um bis zu 20 Prozent jährlich expandiert, heuer werden wir unseren Umsatz eher konsolidieren. Trotzdem wollen wir in diesem schwierigen Jahr die Zukunftsthemen vorantreiben, damit wir auf dem Weltmarkt unseren Vorsprung halten. Umso wichtiger ist es, nicht nur für uns bei AVL, dass die Forschungsförderung intensiv vorangetrieben wird. Die Herausforderungen der Zukunft dürfen nicht von der Krise überdeckt werden.

Wer ist schuld an der Krise?

Die Industrie sagt, die Banken. Das Auto ist oft kreditfinanziert, deswegen ist das Auto betroffen, in vielen Teilen der Welt, in den USA am stärksten, aber auch in Europa. Der zweite Punkt: Der hohe Ölpreis hat zu großer Verunsicherung geführt. Ein weiterer Aspekt sind die alternativen Antriebe. Von denen reden alle, aber die sind noch nicht verfügbar. Das Auto von übermorgen, das gibt es noch nicht. Jetzt muss sich die Realität erst wieder einspielen. Und die sieht so aus, dass die Amerikaner zwar weiter große Fahrzeuge wollen, dass aber der weltweite Druck seitens Markt und Politik in Richtung verbrauchsarmer Technologien auch dort an Bedeutung gewinnt.

Also eine Kreditkrise und keine technologische?

Es ist mehr die Wirtschaftskrise. Ölpreis und CO2-Diskussion haben sicher für Irritation, aber auch für Impuls gesorgt, aber ich sehe trotzdem keine Technologiekrise, sondern eine Veränderung zum Positiven hin. Es geht in Richtung "Elektrifizierung" und "Hybridisierung" des Autos.

Der Hybridantrieb, die Kombination von Benzin- und Elektromotor etwa im Toyota Prius, als erster Schritt?

Ja, es geht um das Zusammenspiel von Elektromotor und Verbrennungsmotor, und das bringt schon beim Hybrid für den Verbrennungsmotor ganz neue Eigenschaften. Für kürzere Strecken, für kleinere Stadtautos, wird es schon früher das Elektroauto geben, aber die Batterien lassen noch sehr zu wünschen übrig. Was die Energiedichte betrifft, so beträgt das Verhältnis noch 50 zu 1, wenn man einen Antrieb mit Verbrennungsmotor und Benzintank mit einem Elektro-Batterieantrieb vergleicht.

Oder anders herum: Ein Liter Benzin müsste von einer ca. 50 Kilo schweren Batterie ersetzt werden. Dabei sind das schon Lithium-Ionen-Batterien. Dieses Verhältnis lässt sich vielleicht um den Faktor 3 verbessern, aber das ist ein sehr ambitioniertes Ziel. Und dann noch der Preis: Eine Batterie mit einer Reichweite von 50 Kilometern kostet in naher Zukunft 15.000 Euro. In ca. zehn Jahren kann man mit einer so teuren Batterie wahrscheinlich schon 150 Kilometer weit fahren. Dennoch ist das die Hälfte des Preises für einen besseren Mittelklassewagen, das zahlt heute kein Kunde.

Fährt das Elektroauto mangels kostengünstiger, leistungsfähiger Batterien in die Sackgasse?

Nein, wir haben schon einen weiteren Schritt parat: Den "Range Extender" für das Elektrofahrzeug. Also ein Aggregat, das die Reichweite der Batterie erhöht. Das ist ein sehr kompakter Verbrennungsmotor, der mit einem Generator gekoppelt ist, und die Batterie auch während der Fahrt auflädt. Ähnlich wie eine Lichtmaschine oder ein Notstromaggregat. Auf diese Weise kann das Mitführen von zehn Litern Benzin schon 350 Kilo an Batteriegewicht sparen. Das senkt das Gewicht, aber vor allem die Kosten.

Wie sieht so ein Motor aus?

Er ist nicht größer als ein Motorradmotor, mit z.B. 300 ccm Hubraum und einer Leistung von 15 kW, das sind rund 20 PS. In einem Elektroauto können mit so einer benzingetriebenen Ladestation rund zwei Drittel des Batteriegewichts eingespart werden. Aber der Verbrennungsmotor kann auch den Elektromotor direkt unterstützen. Wenngleich er - im Gegensatz zum Hybrid - das Fahrzeug nicht direkt über Kupplung und Getriebe antreibt.

