)
EU-Ratspräsident Tusk stellt USA in eine Reihe mit China und Russland - als Problem für Europa.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Brüssel. Einheit beschwören: Wenn die Staats- und Regierungschefs der EU am Freitag zu ihrem Gipfeltreffen in Malta zusammenkommen, ist es das, was sie tun wollen. Ratspräsident Donald Tusk, der die Sitzung leitet, formuliert es so: "Geeint stehen wir aufrecht, gespalten fallen wir." In einem Brief, den er an die Spitzenpolitiker geschickt hat, spricht er von Herausforderungen für die Gemeinschaft, die noch nie so gefährlich gewesen seien seit der Unterzeichnung der Römischen Verträge. Diese haben vor 60 Jahren die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft begründet, woran im März mit einem Festakt in der italienischen Hauptstadt erinnert werden soll. Das Treffen auf Malta, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, soll auch der Vorbereitung der Veranstaltung in Rom dienen.
Doch mit den Problemen, die Tusk skizziert, müssen sich die EU-Staaten schon jetzt befassen. Zum einen sind es Bedrohungen von außen, die der Pole aufzählt: ein "bestimmend" auftretendes China, Russland mit seiner "aggressiven Politik" gegenüber der Ukraine und anderen Nachbarn, Krieg und Terror im Mittleren Osten sowie in Afrika oder der radikale Islam. Aber auch die Ankündigungen der neuen US-Administration geben Grund zur Sorge. Ohne Präsident Donald Trump beim Namen zu nennen, sieht Tusk nach dem "Wechsel in Washington" die Europäer in einer schwierigen Situation, in der auf der anderen Seite des Atlantik vieles in Frage gestellt wird, was die Zusammenarbeit der letzten 70 Jahre ausgemacht hat.
Zum anderen müsse die Union aber auch Herausforderungen von innen bewältigen, wie wachsende EU-Skepsis, Abschottungstendenzen und Ausländerfeindlichkeit. "Nationaler Egoismus wird zu einer attraktiven Alternative zu Integration", warnt Tusk. Doch selbst die Pro-Europäer seien nicht davor gefeit, dass ihr Glauben an die liberale Demokratie und deren Werte schwindet.
Gipfelthema Migration
In diesem Spannungsfeld bewegt sich denn auch die Migrationsdebatte, die ebenfalls auf der Agenda des Gipfels steht. So geht es nicht zuletzt darum, Flüchtlingsrouten aus Libyen einzudämmen. Tusk betont die Notwendigkeit, das Land zu stabilisieren und dort Aufnahmezentren zu schaffen. Dafür, dass die Menschen außerhalb der Europäischen Union versorgt werden, treten unter anderem Deutschland und Österreich ein. Die EU-Kommission wiederum setzt auf Kooperation mit den libyschen Behörden: So sollen Küstenwache und Marine mit Geld sowie Training unterstützt werden. Außerdem ist ein verstärkter Schutz der Außengrenzen der Union allen ein Anliegen: Zumindest in dem Punkt sind sich die EU-Partner einig.
Erleichtert soll aber auch die Rückführung von Schutzsuchenden werden, die in der EU keinen Anspruch auf Asyl haben. Umgekehrt sollen Umsiedlungsprogramme umgesetzt werden. Dabei will die EU noch enger mit der Internationalen Migrationsorganisation (IOM) sowie dem UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR zusammenarbeiten.
In diese Diskussionen, die in einer gemeinsamen Schlusserklärung münden sollen, ist Großbritannien noch eingebunden. Doch danach werden nur 27 Spitzenpolitiker über den anstehenden Brexit beraten. Offiziell heißt es jedoch weiterhin, dass die Verhandlungen darüber erst beginnen, nachdem London seinen Austrittsantrag gestellt hat. Dennoch ist es bereits das zweite Sondertreffen zu dem Thema ohne einen Vertreter Großbritanniens. Schon im September des Vorjahres hatten die Staats- und Regierungschefs in Bratislava die Gelegenheit, darüber zu debattieren.