Die neuesten Medikamente ermöglichen die Heilung der Viruserkrankung - nahezu nebenwirkungsfrei.
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Wien. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich zum Ziel gesetzt, die Hepatitis C bis zum Jahr 2030 aus dem Weg zu räumen. Mit den neuesten Medikamenten könnte dieses Unterfangen auch gelingen, denn die Viruserkrankung, die in ihrer chronischen Form mit Leberzirrhose, -versagen und -karzinomen einhergehen kann, ist mittlerweile zu einer heilbaren Erkrankung geworden.
Der Hepatologe Peter Ferenci von der Wiener Uniklinik sprach in einem Hintergrundgespräch sogar von einer fast hundertprozentigen Heilungsrate, bei Patienten, die noch keine Zirrhose entwickelt haben. Die Therapiedauer erstreckt sich mit den neuen Arzneien, die als Tabletten eingenommen werden und laut Expertenaussagen nahezu nebenwirkungsfrei sind, auf nur acht bis 24 Wochen.
180 Millionen Erkrankte
Die dabei eingesetzten Hemmstoffe - Protease-, Polymerase- und sogenannten NS5A-Replikationskomplex-Inhibitoren - setzen an drei Enzymen des Hepatitis-C-Virus an, um dieses auszuschalten. Noch vor einigen Jahren hatte Interferon alpha, ein immunstimulierendes Protein, die Therapie geprägt. Die Behandlungsdauer erstreckte sich auf bis zu 72 Wochen mit Heilungsraten von höchstens 70 Prozent. Wegen der starken Nebenwirkungen mussten die Patienten oft ein ganzes Jahr lang im Krankenstand verbringen.
Bei einer Hepatitis-C-Infektion mit dem Virusgenotyp 1, der zwei Drittel der Erkrankungen in Österreich ausmacht, beträgt die Erfolgsrate heute zwischen 95 und 100 Prozent. Ähnlich hohe Erfolge sind bei Erkrankungen durch die Genotypen 2 und 4 zu verzeichnen. Schwieriger ist die Behandlung noch bei einer chronischen Infektion mit dem Genotyp 3. Da liegt die Heilungsrate aktuell bei 80 bis 90 Prozent, betonte Ferenci.
Weltweit sind mehr als 180 Millionen Menschen an Hepatitis C erkrankt. In Österreich schätzt man die Zahl der Infizierten auf rund 120.000 Personen. Hepatitis C kann jeden treffen, wird aber fast ausschließlich über Blut-zu-Blut übertragen. Zu den Risikogruppen gehören vor allem Personen, die vor 1990 eine Bluttransfusion erhalten haben. Ein hohes Risiko liegt aber auch in der Drogenszene beim gemeinsamen benutzen von Spritzen und Zubehör vor.
Prinzipiell sind den Experten zufolge rund 60 Prozent der Übertragungswege nachvollziehbar, 40 Prozent sind noch immer fraglich, dürften aber im medizinischen Bereich liegen. Nicht zu unterschätzen seien auch die Risiken beim Piercen, Tätowieren und bei der Fußpflege, so Angelika Widhalm von der Hepatitis Hilfe Österreich.
Die Hepatitis-C-Viren greifen die Zellen der Leber direkt an und schädigen sie. Dadurch kommt es zu einer Entzündung, wobei ein Teil der Zellen auch abstirbt und wieder erneuert wird. In Folge kann es durch eine langsame Narbenbildung zu Einschränkungen der Stoffwechselfunktion der Leber kommen. Welchen Verlauf die Erkrankung nimmt, ist in Frühstadien nicht vorherzusagen.
Risikogruppe Drogenszene
Eine möglichst frühzeitige Diagnose einer chronischen Infektion und leistbare Medikamente wären der Schlüssel für die Beseitigung der Krankheit weltweit, betonten die Experten. "Will man Hepatitis C loswerden, muss man das Patientenkollektiv der Suchtkranken anvisieren", so Michael Gschwantler vom Wilhelminenspital Wien, die eine besonders große Risikogruppe darstellen. Etwa 30 Prozent der Drogenkranken dürften infiziert sein. In Zusammenarbeit mit der Suchthilfe Wien hat er ein eigenes Behandlungsprogramm für Opiatabhängige organisiert.
Bei einer Gruppe von 72 Patienten, welche zugleich mit ihrer Opiat-Substitutionstherapie täglich unter Kontrolle auch die Arznei gegen die Viruserkrankung erhielten, konnte eine Ausheilungsrate von 98,6 Prozent erreicht werden.
Die anfänglichen Therapiekosten in Höhe von bis zu 80.000 Euro mit dem ersten neuen Medikament haben sich in Österreich mittlerweile auf 20.000 bis 30.000 Euro reduziert. In Ägypten wiederum war es durch die Produktion von Generika möglich, die Kosten auf unter 200 Dollar zu drücken, erklärte jüngst Gottfried Hirnschall, Chef des WHO-Aids- und Hepatitis-Programms, gegenüber der APA. In der Preisgestaltung scheint es Spielräume zu geben.
In Österreich werden Patienten vom Genotyp 1 und 4 mit den neuen Arzneien auf Kassenkosten behandelt. Beim Genotyp 2 oder 3 erfolgt die Erstattung ab einem bestimmten Vernarbungsgrad der Leber. Dieser Einschränkung steht Ferenci ratlos gegenüber: "In der Zeit, als wir Heilungsraten von 50 Prozent hatten, gab es keine Restriktionen. Als wir 70 Prozent heilen konnten, gab es keine Restriktionen. Jetzt, wo wir alle heilen können, gibt es Restriktionen."