Also der Stein der Weisen?

Nein, immer noch nicht. Denn der Elektromotor des Fahrzeuges kann seine volle Leistung nur dann abgeben, wenn die Batterie zusätzlich zum Range Extender noch ausreichend Energie abgeben kann. Ist diese aber leer, so kann von dem kleinen Zusatzmotor des Range Extenders nicht so viel Strom erzeugt werden, als dass man mit voller Leistung weiterfahren könnte. Trotzdem lässt sich ein solches Auto ganz gut fahren.

Und interessiert sich die Autoindustrie dafür?

Doch, das Interesse ist groß. Schätzungen zufolge werden Elektroautos in zehn Jahren rund zehn bis 15 Prozent des Gesamtmarktes ausmachen. Besonders in der Stadt und als Zweitauto. Für die längere Urlaubsreise mit der ganzen Familie aber wird man noch lange auf den Verbrennungsmotor angewiesen sein, da sind die Eigenschaften eben doch noch besser.

Und die Abgasproblematik?

Da muss man zwischen Schadstoffausstoß und CO2-Ausstoß unterscheiden. Schadstoffe sind etwa Kohlenmonoxid oder Stickoxide oder Feinstaub. Da wird es schon bald den praktisch schadstofffreien Verbrennungsmotor geben. Wir haben schon einen Namen dafür: "Zero-Impact-Emission". Viele glauben, um schadstofffrei zu fahren, braucht man den E-Motor. Aber das stimmt nicht, auch der Verbrennungsmotor hat da eine ziemlich saubere Zukunft. CO2 ist eine andere Geschichte. Aber wenn man bedenkt, dass der Strom zum Aufladen der Batterien der Elektroautos aus fossil betriebenen Kraftwerken kommt, dann schaut die CO2-Bilanz des Elektroautos nicht immer ganz so gut aus.

Welche Antriebstechnik wird sich in der nächsten Zeit durchsetzen?

Die nächsten zehn bis 15 Jahre gehören dem Hybridauto. Das hat eine ganze Menge Vorteile: Der Tritt aufs Gaspedal aktiviert zunächst den E-Motor, der Verbrennungsmotor schaltet sich erst später dazu, wenn er einen besseren Wirkungsgrad hat. Der E-Motor entwickelt sein größtes Drehmoment aus dem Stand heraus, emissionsfrei. Der Verbrennungsmotor erst bei einer gewissen Drehzahl, beim Start hingegen verursacht er die meisten Emissionen. Dieses Zusammenspiel optimiert Fahrleistung, Wirkungsgrad und Abgasverhalten gleichermaßen. Das sind neue Erkenntnisse, nahezu eine kleine Revolution.

Was wird aus dem Verbrennungsmotor, verliert der an Bedeutung?

Nein, aber er verändert sich, er erhält völlig neue Eigenschaften. "Downsizing" und "Hybridisierung" sind die neuen Schlagworte. Aus zwei Litern Hubraum werden 1,2 oder 1,4 Liter, die Leistung kommt über einen ein- oder zweistufigen Turbo. In Kombination mit einem Elektromotor senkt das den Verbrauch um bis zu 25 Prozent. Diese Antriebe werden in den nächsten Jahren verstärkt auf den Markt kommen und entscheidend zur Absenkung des CO2-Ausstoßes beitragen. AVL ist hier in sehr vielen Projekten weltweit für die Automobilindustrie tätig.

Damit sind wir aber noch nicht am Ende: Die Abgaswärme kann besser genutzt werden, Reibungsverluste können reduziert werden, im Motorensystem sind langfristig so noch weitere 20 Prozent Verbesserung drin, aber das sind erst Forschungsvorhaben für die nächsten zehn bis 15 Jahre.

Wann hat sich der Diesel-Pionier AVL eigentlich zum kompletten Systementwickler mit E-Motor gewandelt?

Das geht schon einige Zeit zurück. Vor 12 Jahren haben wir unser erstes Hybridkonzept entwickelt, aber das ist dann wieder eingeschlafen, das Interesse war zu gering. Dann haben wir das Thema vor sieben Jahren mit dem Forschungs- und Demonstrationsprojekt Eco-Target wieder intensiv aufgenommen. Das war ein Diesel-Hybrid mit Emissionen von nur 90 Gramm CO2 je Kilometer. Seither haben wir eine ganze Reihe von Projekten in Europa, Asien und den USA realisiert.

