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Herausforderung: Kontakte nachverfolgen

Von Martina Madner

Politik

Mit mehr positiv Getesteten, Mutationen und mehr Kontakten steigt der Aufwand beim Contact Tracing. Das Hauptziel bleibt die Eindämmung der Virusverbreitung - und nicht, regelwidriges Verhalten zu bestrafen.


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Die dritte Welle hat es in sich. Am Freitag lag die Zahl der Neuinfektionen bereits bei 3.895, 1.022 davon in Wien, weitere 834 in Niederösterreich. Mattersburg zählt nun mit 404 ebenfalls wie Wiener Neustadt und Neunkirchen zu den Hochinzidenzgebieten. Die aktuelle Prognose geht von 4.100 neuen Infektionen pro Tag in der kommenden Woche aus.

Die ansteckendere britische Virus-Mutation hat im Burgenland mit 95 Prozent der Fälle, in Wien mit 80 Prozent und in Niederösterreich mit 75 Prozent Oberhand genommen. Zum Teil schwerer verlaufende Covid-19-Erkrankungen belasten die Intensivstationen bereits enorm. Der kurze Lockdown vom 1. bis 6. April mit anschließendem Heimunterricht sowie neue Testpflichten sollen die Bevölkerung Ostösterreichs dazu animieren, Kontakte zu reduzieren.

Zugleich kommt der Kontaktnachverfolgung wieder eine noch wichtigere Rolle zu, mehr denn je ist das Mitwirken der Bevölkerung gefragt. Es geht um das Unterbrechen von Ansteckungsketten. "Es geht um das Verständnis dafür, dass die Behörde nicht mit erhobenem Zeigefinger auftritt. Wir wollen helfen, Partner sein, um gemeinsam gut in Richtung Ende der Pandemie zu kommen", sagt zum Beispiel Verena Sonnleitner, Bezirkshauptfrau in Baden.

Rucksack von circa sechs Kontaktpersonen

Während in der ersten und zweiten Welle noch von personellen Engpässen, sogar Zusammenbrechen der Kontaktnachverfolgung die Rede war, wurde dem Sozialministerium nach einem der "Wiener Zeitung" vorliegenden Papier Ende Februar von einer erfolgreichen Digitalisierung und ausreichend Personal, das bei Bedarf mit Hilfe des Bundesheers aufgestockt werden kann, berichtet.

In Wien waren im Mai 2020 erst 170 Personen in Vollzeit, im Oktober dann schon 460, im März nun 740 mit dem Nachverfolgen von Kontaktpersonen von Sars-CoV-2-Infizierten beschäftigt. Bei Bedarf kann aufgestockt werden, heißt es von Seiten der Stadt. "Wobei hier weniger die Zahl der Infektionen die wesentliche Rolle spielt, also der Rucksack an Kontakten, den jeder Fall mit sich bringt", sagt ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker.

Dieser "Rucksack" liege im Moment in Wien im Durchschnitt bei fünf Kontaktpersonen der Kategorie 1 und einer der Kategorie 2 - also sechs, und das seit Monaten. "Während der zweiten Welle waren es mit zwölf bis 20 Personen mehr." In den vergangenen 14 Tagen wurden in Wien insgesamt rund 11.300 Neuinfektionen, 56.600 Kontaktpersonen der Stufe 1 und 9.040 Kontaktpersonen der Stufe 2 identifiziert.

Laut Erhebungen des Koordinationsstabs vor Ort hat im Burgenland eine Person im Durchschnitt 3,6 Kontaktpersonen der Kategorie 1. Den aktuell 30 Kontaktnachverfolgenden bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen werden durchschnittlich fünf Personen genannt. Wobei: "Bei Schulklassen ist ja nun die ganze Klasse K1, beim ersten positiven Fall erhalten wir also eine ganze Liste, beim fünften natürlich nur noch einzelne Ergänzungen."

Nicht zum Strafen, sondern zum Schutz der Gesundheit

In Schulklassen gelten in der Regel nun alle als K1-Personen, die Möglichkeit hatten die Bundesländer auch schon davor. K1 ist man bei einem länger als 15-minütigen Kontakt mit einem Infizierten bei weniger als zwei Metern Abstand in einem Innenraum. Hier empfiehlt das Ministerium nun vierzehn statt zehn Tagen Quarantäne, mit der Möglichkeit, sich nach zehn Tagen ohne Symptome freizutesten. Eine weitere Empfehlung ist, Kontakte aus den vergangenen 96 statt vormals 48 Stunden zu erfragen.

Bei 56 Prozent der Fälle konnte in der vergangenen Woche österreichweit die Ansteckungsquelle herausgefunden werden. In Wien gelang das bei 68 Prozent, im Burgenland bei 61 und in Niederösterreich bei 55 Prozent.

Über Schultestungen werden zwar zusätzliche Fälle entdeckt. Rund vier von fünf stecken sich aktuell - wenig überraschend - im eigenen Haushalt an. In solche hineingetragen dürfte es durch den "schnellen Kaffee bei der Nachbarin" werden, heißt es aus Wien. Eine Rolle dürften auch Pausenräume in Betrieben spielen - eben Innenräume und wenn sich Personen ohne FFP2-Maske darin miteinander unterhalten.

Contact Tracing und Clusteranalysen können dazu beitragen, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Wenn nicht, so wie das laut Bericht für das laut Sozialministeriumsbericht in Einzelfällen vorkam, falsche und unvollständige Angaben gemacht werden oder Arbeitgeber Druck ausüben, keine Kontaktpersonen zu nennen.

Angst vor Strafen wegen nichtregelkonformen Verhalten vor der Ansteckung, braucht man in Wien aber nicht haben. Denn: "Wir strafen nicht im Rahmen des Contact Tracings." Es sei nicht dazu da, regelwidriges Verhalten aufzudecken, sondern weitere Personen vor Infektionen zu schützen. In Baden kann es allerdings vorkommen, dass die Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren einleitet, wenn etwa die Ansteckung bei einem Treffen nachts während der Ausgangssperre stattfand.

In Neunkirchen sieht man es pragmatisch: "Strafanträge stellen wir, wenn wir über den Umweg weiterer Meldungen von Falschangaben einer Person erfahren." Prioritäres Ziel sei aber der Schutz der Bevölkerung. Überwiegend sei aber ohnehin kooperatives Verhalten. Schließlich geht es um die Gesundheit von Freunden, Kollegen und Familie.