Welche Kunden sind das?

Das sagen wir aus Prinzip nicht. Überhaupt haben wir besonders dichte "Fire-Walls" aufgebaut zwischen den Forschungsprojekten für die einzelnen Autohersteller. Es ist außerordentlich heikel, für verschiedene Kunden zu forschen, die untereinander in einem Konkurrenzverhältnis stehen. Vertrauen ist - neben Know How - unser wichtigstes Kapital. Aber das hat bei uns eine lange Tradition.

Sehen Sie den großen technischen Durchbruch, der das Auto schlagartig revolutionieren wird?

Nicht unbedingt. Die Entwicklung beschleunigt sich stark, in den letzten fünf Jahren wurden deutlich mehr Fortschritte gemacht als in den fünf Jahren davor. Aber neue Technologien sind - genau genommen - nie ganz neu. Sie erinnern sich an den Radnabenmotor von Ferdinand Porsche für Lohner aus dem Jahr 1900. Einmal hat das eine System die Nase vorn, dann wieder das andere. Es ist - sozusagen - ein ständiger Wettlauf von Basistechnologien. Jetzt zum Beispiel holt der Elektroantrieb beim Auto wieder auf, und es gibt auch den Radnabenmotor wieder, wenn auch technologisch auf dem heutigen Stand. Was jetzt so neu ist, das ist das Zusammenspiel, revolutionär ist dabei die extrem hohe Flexibilität.

Welche Basistechnologien sind das, die im Auto der Zukunft zusammenspielen?

Das sind der Verbrennungsmotor, der Elektromotor, das Getriebe, die Batterie, längerfristig auch Brennstoffzellen und ganz im Zentrum die intelligente Regelung und Steuerung. Jedes einzelne Element hat Innovationen aufzu-weisen, aber im Mittelpunkt steht die elektronische Steuerung, die Software, die die Mechanik zusammenspielen lässt. Das ist ein neues Gesamtpaket von Technologien, das den Forschern und Entwicklern neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet.

Forschung spielt bei AVL eine große Rolle. Wie sehen Sie das Verhältnis von Grundlagenforschung zu angewandter Forschung in Ihrem Unternehmen?

Mit Forschungs-Input kann man viel bewegen, aber man muss in die Grundlagenforschung gehen, reine Ingenieurarbeit reicht nicht mehr. Wir brauchen neue Materialien, da spielt zum Beispiel die Festkörperphysik hinein. Deswegen sind ambitionierte Forschungsziele nötig, aber auch das Geld dazu. Und wir bei AVL vernetzen z.B. im Rahmen des Forschungs-Kompetenzzentrums "K2 Mobility" gemeinsam mit der TU Graz, Magna, Siemens und anderen die Grundlagenforschung mit angewandter Forschung. Wir sind auch auf europäischer Ebene sehr aktiv und koordinieren z.B. das derzeit größte EU-Forschungsprogramm zum Thema Embedded Electronic Systems.

Wie ist es dazu gekommen, dass die AVL in Graz einen so großen internationalen Erfolg hatte, als Österreich nicht einmal noch den Puch 500 gebaut hat?

Wir haben das Unternehmen schon früh internationalisiert. Mein Vater, Hans List, hatte noch von früher gute Kontakte zur Autoindustrie. Er hat nach dem Krieg die AVL gegründet, anstatt seine Hochschulkarriere weiter zu verfolgen, und er war damals immerhin 52 Jahre alt. Sein Hauptinteresse galt dem Dieselmotor.

Hans List wurde ja auch "zweiter Erfinder des Dieselmotors" genannt.

Ja, schon von Anfang an hat er für Nutzfahrzeuge die Entwicklung des Motors mit Direkteinspritzung vorangetrieben. Der Direkteinspritzer hat die Leistung des Diesel um zehn Prozent erhöht und den Verbrauch um 15 Prozent verbessert. Viel später, in den 80er- und 90er-Jahren, haben wir in der AVL beim PKW-Diesel-Direkteinspritzer wichtige Pionierarbeit geleistet. Bei der Fahrleistung, bei den Verbrauchs- und bei den Abgaswerten wurden entscheidende Durchbrüche erzielt.

Wie war die Zusammenarbeit mit Ihrem Vater?

Mein Vater war immer sehr auf den Motor bezogen, aus technischer Sicht hat ihn die Thermodynamik fasziniert. Als ich 1967 in die Firma eingetreten bin, habe ich mich auf die im Aufbau befindliche Messtechnik und Elektronik sowie auf die am Anfang stehenden Medizintechnikaktivitäten konzentriert.

Aber vor allem haben wir seit den Siebzigerjahren Motorenprüfstände entwickelt und gebaut. Sie sind heute bei vielen Autoherstellern zu finden und auch in der Formel 1. Simulationstechnik und Messtechnik sind da im Mittelpunkt. Besonderes Augenmerk haben wir auf die Entwicklung der Software gerichtet. Heute ist eines unserer Hauptprodukte Software für die Motorenentwicklung. Wir übernehmen also nicht nur Entwicklungsaufträge, sondern liefern auch vielfältige Softwaresysteme, damit unsere Kunden in der Automobilindustrie selber Antriebssyteme besser entwickeln können.

1979 haben Sie dann die Gesamtleitung der AVL übernommen. Was hat dann Ihr Vater gemacht, hat er sich in den Aufsichtsrat zurückgezogen?

Er hat sich nach wie vor bis ins hohe Alter mit der Motorentechnik befasst, hat im Dialog mit anderen Forschern Ideen verfolgt und weitergetrieben. Ich selbst habe im Rahmen der Gesamtleitung insbesondere die weitere Globalisierung unseres Unternehmens vorangetrieben. Wir haben zahlreiche Tochtergesellschaften in der ganzen Welt gegründet, immer in der Nähe unserer Kunden, also der großen Autohersteller. In den USA, Japan, China, Indien, Deutschland, England oder Frankreich. Nur so können wir wichtige Aufträge nach Graz bringen.

In vielen Projekten wird an zwei bis drei Standorten gleichzeitig gearbeitet. Es herrscht ein gewisses Gleichgewicht zwischen der Arbeit vor Ort beim Kunden und der Technologie und Projektarbeit in Graz. Die AVL beschäftigt sich bereits rund zur Hälfte mit Software, Elektronik und Messsystemen für den Einsatz in den Entwicklungsabteilungen der internationalen Fahrzeugindustrie. Wir sind hier heute der weltgrößter Anbieter.

Sie haben auch Ihr Privatleben globalisiert...

Ja, wenn Sie so wollen: meine Frau ist Amerikanerin, ihr Vater war Vice-President beim Landmaschinen-Hersteller John Deere, und ich habe sie auf einer meiner zahlreichen Reisen kennen gelernt. Auch mein Sohn will jetzt, nach der Schule, in den USA Physik studieren.

Wie sehen Sie den neuen US-Präsidenten Barack Obama?

Er versteht es, zu motivieren, Vertrauen und Glauben in die Zukunft bei den Menschen zu wecken. Das ist wahnsinnig wichtig in der jetzigen Vertrauenskrise und kann sicher sehr viel dazu beitragen, die Krise zu überwinden.

Wie sehen Sie Ihren persönlichen Lebensstil?

Ich bin viel in der Welt unterwegs, ich freue mich immer wieder auf die Zusammenarbeit mit Menschen aus anderen Kulturen. Kunst und Kultur sind für meine Frau und mich sehr wichtig. So haben wir die List-Halle in Graz gebaut, auf Anregung von Nikolaus Harnoncourt. Er hat gemeint, eine Halle mit optimaler Holzakustik müsste es werden, und das haben wir dann nach den Wünschen der Künstler realisiert. Im Vordergrund stand dabei die Akustik, die Architektur hat diese Zielsetzung voll angenommen und optimal umgesetzt. Auch AVL konnte eigene Erkenntnisse auf dem Gebiet der Akustik einbringen. Schließlich gehört auch Soundengineering in Fahrzeugen zu unserem Arbeitsfeld.

Ein teures Hobby?

Nein, die Halle ist mit Bau- und Grundstückskosten von ca. 9,3 Millionen Euro sogar relativ günstig ausgefallen. Das Grundstück mit einer alten Werkshalle von Waagner-Biró hatten wir schon, und diese Werkshalle haben wir umgebaut. Alles in allem in einer Rekordzeit von nur 13 Monaten. All dies ging nur, weil Graz 2003 Kulturhauptstadt Europas geworden war. Dies hat öffentliche Förderungen von rund 2,1 Millionen Euro für dieses Projekt ermöglicht. Die Uraufführung von Beat Furrers "Begehren" mit dem Bühnenbild von Zaha Hadid war ein besonders erfolgreicher Start. Valery Gergiev dirigiert hier ebenso gern wie Nikolaus Harnoncourt.

Bevorzugen Sie eher Klassik oder zeitgenössische Musik? Klassische Musik genießen wir sehr, aber die zeitgenössische Musik ist unser kultureller Dialogpartner. Wir sehen uns als innovatives Unternehmen, und so sehen wir auch unser kulturelles Engagement. Wir, meine Familie und ich, genießen die Bekanntschaft mit den Künstlern. Sie haben eine ganz andere Sichtweise auf die Welt und das Leben, und das ist für uns eine ganz große Bereicherung. Wenn Sie wollen, das ist mein Hobby.

Die Familie List gehört zur Spitze der Gesellschaft, nicht nur in Graz, sie gilt als ebenso zurückhaltend wie diskret. Ist die List-Halle jetzt eine Wende zu mehr Öffentlichkeit?

Nein, ich sehe da keine Änderung, meine Kommunikation in der Öffentlichkeit hat sich immer primär auf Fragen der Forschung und der Technologie gerichtet.

Wie leben Sie privat? Sie sind ja immerhin Inhaber eines weltweit tätigen Technologiekonzerns.

Wir haben eine Wohnung in der Innenstadt, gleich gegenüber der Oper, das ist sehr praktisch. Von meinen vier Kindern leben noch zwei Töchter bei uns in Graz. Golf spiele ich nicht, Yacht habe ich auch keine. Erträge werden primär in den weiteren Ausbau der Firma investiert.

Zur Person

Helmut List, 1941 in Graz geboren, studierte Maschinenbau an der TU Graz, und schloss seine Studien 1967 als Dipl. Ing. ab. Kurz davor war er schon in die AVL, das Unternehmen seines Vaters, eingetreten. Seit 1970 ist er Mitglied der Geschäftsführung, seit 1979 Vorsitzender der Geschäftsführung und Hauptgesellschafter der AVL List GmbH. 1992 wurde ihm auf Vorschlag der TU Wien der Titel "Professor" verliehen. Er ist Träger zahlreicher Funktionen und Ehrungen österreichischer und internationaler Forschungseinrichtungen und Universitäten, erhielt hohe Auszeichnungen und ist Honorarkonsul der Republik Korea. Helmut List ist verheiratet und hat vier Kinder.

Das Unternehmen wurde 1948 von Prof. Dr. Hans List gegründet und heißt seit 1951 AVL (Anstalt für Verbrennungskraftmaschinen List). 4100 Mitarbeiter arbeiten im Betrieb, davon 1850 in Graz, die übrigen weltweit. Umsatz der Firma: 625 Millionen Euro. Exportanteil: 95 Prozent. Forschungsanteil: ca. zehn Prozent vom Umsatz. Die AVL ist das größte private und unabhängige Unternehmen für die Entwicklung von Antriebssystemen mit Verbrennungsmotoren sowie Hybrid- und Elektroantrieben für die Fahrzeugindustrie und den zugehörigen Simulations-, Mess- und Testsystemen.

Einige Höhepunkte der Firmengeschichte:

1969: Erster vollautomatischer digitaler Prüfstand. 1970: Kapseltechnologie zur Schalldämmung von Motoren. 1976: erster Prototyp mit Direkteinspritzung für PKW-Dieselmotoren. 1985: Erster hochdynamischer Prüfstand für naturgetreue Abbildung von Vorgängen im Fahrzeug mit Fahrersimulation. 1993: Weltweit einziger Anbieter dynamischer Prüfstände für Formel-1-Motoren. 2004: Abgasreduktion bei Dieselmotoren, Schadstoffausstoß sinkt um bis zu 99 Prozent. 2008: Verbrennungsmotor "Range Extender" spart zwei Drittel Batteriegewicht bei Elektrofahrzeugen.

Herbert Hutar, Dr. phil., früher Leiter der Wirtschaftssendung "Saldo" (Radio Ö1), arbeitet als Wirtschaftsjournalist in Wien.